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Was tun, wenn der Wolf kommt?

Naturschützer und Nutztierhalter haben sich erstmals auf einen gemeinsamen Kurs verständigt. Der Abschuss von Wölfen ist damit nicht mehr tabu.

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© dpa

Berlin. Naturschützer, Tierfreunde und Schäfer haben eine gemeinsame Strategie zum Umgang mit Wölfen in Deutschland erarbeitet. „Es geht nicht mehr darum, ob das Zusammenleben mit Wölfen funktioniert, sondern wie“, sagte Moritz Klose vom Umweltschutzverband WWF, am Donnerstag in Berlin.

Gemeinsam sprechen sich die Verbände unter anderem für ein Wolfsmanagement in den Bundesländern, Investitionen in Schutzzäune und einen schnellen Schadensausgleich nach Wolfsattacken auf Nutztiere aus. Die Einigung umfasst aber auch den Abschuss von „Problemwölfen“ durch Naturschutzbehörden als letztes Mittel. Das ist auch in Sachsen gerade wieder in der Diskussion.

Erst am vergangenen Wochenende hatte Schafzüchter Martin Just in Cunnewitz wieder drei Schafe durch einen Wolfsriss verloren. Allein in seiner Herde summieren sich die Verluste damit auf 64. Und das, obwohl er nach eigener Aussage seine Weiden mit allen Mitteln schützt – fester Zaun, Flatterband, Elektrozaun. Verantwortlich für den Riss sollen die Wölfe des Rosenthaler Rudels sein, die bereits mehrfach durch Angriffe auf Nutztiere aufgefallen sind.

Deshalb hat inzwischen Bautzens Landrat Michael Harig (CDU) erklärt, er wolle erneut prüfen lassen, ob die Wölfe geschossen werden dürften. „Ich habe das zuständige Amt gebeten, einen Antrag vorzubereiten, um eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten“, sagte der Landrat. Nun kann er auch auf das in Berlin beschlossene Eckpunkte-Programm verweisen.

Der Vereinigung Deutscher Landesschafzuchtverbände geht die Einigung aber nicht weit genug. Der Deutsche Jagdverband nannte die Eckpunkte ein „Wohlfühlpapier“, das die wahren Herausforderungen nicht klar benenne. „Die Flächen für eine externe Beweidung lassen sich nicht wolfssicher einzäunen, weil sie viel zu groß sind“, sagte Sprecher Torsten Reinwald. Dabei gehe es zum Beispiel auch um lange Deiche, auf denen Schafe weiden. Zudem gebe es nicht nur einzelne „Problemwölfe“, sondern bereits ganze Rudel, die sich auf bestimmte Herden spezialisiert hätten. „Der Schutzstatus des Wolfes muss gelockert werden.“

Mehr als 2 000 Nutztiere gerissen

Auch der Deutsche Bauernverband kritisierte: „Den Interessen der Weidetierhalter wird mit komplizierten Entschädigungsverfahren, umfangreichen Lastenheften und Vorgaben zum Schutz vor dem Wolf nicht im Ansatz Rechnung getragen.“ Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) sagte: „Der Wolf darf nicht pauschal als unantastbar betrachtet werden. Dort, wo er in zu großer Zahl auftritt und der Schutz der Nutztierbestände vor dem Raubtier nicht möglich ist, brauchen wir eine Bestandsregulierung.“

Wölfe breiten sich seit dem Jahr 2000 wieder in Deutschland aus. Bundesweit werden nach Nabu-Angaben in diesem Jahr 61 Rudel mit jeweils sieben bis zehn Tieren und 19 Paare beobachtet. Wölfe stehen unter strengem Schutz. Ihr Abschuss gilt wie bei Luchsen und Greifvögeln als Wilderei.

Zwischen 2002 und 2015 haben Wölfe nach Angaben der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes mehr als 2 000 Nutztiere gerissen. Mit der wachsenden Anzahl und Ausbreitung der Wölfe nahm natürlich auch die Zahl der Attacken zu. Zu fast 90 Prozent rissen Wölfe Schafe und Ziegen. (SZ mit dpa)