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Weil Familie das Wichtigste ist

Die SZ stellt die Bundestagskandidaten vor: Uta Strewe aus Burkau möchte für die SPD nach Berlin.

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© Steffen Unger

Von Marleen Hollenbach

Es ist schon eine Herausforderung, alle auf ein Foto zu bekommen. Die beiden kleineren Töchter Freya und Magdalena können sich nicht entscheiden, wer die Katze halten darf, Sohn Julius muss seine langen Beine übereinander falten, damit sie noch aufs Sofa passen. Die älteste Tochter Hannah beschwert sich, weil sie so nah an Hund Lori sitzt und der doch Mundgeruch hat. Da wird kurz gemeckert, ein bisschen geschubst und viel gelacht.

Wenn alle Kinder im Zimmer mit dem Kuschelsofa und dem großen Tisch aus Holz zusammenkommen, wenn jeder von seinem Tag erzählen will, dann kann sich Dr. Uta Strewe am besten entspannen. Auch jetzt im Wahlkampf. Familie, das ist für die Frau aus Burkau nicht nur privates Glück. Es ist das Thema ihres Lebens.

Sei es beruflich oder politisch – wenn die 46-Jährige etwas anpackt, dann geht es meistens um Kinder und ihre Eltern. Die studierte Lehrerin arbeitet seit mehr als zehn Jahren als Verfahrensbeistand. Das heißt, sie vertritt die Interessen der Kinder vor Gericht. „Ich bin sozusagen der Anwalt des Kindes“, sagt sie. Uta Strewe steht den Familien bei Sorgerechtsstreitigkeiten zur Seite. Sie spricht, wenn sich Väter und Mütter nichts mehr zu sagen haben. Wird sie gefragt, wie sie es aushält, auch von schlimmen Schicksalen zu erfahren, von Kindern, denen es nicht so gut geht, dann erzählt Uta Strewe von den mehr als 1 500 Minderjährigen im Landkreis Bautzen, die sie begleitet und denen sie geholfen hat. Bei einigen Problemen kann aber auch ein Verfahrensbeistand nichts ausrichten.

Wenn es um die Sorgen der Eltern geht, dann spielt die Arbeitssituation oft eine große Rolle. „Da geht es um Schichtarbeit, um befristete Arbeitsverhältnisse und geringe Löhne“, erklärt Uta Strewe. Um in diesem Bereich etwas ändern zu können, möchte sie nach Berlin. Zum ersten Mal kandidiert sie für den Bundestag. Politisch aktiv ist Strewe aber schon länger. 2001 trat sie in die SPD ein. Seit 2015 leitet sie den SPD-Ortsverein Bischofswerda. Ab und an habe sie schon mit der Partei gehadert, gibt sie offen zu. Doch viele Ziele, die sie jetzt im Wahlprogramm der SPD liest, finden ihre volle Unterstützung. Strewe möchte vor allem die Arbeitsbedingungen für Eltern verbessern, ihnen die Möglichkeit geben, mehr Zeit für die Familie zu haben, gleichzeitig aber auch jederzeit wieder in Vollzeit wechseln zu können. „Jedes Kind soll eine faire Chance haben“ – das ist noch so ein Satz, den Uta Strewe gern sagt. Was sie damit meint? Eine kostenlose Kita-Betreuung und moderne Schulen. „Wir sprechen alle von der Digitalisierung der Arbeitswelt. Von der Digitalisierung im Kinderzimmer redet niemand“, sagt die Burkauerin, die zum Beispiel von modernen Computerkabinetten in allen Schulen in Deutschland träumt.

Mit dem Landleben vertraut

Das Bild ist im Kasten, der Fotograf mit dem Ergebnis zufrieden. Katze Greta ist die Erste, die nicht mehr stillsitzen kann. Mit einem großen Satz springt sie vom Sofa. Uta Strewe öffnet ihr die Tür zum Garten. Für das kleine Fachwerkhaus hat sich die Familie 2007 entschieden. Die Sanierung sei aufwendig gewesen, sagt sie. Vor allem deshalb, weil es ihnen wichtig war, die alte Substanz des Hauses zu erhalten.

Uta Strewe ist in einem kleinen Ort bei Ulm aufgewachsen. Sie kennt und liebt das Landleben. Doch sie hat auch viele Jahre in Dresden verbracht. Noch als Studentin kam sie kurz nach der Wende nach Sachsen. „Alles war damals im Umschwung, in Bewegung. Es war eine spannende Zeit“, sagt sie. Die Oberlausitz kannte sie anfangs nur von Ausflügen am Wochenende. Doch Land und Leute beeindruckten sie so sehr, dass sie irgendwann dort leben wollte. „Mich haben auch die sorbischen Traditionen von Anfang an begeistert“, erzählt sie. Ein weiteres wichtiges Thema für die Burkauerin, die sich im SPD-Arbeitskreis „Sorben und Wenden“ engagiert. „Dass es diese Tradition bei uns gibt, ist ein Potenzial, das wir mehr ausschöpfen könnten“, sagt sie. So sollten zum Beispiel Kinder und Jugendliche der Region in der Schule mehr über die Sorben erfahren.

Vom Umgangston schockiert

Vielfalt ist auch das Thema der „Lucie-Strewe-Stiftung“, die Uta Strewe gemeinsam mit ihrem Mann 2016 gegründet hat. Ziel der Stiftung ist es, Toleranz gegenüber Fremden zu fördern, das öffentliche Bewusstsein gegen Fremdenfeindlichkeit zu stärken. Erste Projekte konnten bereits realisiert werden. So wurde vor einem Jahr mithilfe der Stiftung eine große Anne-Frank-Ausstellung im Bischofswerdaer Goethe-Gymnasium organisiert.

Wie wichtig es ist, sich für Toleranz und ein besseres Miteinander einzusetzen, hat Strewe auch im Wahlkampf erfahren. „Gerade jene, welche die deutsche Kultur hochhalten, tragen mit ihren Äußerungen zur Verrohung des Landes bei“, sagt sie. Verrohung des Landes? Das klingt sehr abstrakt. Doch in den vergangenen Wochen erlebte Strewe ganz praktisch, was das bedeutet. „Man müsste sie in einen Sack stecken und draufschlagen“, hat bei einer Wahlveranstaltung ein Mann zu ihr gesagt. Es war einer, den sie nicht kannte, mit dem sie nie gesprochen hatte. Solche Sätze prallen nicht einfach an ihr ab. Kritik kann Uta Strewe vertragen, doch der Umgangston schockiert sie. „Zum Glück habe ich einen Mann der mir den Rücken stärkt und Kinder, die mir Kraft geben“, sagt sie und widmet sich den Themen des Nachmittages: die Grützwurst, die wieder auf dem Speiseplan stand und das Herbarium, das in den nächsten Tagen fertig sein muss.

Bisher erschienen sind die Porträts von Caren Lay (Die Linke),Jens Bitzka (Grüne), Torsten Herbst (FDP),Karsten Hilse (AfD) und Roland Ermer (CDU).

Hier finden Sie den SZ-Wahlcheck für den Wahlkreis Bautzen I.