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Was wird aus der Rente?

Eine Experten-Kommission soll bis 2020 die Altersversorgung der Zukunft entwerfen – am Mittwoch trifft sie sich das erste Mal.

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© Karikatur: Mario Lars

Von Peter Heimann, Berlin

Auch wenn es gefühlt mitunter anders scheinen mag: Derzeit ist die Welt für Rentner und Beitragszahler weitgehend in Ordnung. Die jährlichen Zuwächse für die mehr als 20 Millionen Menschen mit gesetzlichen Altersbezügen sind sehr ordentlich, der aktuelle Beitragssatz mit 18,6 Prozent so gering wie seit 23 Jahren nicht. Die Altersarmut ist für die Betroffenen schlimm, jedoch mit etwa drei Prozent geringer als in allen anderen Bevölkerungsschichten. Doch wie geht es weiter? Eine SZ-Analyse.

Die Situation

Für die nächsten Jahre bleibt die Situation absehbar stabil. Für die Zeit bis 2025 haben Union und SPD im Koalitionsvertrag eine „doppelte Haltelinie“ vereinbart. Demnach wird das Rentenniveau – die Altersbezüge von Rentnern mit 45 Jahren Durchschnittseinkommen verglichen mit dem aktuellen bundesweiten Durchschnittslohn – nicht unter 48 Prozent sinken und der Beitragssatz nicht über 20 Prozent steigen. Das Schöne: Beides dürfte nach allen Prognosen ohne Probleme, womöglich sogar von alleine funktionieren. Dagegen spricht allenfalls, dass die Bundesregierung, bevor sie sich der Stabilisierung der Rentenversicherung widmet, noch kräftig Milliarden ausgibt: allein die abermalige Erhöhung der Mütterrente kostet um die 3,5 Milliarden Euro – jährlich und bezahlt aus der Rentenkasse. Und das, obwohl nicht so recht klar ist, wie es mit der Rente nach 2025 – wenn diese Große Koalition längst Geschichte ist – weitergeht.

Die Pläne

Fest steht allerdings, dass dann die „Babyboomer“ verstärkt in Rente gehen, also die geburtenstarken Jahrgänge der 1960er-Jahre. Deutlich mehr Ruheständlern stehen dann tendenziell weniger Beschäftigten, sprich Beitragszahlern, gegenüber. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) umschreibt das schon lange Absehbare so: „Die Demografie ab 2025 wird das System vor große Aufgaben stellen.“ Die „richtig, richtig schwere Aufgabe“ soll nun wieder mal eine Rentenkommission lösen. Sie kommt heute das erste Mal zusammen. Das zehnköpfige Expertengremium soll der Regierung bis März 2020 Empfehlungen vorlegen, wie die Rente auch nach 2025 gesichert werden kann.

Die Aussichten

„Es geht um eine neue Balance zwischen den Generationen“, so Minister Heil. Ein schönes Ziel, anstrengend, aber lohnend. Doch schon der Zeitplan verringert die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Kommissions-Ergebnisse rasch im Gesetzblatt wiederfinden. Wenn die Vorschläge im Frühjahr 2020 vorgelegt und dann in der Politik debattiert werden, naht bereits die nächste Bundestagswahl. Keine gute Zeit für eine große Rentenreform. Zumal absehbar alle Alternativen, die für eine Lösung der Finanzprobleme infrage kommen, unpopulär sind: Entweder zahlen Beitrags- und Steuerzahler drauf oder künftige Rentner.

Die Stellschrauben

Die Kommission soll „die Stellschrauben der Rentenversicherung in ein langfristiges Gleichgewicht“ bringen, heißt es im Koalitionsvertrag. Welche Stellschrauben gibt es? Das Rentenniveau, den Beitragssatz, das Renteneintrittsalter und den Steuerzuschuss zur Rentenkasse. Vereinfacht kann man sagen: Je höher das Rentenniveau, desto höher müssen die Beiträge oder die Steuerzuschüsse sein. Erst recht, wenn sich das Verhältnis von Rentneranzahl zu Beschäftigten verschlechtert. Nach den Planungen im Finanzressort überschreitet der Posten Rente im Bundeshaushalt allerdings schon 2020 die 100-Milliarden-Euro-Marke. Eine Alternative im System wäre noch, dass der Ruhestand später beginnt als gedacht. Richtig populär ist das freilich auch nicht.

Die Vorgeschichte

Anfang der 2000er-Jahre dachte die nach dem Vorsitzenden benannte „Rürup-Kommission“ über die Zukunft der Rente nach. Schon damals zeichnete sich ab, dass angesichts des demografischen Wandels die Rentenversicherung auf dem bisherigen Niveau nicht finanzierbar sein wird. Die seinerzeit von der rot-grünen Regierung eingesetzte Kommission, die von November 2002 bis August 2003 tagte, schlug die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre und eine Begrenzung des Beitragssatzes auf höchstens 22 Prozent vor. Zuvor hatte die Regierung das Rentenniveau gekürzt und als Ausgleich die staatlich geförderte, private Riester-Rente eingeführt. Die allerdings erwies sich bis heute als nicht so erfolgreich wie erhofft.

Die Experten

Die Kommission soll möglichst unabhängig agieren. Die Vorsitzenden sind die ehemaligen Bundestagsabgeordneten Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) und Karl Schiewerling (CDU). Zu den weiteren Mitgliedern gehören Vertreter von Gewerkschaften, Arbeitgebern und Wissenschaft. Der Münchner Wissenschaftler Axel Börsch-Supan und der Vorsitzende des Sozialbeirats der Bundesregierung, Gert G. Wagner, gehörten schon der „Rürup-Kommission“ an.