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Wo kamen die Wildschweine her?

Die orientierungslose Rotte und deren Abschuss sind weiter Thema in Meißen. Mehrere Ursachen kommen infrage.

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© Claudia Hübschmann

Meißen. Die vier Schüsse hallen Georg Krause auch drei Tage später noch in den Ohren. Der Meißner wohnt an den Roten Stufen 2. In seinem Garten und den daneben befindlichen Hinterhöfen hatten sich in der Nacht zu Sonntag drei bis vier Wildschweine verirrt. Sie wurden nach wenigen Stunden fachmännisch durch vier Schüsse erlegt. Vier weitere Tiere wurden in der Altstadt gesichtet.

„Ich habe die Polizei alarmiert, die ihrerseits die Feuerwehr und einen Jäger zur Hilfestellung anforderte. Wie schnell und zielgerichtet die Feuerwehr das Gebiet zwischen Freiheit und Hohlweg ausgeleuchtet hatte, war beeindruckend“, blickt Krause zurück. Die vier lauten Knalle habe er aus seinem Haus deutlich gehört – eine aufregende Situation für den Rentner.

Zuvor seien mehrere junge Schwarzkittel über einen etwa ein Meter hohen Zaun gesprungen und dann auf das Grundstück gelangt. Ein Zwischentor zum Nachbarhaus wurde von den Schweinen zerbeult, darüber hinaus habe es keine nennenswerten Schäden gegeben, so Krause.

Durften die Tiere überhaupt mitten in der Altstadt geschossen werden?

Die alarmierten Polizisten hatten die Situation in besagter Nacht in kürzester Zeit einzuschätzen. Mithilfe der Expertise des Jagdaufsehers kam man zu dem Schluss, dass durch die unberechenbare Rotte Gefahr für Leib und Leben besteht. Außerdem war anfangs nicht klar, wie viele Wildschweine sich außerhalb des Gartens in der Altstadt aufhielten. Eigenhändig hätte die Polizei die Tiere nicht schießen dürfen. Aber dem herbeigerufenen Jäger durften sie eine entsprechende Weisung geben. Das ist in diesem Fall passiert und auch rechtens. Dass es sich bei dem Jäger nicht um einen Revierpächter eines Meißner Waldes handelte, spielte keine Rolle. Vor dem Schießbefehl hatten die Einsatzkräfte das Gelände derart abgesichert, dass Spaziergänger darin ausgeschlossen werden konnten.

Warum hat sich die Rotte ausgerechnet in die Stadt geflüchtet?

Das ist abschließend schwer zu beurteilen. Im Bericht der Kreisfeuerwehr ist von orientierungslosen Tieren und einer Bache, die von ihren Jungtieren getrennt wurde, die Rede. Ursache könnte eine offizielle Jagd gewesen sein, die nach SZ-Informationen am Sonnabend in den Wäldern um Niederjahna stattgefunden hatte. Sicher ist das aber nicht. In einem Nachbericht des Kreisjagdverbandes äußert sich der Jagdaufseher, der vor Ort auch schießen musste: „Wie die Wildschweine an diesen Ort gelangt sind und warum und wie die Rotte getrennt wurde, kann viele Ursachen haben.“ Es könne genauso gut sein, dass die Schweine von einem Spaziergänger mit Hund oder einem großen Wildtier aufgescheucht worden, sagt Hobby-Jäger Henry Henker von der Landfleischerei Henker aus Diera-Zehren. Dass die Schweine gezielt in der Stadt nach Futter suchten, ist unwahrscheinlich. In den betreffenden Gärten gab es kein größeres Fressangebot.

Zahlt die Versicherung Schäden, wenn ein Schwein den Garten verwüstet?

Vor allem in waldreichen Gebieten sind für Privatleute ein stabiler Zaun und ein guter Versicherungsschutz wichtig. „Bei Mietshäusern ist der Vermieter verpflichtet, Vorkehrungen zum Schutz der Mieter zu treffen“, heißt es auf dem Verbraucher-Portal Advocard.de des gleichnamigen Versicherers. Danach müssen Mieter es nicht hinnehmen, dass sich Wildschweine im Garten bewegen. Sie können verlangen, dass der Vermieter auf seine Kosten Schutzvorkehrungen trifft. Weil sich ein Stadtgebiet für gewöhnlich keinem Jagdrevier zuordnen lässt, sind hier auch keine Ansprüche an Jagdaufseher geltend zu machen. Im Jagdgesetz ist festgehalten: „Gärten müssen vom Eigentümer mit einem Stahlzaun, der mit Betonpfeilern fest im Boden verankert ist, eingezäunt werden.“

Ist in Zukunft öfter mit Ausflügen von Wildschweinen in die Stadt zu rechnen?

Am Stadtrand, etwa an der Knorre, seien schon öfter einzelne Wildschweine gesichtet worden, teilt Landkreis-Sprecherin Kerstin Thöns mit. Dabei durchquerten Schweine auch häufiger die Elbe. Dass sich angesichts wachsender Bestände in den Wäldern Tiere erneut in die Stadt verirrten, sei durchaus möglich – zumal wegen der von Osten heranrückenden Schweinepest verstärkt Jagden stattfinden. Damit steigt auch das Risiko in Panik geratender Tiere, die Zuflucht in Städten suchen.