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„Was sollen wir mit diesem Ding?“

Der Landkreis Löbau-Zittau führte vor 25 Jahren die Biotonne ein – nicht ohne Vorbehalte.

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© dpa

Von Bernd Dressler

Südliche Oberlausitz. Unter den Abfallbehältern in unseren Haushalten hat der mit der Farbe braun gegenwärtig Hochkonjunktur. Fast immer steht die Biotonne in dieser Jahreszeit zum Entsorgungstermin am Straßenrand. Rasenverschnitt, Speisereste, Unkräuter – fast alle Nutzer sind dankbar, dass es dieses Behältnis gibt und aller 14 Tage geleert wird. Dabei war die Biotonne bis zum Beginn der 1990er Jahre weitgehend unbekannt, sieht man von den „Speckitonnen“ in einigen größeren Städten ab, in denen Küchenabfälle für die Schweinemast gesammelt wurden.

Die Einführung der Biotonne gestaltete sich deshalb nicht widerspruchslos. Das bekam der Landkreis Löbau zu spüren, der im Frühjahr 1993 die braunen Behälter etablierte, nachdem der Kreistag eine neue Abfall- und Abfallgebührensatzung beschlossen hatte.

„Wir haben extra eine Karte geschickt, dass wir keine Biotonne brauchen, weil wir einen Komposthaufen haben. Und trotzdem wurde uns so ein Ding hingestellt. Was wird nun damit?“, machte sich zum Beispiel eine Frau aus der Nähe von Löbau Luft. Der damalige Leiter des Abfallwirtschaftsamtes und seine Sachgebietsleiterin versuchten, bei einem SZ-Telefonforum verständliche Erklärungen zu geben und die Gemüter zu beruhigen. Sie erläuterten, dass es bis zum 30. Juni 1993 eine Testphase ohne Kosten gebe. Wenn alle Bewohner eines Grundstückes die Möglichkeit der Eigenkompostierung hätten und deshalb ein Antrag auf Gebührenermäßigung gestellt werde, dann werde die Biotonne wieder abgeholt. „Bis dahin werden alle, die die Biotonne nicht nutzen möchten, gebeten, diese auf ihrem Grundstück zu dulden, sie quasi in eine Ecke zu stellen“, hieß es.

Schritt für Schritt eingespielt

Unmissverständlich machten die Fachleute aber auch klar, dass Eigenkompostierung auch bedeute, wirklich alle kompostierfähigen Abfälle selbst zu kompostieren. Und es wurde klar umrissen, was mit „alle“ gemeint sei, nämlich auch Knochen, Strauchschnitt, Fischgräten oder schmutziges Knüllpapier aus der Küche. Alles Dinge also, die nicht unbedingt schnell verrotten. „Wird bei der Entsorgung der Restmüllgefäße augenscheinlich, dass sich dennoch Bioabfall darin befindet, wird sie nicht geleert“, verliehen die Experten ihren Argumenten Nachdruck. Das wurde auch kontrolliert, wie sich Frank Ritter, damals Leiter des Abfallwirtschaftsamtes des Landkreises Löbau, erinnert.

Das dürfte dann viele Ablehner nachdenklich gestimmt haben, zumal man sich mit Pilzen oder Schadstoffen befallenen Pflanzen den ganzen Kompost verderben kann. Schritt für Schritt spielte sich die Bioabfallentsorgung mit bedarfsgerechten Behältern in den Größen 80 Liter, 120 Liter, 240 Liter oder 1 100 Liter ein. Damit hatte der Landkreis Löbau, ab 1994 Löbau-Zittau, bei der Einführung der Biotonne in der Region eine Vorreiterrolle gespielt, von der 1995 der ehemalige Niederschlesische Oberlausitzkreis und 1999 die Stadt Görlitz profitieren konnten, als dort die Biotonne aktuell wurde.

25 Jahre später lässt sich sagen: Die Biotonne hat sich bewährt, auch wenn etliche Haushalte bis heute darauf verzichten. Dafür spricht, dass die Jahresmenge in diesen zweieinhalb Jahrzehnten nahezu konstant geblieben ist. 70 Prozent des Biomülls holt die Entsorgungsgesellschaft Löbau-Zittau mit Sitz in Lawalde ab, die einen Großteil zur Kompostieranlage im Kittlitzer Ortsteil Laucha bringt, wie deren Leiter Frank Ritter informiert. Den Rest übernimmt die Niederschlesische Entsorgergesellschaft.

Übrigens: Als 1993 die Biotonne in die Haushalte kam, da gab es einen kleinen braunen Abfalleimer mit geruchssicherem Deckel kostenlos dazu. Er war als kleine Einstieghilfe gedacht, damit Biomüll auch Biomüll blieb und nicht mit Restmüll vermischt wurde.

Bei vielen ist dieser Eimer inzwischen verschwunden und vergessen. Aber einige nutzen ihn noch heute für das, was auf seinem bunten Etikett steht: „Biomüll“. Und aus dem „i“ wächst die Krone eines prächtigen grünen Baumes.