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Was haben Sie mit dem Stadtpark vor?

Bei der Aufstellung des Denkmals soll es nicht bleiben. Laternen oder Spielplätze wird es aber nicht geben.

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© Sebastian Schultz

Riesa. Der neue „Point de vue“ im Stadtpark erregt die Gemüter. Was die Stadt dort für Pläne hat, wollte die SZ von Baubürgermeister Tilo Lindner (CDU) wissen.

Tilo Lindner ist Riesas Baubürgermeister – und damit auch für geplante Baumaßnahmen im Stadtpark verantwortlich.
Tilo Lindner ist Riesas Baubürgermeister – und damit auch für geplante Baumaßnahmen im Stadtpark verantwortlich. © Lutz Weidler

Herr Lindner: Die Aufstellung des Point de vue hat den Stadtpark wieder ins öffentliche Interesse gerückt. Was hat die Stadt dort eigentlich vor?

Wichtig ist, was es dort überhaupt für Möglichkeiten gibt. Da bestehen gleich mehrere Einschränkungen. So steht der größte Teil des Parks unter Denkmalschutz. Deshalb haben wir seit 2004 eine von der Denkmalschutzbehörde genehmigte Rahmenzielstellung, die die Linie vorgibt. Einige Punkte daraus sind schon abgearbeitet – dazu gehörte auch die denkmalgerechte Wiederherstellung der Hauptsichtachse unterhalb der Freitreppe.

Was heißt „denkmalgerecht“?

Die Zielstellung orientiert sich am Entwicklungsstand des Parks von vor 1933. Danach wurde die Anlage eher als Kultur- oder Eventbereich genutzt: Zunächst kam das Stadtbad, später die Freilichtbühne, die Konzertmuschel, Spielplatz und Toiletten. Das passt alles nicht mehr zum Konzept des Denkmalschutzes.

Sie sprachen von mehreren Einschränkungen ...

Ja. Dazu kommt, dass Riesas Stadtpark kein Botanischer Garten ist. Dort wachsen standorttypische Gewächse, deshalb ist auch der Naturschutz zu beachten. Die Anlage liegt im Landschaftsschutzgebiet und im FFH-Gebiet. Das muss man berücksichtigen – bei den Gehölzen, den Frühblühern auf den Wiesen, dem vom Aussterben bedrohten Heldbock-Käfer. Schon deshalb wäre es unzulässig, eine Schneise in den Park zu schlagen, um einen Blick von der Freitreppe bis zur Elbe zu ermöglichen.

Das hatte eine Diplomarbeit einer Landschaftsarchitektin 2001 vorgeschlagen.

Das wäre aber nicht historisch belegt. Und die gewünschte Sichtachse hätte man von der Freitreppe aus ohnehin nur im Winter, weil die Bäume rechts und links gewachsen sind und das Laub der Kronen den Blick gar nicht durchließe.

Außer Denkmal- und Naturschutz fällt beim Stadtpark unweigerlich das Thema Hochwasser, oder?

Das ist der dritte Punkt. Allein schon deshalb können wir klar ausschließen, dass dort weitere feste Baulichkeiten errichtet werden können.

Aber was ist dann das Konzept?

Wir wollen den Stadtpark für die innerstädtische Naherholung nutzbar machen, für Veranstaltungen auch die Festwiese.

Dann wird es also auch nie wieder Toiletten im Stadtpark geben?

Wir haben überlegt, Abwasserleitungen zu installieren, um dort temporär Toilettenwagen anschließen zu können. Aber das hat sich überlebt: Heute sind mobile Toilettenanlagen üblich, die keinen Anschluss brauchen. So spart man sich auch das aufwendige Spülen der Abwasserleitungen.

Finster ist es im Stadtpark trotzdem ...

Unabhängig von der Hochwassergefahr haben wir ein Vandalismus-Problem im Stadtpark. Die letzten Lampen hatten wir an der Treppe am Poetenweg und an der Freitreppe. Die wurden regelmäßig zerstört. Die Schwierigkeit: Es gibt keine vandalismussicheren Lampen, die dem Denkmalschutz gerecht werden. Deshalb sieht unser Konzept keine stationäre Beleuchtung vor.

Am Puschkinplatz hat man es doch mit stabilen Bodenstrahlern versucht?

