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Weiße Zwangspause

Heftiger Schneefall sorgt für teils chaotische Zustände auf den Straßen. Und es kommt noch dicker.

Von Christian Eißner & Katarina Gust & Mareike Huisinga & Dirk Schulze
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Nichts geht mehr: Auf der Straße zwischen Neustadt und Sebnitz stand am Mittwochmorgen ein Lkw quer. Er kam auf dem rutschigen Untergrund nicht mehr vorwärts. Für etwa fünf Stunden musste die Straße deshalb gesperrt werden.
Nichts geht mehr: Auf der Straße zwischen Neustadt und Sebnitz stand am Mittwochmorgen ein Lkw quer. Er kam auf dem rutschigen Untergrund nicht mehr vorwärts. Für etwa fünf Stunden musste die Straße deshalb gesperrt werden. © Foto: Dirk Zschiedrich

Auf der S 154 zwischen Neustadt und Sebnitz ging am Mittwochvormittag gar nichts mehr. Am steilsten Stück des Ungerbergs hatte sich ein Lkw festgefahren und kam aufgrund des Schneematschs weder vor noch zurück. Der Laster stand quer und versperrte so anderen Fahrzeugen den Weg. Autofahrer, die wenden konnten, drehten um. Doch größere Fahrzeuge standen teils über mehrere Stunden im Stau, darunter drei Linienbusse. Insgesamt war die Strecke knapp fünf Stunden lang dicht, erst nach 13 Uhr gelang es, den Laster wegzuschleppen. Insgesamt haben die anhaltenden Schneefälle für zahlreiche Behinderungen auf den Straßen in der Sächsischen Schweiz gesorgt. Etliche Pkws rutschten in Straßengräben, Lkws standen an Steigungen quer, Bäume stürzten unter der Schneelast auf Straßen und mussten beseitigt werden. Auf freier Strecke machten zudem Verwehungen den Autofahrern zu schaffen.

Winterdienst holt alle verfügbaren Räumfahrzeuge aus den Depots

Der nasse Schnee hat dem Winterdienst die Arbeit schwer gemacht. Die vier Straßenmeistereien im Landkreis waren am Mittwoch praktisch mit der gesamten zur Verfügung stehenden Räumtechnik im Einsatz, teilt das Landratsamt Pirna mit: 17 kreiseigene Winterdienst-Fahrzeuge und 22 Räumfahrzeuge von Fremdfirmen waren unterwegs, hinzu kamen sechs Schneefräsen im Bereich der Straßenmeisterei Altenberg. Gesperrt werden musste die Staatsstraße 182 zwischen Altenberg und Rehefeld aufgrund umgestürzter Bäume, ebenso die Straße zwischen Fürstenau und Gottgetreu. Die Straße zwischen Rathen und Struppen war wegen Schneebruchs nur eingeschränkt befahrbar.

Auch die Winterdienste der Kommunen arbeiteten praktisch ohne Unterbrechung gegen den vielen Schnee an. In Sebnitz waren die Mitarbeiter von 3.30 Uhr morgens bis 20 Uhr abends mit 13 Fahrzeugen im Einsatz. „Die wichtigsten kommunalen Straßen haben wir im Griff gehabt“ sagt Jens Willmuth, Chef der städtischen Gesellschaft TDS. „Die anderen mussten etwas länger warten.“ Das lag vor allem daran, dass es ununterbrochen geschneit hat. Das bereitet den Kommunen Sorgen: „Wenn das noch 24 Stunden so weiter geht, bekommen wir Probleme mit der Ablösung der Bauhof-Mitarbeiter“, sagte Bahretals Bürgermeisterin Brigitte Kolba.

Ein Räumfahrzeug kämpft sich in Rugiswalde durch den Schnee.
Ein Räumfahrzeug kämpft sich in Rugiswalde durch den Schnee. © Foto: Dirk Zschiedrich

Sebnitzer Schüler bekommen schneefrei

Die Schüler des Sebnitzer Goethe-Gymnasiums wurden am Mittwoch in Absprache mit den Eltern eher nach Hause geschickt. Am Donnerstag fällt der Unterricht komplett aus. „Die Sicherheit der Schüler geht vor“, sagt Schulleiter Andreas Seltmann. Zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen kommt von außerhalb, die meisten von ihnen mit dem Bus. Ob der Unterricht am Freitag wieder planmäßig stattfindet, wird bis Donnerstagmittag entschieden. Auch an der Knöchel-Oberschule in Sebnitz ist am Donnerstag aufgrund der Schneefälle schulfrei. Die Grundschule Schandauer Straße stellte es den Eltern frei, ob sie ihre Kinder in Schule schicken. Eine Notfallbetreuung wird angeboten, informiert die Schulleitung.

