Merken

Was wird aus der Bienenwirtschaft?

Die Gesellschafter lehnen den Verkauf erneut ab – das einstige Betriebsgelände scheint zum Spekulationsobjekt zu werden.

Teilen
Folgen
© Claudia Hübschmann

Von Udo Lemke

Meißen. Wer wollte es bestreiten: Mit der alten Bienenwirtschaft stehen und fallen davor die Talstraße und dahinter der Steinberg. Nur wenn das Areal des einstigen DDR-Vorzeige-Honigabfüllers saniert wird, kann der Straßenzug zu dem werden, was engagierte Bürger wollen – Teil des Porzellanpfades, der aus der Altstadt hin zur Manufaktur führt.

Die Chancen dafür sind in den letzten Tagen nicht gestiegen. Nach SZ-Informationen gab es vor einer Woche in München eine Gesellschafterversammlung, auf der die Besitzerfirma Breitsamer + Ulrich GmbH & Co KG, ein bayerisches Familienunternehmen, über einen möglichen Verkauf der Liegenschaft abstimmte. Erstmals habe sich danach eine Mehrheit für den Verkauf entschieden. Allerdings müssen in dem Familienunternehmen, das der drittgrößte deutsche Honigabfüller sein dürfte, Verkaufsentscheidungen einstimmig getroffen werden. Warum sich einige Gesellschafter dagegen sträuben, ist nicht nach außen gedrungen. Allerdings kann man begründete Vermutungen darüber anstellen.

So hat es im Oktober 2014 ein Gespräch von Vertretern des Meißener Kulturvereins, des CDU-Stadtverbandes mit Oberbürgermeister Olaf Raschke (parteilos) und fünf Mitarbeitern der Stadtverwaltung gegeben. In einer Notiz dazu hieß es: „Herr Breitsamer hat noch mal bestätigt, dass er die Bienenwirtschaft zum Buchwert 230 000 bis 280 000 Euro verkaufen würde. Er hat allerdings auch angedeutet, dass er bei entsprechender Konzeption in einer Investorengemeinschaft mitwirken würde.“

Inzwischen werden andere Beträge für die alte Bienenwirtschaft gehandelt. So werden Quadratmeterpreise zwischen 150 und 200 Euro aufgerufen, was bei der vorhandenen Fläche von rund 2 000 Quadratmetern einen Verkaufspreis von etwa 400 000 Euro ausmachen würde. Eine enorme Preissteigerung innerhalb von gut zwei Jahren. Wenn die Gesellschafter jetzt (noch) nicht verkaufen wollen, so ist anzunehmen, dass ein weiteres Anziehen der Immobilienpreise in Meißen abgewartet werden soll, wie es derzeit zu beobachten ist, weil die Stadt im Umfeld Dresdens von dessen angespanntem Immobilienmarkt profitiert.

Auf SZ-Nachfrage erklärt Oberbürgermeister Raschke: „Ich persönlich habe mich viele Jahre darum bemüht, das Areal zu entwickeln.“ Vor gut einem Jahr seien Gespräche mit dem Eigentümer geführt worden – „Herr Breitsamer und seine Frau saßen bei mir am Tisch“ – die kurz vor dem Abschluss gestanden hätten. Doch dann habe der Eigentümer gesagt, er wolle sich nicht von seinem Schmuckstück trennen. „Der Eigentümer lässt uns vollkommen hängen, er lässt uns nichts tun, macht aber selbst auch nichts – wir sind sehr daran interessiert, dass es endlich eine Entwicklung gibt.“

Raschke erklärt, dass es bereits erste Planungen für die Entwicklung der Gebäude gab. So hieß es nach dem Treffen von Kulturverein und Stadtverwaltung, dass die Geschäftsführerin der Stadtentwicklungsgesellschaft Seeg, Birgit Richter, erwähnt habe, „sie könne sich vorstellen, es dort in einem Teilbereich auch mal mit höherwertigen Loftwohnungen zu versuchen“.

Nach SZ-Informationen gibt es darüber hinaus private Investoren, die daran interessiert sind, den Gebäudekomplex zu kaufen und auszubauen. Dass die alte Bienenwirtschaft nicht verkauft wird, wird von dieser Seite damit begründet, dass es die Eigentümer nicht nötig hätten, gleichzeitig aber kein Konzept hätten, was mit der Immobilie werden soll.

Allerdings verweist Stadtchronist und Architekt Claus-Dirk Langer noch auf etwas ganz Anderes. Im „Integrierten Handlungskonzept Stadtteil Triebischtal“ von 2002 sieht eine Planvariante vor, das Areal der Bienenwirtschaft abzuräumen und einen Park anzulegen als Verbindung zwischen Altstadt und Porzellanmanufaktur. Allerdings wäre auch dazu ein Verkauf vonnöten. Aber 400 000 Euro, um dann abzureißen?