Von Antje Steglich
Diesbar-Seußlitz. Die erste Sprachaufnahme will einfach nicht klappen. Als Maria Lehmann von ihrem Arbeitsplatz bei einer Allianz-Vertretung in Meißen erzählt, ist das Wolfgang Junglas, Redakteur beim Südwestrundfunk (SWR), erst zu lang, dann zu schnell und schließlich zu holprig.
Erst nach dem fünften Versuch sagt der Mann mit Hut endlich: „Very good! Schöne Tonlage. Schön erzählt. Guter Rhythmus.“ Vorbei ist der Drehtag für Sachsens Weinkönigin aber noch lange nicht.
Hoch über der Elbe im Familien-Weingut, wo vor allem Grauburgunder und Goldriesling wachsen, muss die 29-Jährige noch etliche Sprachaufnahmen stemmen. Die werden später in einem zweieinhalbminütigen Film zu hören sein – der quasi die Bewerbung für das Amt der Deutschen Weinkönigin ist. Im September wird gewählt, Kandidatinnen sind die zwölf Gebietsweinköniginnen aus Deutschland inklusive Maria Lehmann als Sachsens Hoheit.
Im September wird gewählt
Die groß gewachsene Frau mit den blonden Locken ist eigentlich gelernte Einzelhandelskauffrau, stieg vor fünf Jahren allerdings in die Versicherungsbranche ein. Durch ihren Mann Sebastian Lehmann, Winzer in dritter Generation in Diesbar-Seußlitz, wurde der Wein zudem zu einem bedeutenden Teil ihres Lebens. „Wein ist mein Hobby“, sagt Maria Lehmann vor der Kamera. Doch bald schon soll er auch zur Profession werden.
„Ich werde wahrscheinlich bald ganz in den Wein wechseln“, kündigt die Weinkönigin am Rande der Dreharbeiten an. Während sie ihrem Mann und ihrem Schwiegervater bereits bei der Bewirtschaftung des fünf Hektar großen Weingutes hilft, will sie nun auch die Nachfolge von Schwieger-Onkel Ulrich Lehmann antreten, der bislang die Seußlitzer Weinstuben betreibt. „Wir wollen gern, dass sie in der Familie bleiben. Aber ich werde noch viel lernen müssen“, so Maria Lehmann. Eine Zusatzausbildung und Praktika hat sich die 29-Jährige vorgenommen, in den nächsten zwei bis drei Jahren soll der Wechsel der Weinstuben vollzogen werden.
Zurzeit steht für sie aber erst einmal das Amt der sächsischen Weinkönigin im Mittelpunkt. Rund 120 Termine hat sie dafür in den letzten Monaten schon absolviert – und nun den zweitägigen Dreh mit dem SWR. Gefilmt wurde Maria Lehmann unter anderem auf dem Traktor im Weinberg, auf der Arbeit, beim Stadtbummel mit Freundinnen in Meißen, bei einer Kutschfahrt vorbei an Schloss Proschwitz oder beim Spazierengehen mit Ehemann Sebastian und Chihuahua Oskar.
Alle Kandidatinnen sollen auf diese Weise dem Fernsehpublikum recht nah vorgestellt werden, erklärt Wolfgang Junglas. Er selbst betreut das Format seit 1999 – und drehte auch schon mit der ehemaligen sächsischen Weinkönigin Katharina Lai in Diesbar-Seußlitz. Jeden Sommer ist er in Deutschlands Anbaugebieten unterwegs. Und wahrscheinlich kennt keiner die Kandidatinnen besser als er. Er weiß auch genau, wie die Frauen vor der Kamera wirken sollen – und hat kaum Mitleid, wenn eine Einstellung wieder und wieder gedreht werden muss. Auch wenn er zugibt, dass die Sprachaufnahmen am Ende eines langen Drehtages von mittlerweile knapp neun Stunden zu den schwierigeren Aufgaben gehören.
Immer wieder muss Maria Lehmann lächelnd in die Kamera sprechen. Zwischendurch wird die Nase nachgepudert, denn das Thermometer ist an diesem Dienstagnachmittag schon auf mehr als 30 Grad geklettert. Der Tag sei aber insgesamt viel entspannter gewesen als gedacht, meint die Weinkönigin. „Mir ist es wichtig, zu zeigen, dass ich offen und locker bin. Und dass auch eine echte Frau mit Kurven Weinkönigin werden kann.“ Ihre Chancen bei der Wahl schätzt sie dennoch als gering ein: „Dafür bin ich schon zu alt.“ Trotzdem freue sie sich auf den Termin und den Austausch mit den anderen Kandidatinnen.