Verspätungen auf etlichen Buslinien der OVPS

Fahrgäste der Busse der Oberelbischen Verkehrsgesellschaft Pirna-Sebnitz kamen am Mittwoch oft verspätet am Zielort an. Am frühen Morgen sei die Situation auf den Straßen noch entspannt gewesen. Erst im Laufe des Vormittags hätte sich die Situation verschärft, teilt OVPS-Sprecherin Solveig Großer mit. Im Bielatal kam es für die Linien 242 und 245 aufgrund von mehreren Baumstürzen zu Behinderungen. Zwischen Gersdorf und Berggießhübel kam die Linie 207 zeitweise gar nicht durch. Die Straße war hier aufgrund von Schneeverwehungen nicht passierbar. Der Bus fuhr kurzerhand über Friedrichswalde eine Umleitung. Fahrgäste, die in Richtung Heeselicht unterwegs waren, kamen ebenfalls nicht pünktlich an. Auch hier versperrten umgestürzte Bäume die Straße. Ein Bus, der von Pirna in Richtung Königstein unterwegs war, konnte vormittags witterungsbedingt Thürmsdorf nicht ansteuern.

Am heftigsten traf es jedoch eine Busfahrerin, die morgens von Dresden nach Sebnitz fuhr. Aufgrund des quer stehenden Lkws am Unger ging es für sie nicht weiter. Für etwa vier Stunden saß der Bus, der direkt hinter dem Laster unterwegs war, fest. Die Fahrgäste mussten nicht so lange ausharren. Sie griffen zum Handy und ließen sich vor Ort abholen.

Bei der Städtebahn Sachsen sorgte der Schnee im Bereich Krumhermsdorf für Einschränkungen. Der Schienenersatzverkehr, der auf der Strecke Pirna-Neustadt-Sebnitz pendelt, konnte am Mittwochvormittag witterungsbedingt die Haltestelle in Krumhermsdorf nicht bedienen. Lediglich zu Verspätungen kam es auf der Zugstrecke zwischen Dresden, Heidenau und Altenberg. Vormittags mussten die Passagiere etwa eine zehnminütige Verspätung in Kauf nehmen.

Manche nutzten den Neuschnee auch zu einem Spaziergang.
Manche nutzten den Neuschnee auch zu einem Spaziergang. © Foto: dpa

Forst mahnt zur Vorsicht in den Wäldern

Der heftige Schneefall wird in den Wäldern des Sachsenforstes zum Problem. Denn es ist nasser und damit sehr schwerer Schnee, der sich auf die Bäume legt. „Viele Bäume hängen dadurch über den Waldwegen“, sagt Kerstin Rödiger, Sprecherin des Forstbezirkes Neustadt. Für Spaziergänger sei das nicht ungefährlich. Denn die Äste könnten unter der Schneelast brechen. „Aus den Revieren gibt es zwar noch keine Informationen zu akutem Schneebruch“, erklärt Rödiger. Allerdings werde man die Situation weiter beobachten. Die Waldwege werden zudem nicht beräumt oder gestreut. Nur dort. wo Waldarbeiten stattfinden, werden die Zufahrten freigeschoben.

Umstürzende Bäume kappen Stromleitungen

Auch Menschen, die das Haus am Mittwoch nicht für den Weg zu Arbeit oder zur Schule verlassen mussten, spürten die Folgen des Wintereinbruchs. Ihre Wohnungen blieben dunkel und zum Teil auch kalt. Wie die Enso mitteilt, gab es am Mittwochmorgen in mehreren Orten Stromausfälle, weil Äste auf Leitungen gefallen waren – so unter anderem bei Burkhardswalde und bei Langenhennersdorf. Zwischen Bahretal und Nentmannsdorf zerriss ein umstürzender Baum eine Stromleitung. Sie konnte erst am Nachmittag repariert werden.

Nur ein Patient wegen Sturz in der Notaufnahme im Klinikum

Trotz des kapriziösen Wetters blieb es am Mittwoch in der Notaufnahme des Pirnaer Klinikums relativ ruhig. „Bis 12 Uhr wurde nur ein Patient nach einem Sturz eingeliefert. Er konnte ambulant behandelt werden“, teilt Kristin Wolbrandt mit. Um Stürze zu vermeiden empfiehlt das Klinikum vor allem älteren Menschen, nach Möglichkeit zu Hause zu bleiben. „Wer dennoch das Haus verlässt, sollte möglichst festes Schuhwerk mit gutem Profil tragen und nur geräumte Gehwege nutzen“, sagt die Kliniksprecherin. Wenn es irgendwie geht, sollte man auf Fahrten mit dem Auto verzichten.

Die Wetteraussichten: Es schneit noch weiter

Beim Deutschen Wetterdienst in Leipzig sind sich die Meteorologen sicher: Es wird weiter schneien. Ursache für die kräftigen Niederschläge ist das Tiefdruckgebiet Benjamin, welches sich derzeit über Polen befindet. Damit strömen aus Richtung Nordwesten feuchte Luftmassen ein, die an die Nordhänge der Mittelgebirge prallen.

Vom Dienstag zum Mittwoch sind innerhalb weniger Stunden 35 bis 40 Zentimeter Neuschnee im Osterzgebirge gefallen, in tieferen Lagen etwas weniger. Weil die Temperaturen nur knapp unter null Grad lagen, war der Schnee sehr nass. Bis zum Donnerstag dürfte weiterer Schnee dazukommen, wegen des kräftigen Windes ist zudem mit Schneeverwehungen zu rechnen.