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Was wird aus der Asylhalle?

Das Gebäude im Gewerbegebiet wurde 2016 extra zur Unterkunft für Flüchtlinge umgebaut. Nun wird es dem Landkreis zur Last.

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© Norbert Millauer

Von Thomas Möckel

Pirna. Die Antwort des Landratsamtes auf die SZ-Anfrage fällt äußerst knapp aus. Zu diesem Thema, sagt Tilo Georgi, Leiter des Sozial- und Ausländeramtes, sei bisher keine Entscheidung getroffen worden. Das Thema ist eine dunkelgraue, schmucklose Halle an der Fabrikstraße im Pirnaer Gewerbegebiet „An der Elbe“. Von der Stadtentwicklungsgesellschaft Pirna (SEP) 2015 errichtet, um sie an Unternehmer zu vermieten. Aber schon kurz darauf wurde sie über den Jahreswechsel 2015/16 auf Wunsch des Landratsamtes zu einer Flüchtlingsunterkunft umgebaut. Rund 1,8 Millionen investierte die SEP in das Objekt.

Vermietet ist es derzeit an die kreiseigene Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft (GVS), die Flüchtlingsquartiere betreut. Doch angesichts sinkender Asylbewerber-Zahlen wird die Halle offenbar nun mehr und mehr zu einer Last für den Landkreis, und es stellt sich die Frage: Will das Landratsamt das Objekt loswerden?

Neben den kargen Auskünften des Amtes selbst hält sich auch die SEP mit Informationen zurück. In der Halle, sagt SEP-Chef Christian Flörke, seien nach wie vor zahlreiche Flüchtlinge untergebracht. Der Mietvertrag laufe noch bis Anfang 2022. Für die SEP gelte diese Laufzeit und die im Kontrakt vereinbarte Miete. Der Landkreis, so Flörke, habe bislang nicht angezeigt, dass es kurzfristig Veränderungen in Nutzung und Laufzeit geben werde.

Inzwischen aber verdichten sich die Anzeichen, dass die Halle auf der Abschussliste steht. Die Beigeordnete Kati Hille äußerte kürzlich in einem SZ-Gespräch, der Kreis wolle Mietverträge für Flüchtlingsunterkünfte, beispielsweise für die SEP-Halle im Pirnaer Gewerbegebiet, vorfristig ablösen. Landrat Michael Geisler (CDU) hatte schon am Jahresanfang in einem Interview mit der Sächsischen Zeitung angedeutet, dass es für den Landkreis nicht billig werden würde, den Mietvertrag zu beenden.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich das Landratsamt mit Trennungsgedanken trägt. Schon Ende 2016, da war die Halle noch gar nicht bezogen, erwog die Behörde, das Objekt wieder abzustoßen. Der Grund: Es kamen weitaus weniger Flüchtlinge in den Landkreis als ursprünglich prognostiziert. Doch im März 2016 musste der Kreis unvermittelt 25 junge Männer aus Eritrea unterbringen, er quartierte sie in der Asylhalle ein, weil andere Unterkünfte belegt waren. Zudem entschied der Kreis, die Halle vorerst als Pufferlösung zu behalten, weil zu diesem Zeitpunkt noch ungewiss war, wie sich die Flüchtlingszahlen entwickeln.

Die erneute Trennungsabsicht hat einen weiteren Auslöser: Der Landkreis steht finanziell mächtig unter Druck. Die Kosten für die Unterbringung von Asylbewerbern sind laut Geisler der drittgrößte Ausgabeposten für das Landratsamt. Als 2015 die Flüchtlingszahlen über Nacht explodierten, brauchte die Behörde von jetzt auf gleich jede Menge Unterkünfte, um die Hinzukommenden einzuquartieren. Doch der Zustrom an Geflüchteten ist seit Monaten abgeebbt, gleichwohl laufen für die vorgehaltenen Quartiere jede Menge Kosten auf, im Fall der Pirnaer Halle beispielsweise für Miete, Wachschutz und Strom. 

Das Problem allerdings: Auch um Mietverträge vorzeitig abzulösen, braucht der Landkreis Geld. So einigte sich die Behörde beispielsweise mit der Pirnaer Immobilienfirma Geva auf eine Schadenersatzsumme von 462 000 Euro, weil der Kreis deren Wohnungen nicht mehr benötigt. Das funktioniert aber nicht in jedem Fall: Um den Mietvertrag für die Gewerbehalle vorfristig abzulösen, benötigt der Kreis laut Geisler etwa 1,2 Millionen Euro.

Weil die Zahl der vorgehaltenen Unterkünfte auf Prognosen des Freistaates beruht, sieht der Landrat hier auch das Land in der Pflicht, den Kreisen finanziell unter die Arme zu greifen. Der Freistaat hat kürzlich einen Gesetzesentwurf vorgelegt, nach dem die Kreise Geld beantragen können, um Mietverträge abzulösen. Ob und wann die Gelder tatsächlich ausgezahlt werden, steht allerdings noch nicht fest.