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Was ist „Wahre Welle TV“?

Ein paar Tage lang gab es Rätselraten. Seit Montag ist klar: Hinter dem Angebot steckt die Bundeszentrale für politische Bildung. Es geht um Satire - und um Verschwörungstheorien.

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© Hubert Boesl/dpa

Von Andreas Heimann,

Bonn. Auf den ersten Blick wirkt alles ganz authentisch. Die gewohnte Studiooptik und eine professionelle Sprecherin, die rüberkommt, als würde man sie tatsächlich aus dem Fernsehen kennen - „Wahre Welle TV“ ist nicht sofort als Satire zu erkennen. Die Skepsis kommt erst später.

„Willkommen zu Frontal 23, dem einzigen unabhängigen Nachrichtenmagazin Deutschlands!“, beginnt eine der vermeintlich seriösen Sendungen. Aber heißt die nicht eigentlich „Frontal 21“? Um das ZDF-Politmagazin geht es allerdings auch gar nicht. Auf „Wahre Welle TV“ gibt es seit Montag satirische Kurzfilme von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb).

Wer bei dem Titel der Sendung noch nicht stutzig wurde, merkt wahrscheinlich zumindest beim ersten Beitrag, dass es hier um etwas andere Nachrichten geht, im Zweifelsfall ziemlich schräge. Da sei Polizisten in Oberhausen ein ganz besonderer Coup gelungen, erzählt die Moderatorin: „Sie konnten einen Journalisten des Staatsfunks dabei erwischen, wie dieser 35 langbärtige Salafisten aus einem Ü-Wagen aussteigen ließ.“ Und nach Quellen von „Wahre Welle TV“ kam der Auftrag dazu „von ganz oben“. Staatsfunk, Salafisten, Anordnungen, die Medien von höchster Stelle entgegennehmen? Das klingt nach einem Hardcore-Mix ganz nach dem Geschmack von Verschwörungstheoretikern.

Und das gilt auch für die übrigen satirischen TV-Beiträge, bei denen kaum eine populäre Verschwörungstheorie ausgelassen wird - von der Behauptung, die Nasa habe die Mondlandung mit Filmtricks nachgestellt bis zu der, der Terrorangriff vom 11. September 2001 sei von der amerikanischen Regierung inszeniert worden. Und klar auch das: „Wie kann man im Zeitalter des Internets noch daran glauben, dass die Erde eine Kugel ist?“ heißt es in „Bielefeld bei Tag & Nacht“, einem weiteren „Wahre Welle TV“-Satireformat.

„Dass es etwas mit Humor sein muss, war von vorneherein klar“, sagt Cornelius Strobel, Referent im Fachbereich Extremismus der Bundeszentrale, der das Projekt von Anfang an begleitet hat. „Für uns funktionieren die Entertainment-Elemente wie ein Angelhaken.“ Die Zielgruppe seien Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 16 und 35 Jahren, die sich im Netz bewegten. „Wir sind uns bewusst, dass wir eingefleischte Verschwörungstheoretiker nicht erreichen können.“

Das Medium dafür ist das Internet - die Kurzfilme sind unter www.wahrewelle.tv abrufbar und auch über Facebook. „Soziale Netzwerke sind der maßgebliche Verstärker für Verschwörungstheorien“, erklärt Strobel. „Deswegen haben wir gesagt, die Bundeszentrale für politische Bildung muss dem in den sozialen Netzwerken mit einem attraktiven Angebot etwas entgegensetzen.“

Einen Hauch von Verschwörungstheorie hatte auch das Vorspiel zum „Wahre Welle TV“-Start: „Was viele Menschen schon wissen, aber sich nicht zu sagen trauen. Wir sprechen es aus!“, war auf dessen Facebook-Account am Freitag zu lesen. „Wir zeigen die Wahrheit hinter der Wahrheit.“ Zu erkennen war da allerdings noch nicht, dass es sich um ein neues Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung handelt - das heizte die Spekulationen an.

„Fakt ist: Die „Wahre Welle“ ist kein 24h-Online-TV-Sender“, gab die bpb am Montag ebenfalls auf Facebook zu. „Fakt ist auch, dass wir euch die letzten vier Tage ganz schön an der Nase herumgeführt haben. Wir wissen, dass das nicht sehr nett war, aber unserer Meinung nach haben wir damit deutlich gezeigt, wie schnell ein paar bunte Bildchen, ein paar mehr oder weniger schlaue Sprüche und etwas emotionale Mobilisierung es schaffen können, uns zu beeinflussen.“

Cornelius Strobel ergänzt: „Es ist ein Grundgedanke des Formats: Wir wollen klar machen, dass es nicht so einfach ist, wie es manchmal scheint.“ Dass die Satire von manchen nicht gleich als solche verstanden werden könnte, sei nicht auszuschließen. „Wir haben darauf geachtet, dass die Machart immer sehr skurril und überzogen ist.“ Jeder Film ende außerdem mit dem Hinweis „Lass Dir keinen Scheiß erzählen“. „Und dann gibt es außerdem jeweils weiterführende Informationen.“ (dpa)