Die galten eigentlich als vandalismussicher, waren es aber leider nicht. Außerdem kam dort noch ein Problem mit Schwitzwasser dazu. Deshalb mussten wir sie wieder abschalten.

Der Stadtpark bleibt also dunkel ...

Unser Plan ist es, eher die Promenade zwischen Bootshaus und Muskator zum Flanieren aufzuwerten. Da bleibt das große Ziel, die Durchgängigkeit unterhalb des Mischfutterwerks herzustellen, auch für den Elberadweg. Da ist noch nichts spruchreif.

Zurück zum Stadtpark: Was sind die nächsten Schritte?

Da ereilen uns vor allem die Pflichtaufgaben: So ist die Standsicherheit der Brücke an der Jahnamündung beeinträchtigt. Da planen wir mittelfristig eine Sanierung. Außerdem ist der Baugrund an der Treppe am Poetenweg nicht mehr stabil. Auch das muss noch in Ordnung gebracht werden. Parallel wollen wir ein Konzept für die Stadträte aufstellen, dass die aktuelle Denkmalschutz-Rahmenzielstellung berücksichtigt. Darin wollen wir dann auch an die Tradition des Verschönerungsvereins anknüpfen – dass die Riesaer Bürger sich am Stadtpark beteiligen können.

Was meinen Sie damit?

Zum Beispiel könnte man die Pflanzschale am Brandenburger Weg wieder in Ordnung bringen, die Wege vorrichten oder das frühere Freibad-Gelände erschließen. Außerdem sollen einige historische Pflanzen wieder zurück kommen.

Mancher vermisst die Mittelrabatte auf der Hauptachse, die zu DDR-Zeiten entstanden war. Ist die wirklich weggekommen, damit die Polizei besser mit dem Auto durchkommt?

Nein, das ist ein bloßes Gerücht. Tatsächlich lassen die größer gewordenen Bäume am Rand nicht mehr genug Licht für ansehnliche Mittelrabatte durch.

Heute wird der Park vor allem zum Stadtfest genutzt. Früher gab es dort regelmäßig Feste und Konzerte, etwa zum 1. Mai. Heute gibt es nicht mal mehr die Konzertmuschel ...

Die Gebäude waren nach 1990 in katastrophalem Zustand. Zurück erinnert man sich gern. Aber was ist denn heute mit den ganzen Dorfgaststätten und der Gastronomie in der Innenstadt? Die Gewohnheiten der Menschen haben sich geändert, nicht nur wegen Handys und Fernseher. Es reicht nicht, nur ein Café im Stadtpark einzurichten, um an alte Zeiten anzuknüpfen.

Man könnte es ja mal mit einem Imbiss-Container versuchen ...

Das müsste man erst umfangreich mit dem Denkmalschutz abstimmen – mit ungewissem Ausgang. Außerdem bleibt die Frage: Ist ein Café im Park überhaupt erstrebenswert? Schon die Gastronomie in der Innenstadt kämpft um Kunden. Gastronomisch lässt sich der Stadtpark auch von außen bedienen – etwa vom Bootshaus, der Strandbar, dem Ratskeller.

Aber ein Spielplatz im Park würde niemandem Konkurrenz machen. Oder?

Auch da hatten wir extremen Vandalismus, selbst Stahlseile wurden durchgeschnitten. Der Hochwasserschutz fordert eine schnelle Demontierbarkeit der Anlagen, die Vandalismus-Sicherheit ist das Gegenteil. Deshalb haben wir im Stadtpark keinen Spielplatz geplant. Ohnehin fehlen in Riesa wohl mehr Bäume und Wiesen als Spielplätze: Es ist für Kinder auch ein Erlebnis, barfuß über die Wiese zu laufen.

Zurück zum Ausgangspunkt, dem Point de vue: Da gab es nach der Aufstellung auch kritische Reaktionen im Stadtrat.

Dahinter steht eine Planung aus dem Jahr 2011, die nun durch eine Ausschüttung der Stadtwerke kurzfristig umgesetzt werden konnte. Die 68 000 Euro waren zunächst für die Neuerrichtung der Hauptachse und das Fundament angesetzt. Aufgrund günstiger Baupreise konnte dann aber innerhalb des Budgets der Point de vue doch noch mit beauftragt werden.

Gespräch: Christoph Scharf