AfD will das Volkshaus wiederbeleben

Es gibt wohl kaum ein Objekt in Weißwasser, bei dem die Meinungen so weit auseinandergehen: das Volkshaus. Jeder Zweite würde sich als Freund des Volkshauses bezeichnen, hatte Peter Sievers, der Vorsitzende der Freunde des Volkshauses, einmal gesagt. Während sich etliche vorstellen könnten, dass dort eines Tages wieder Veranstaltungen stattfinden, werden die Volkshaus-Freunde von anderen dagegen nur milde belächelt.
Jetzt aber könnte die Diskussion um den Erhalt des Objekts gehörig Fahrt aufnehmen. Wenn es nach der AfD-Fraktion im Stadtrat geht, müsste ein Grundsatzbeschluss zur Revitalisierung her. Die Räte fordern von der Stadtverwaltung, das Volkshaus kurzfristig als Strukturmittelprojekt anzumelden. Das sei die große Chance, dem Gebäude im Bauhaus-Stil wieder Leben einzuhauchen.
Appell für überparteilichem Spagat
Das verfallene Gebäude stehe schon viel zu lange ungenutzt. „Viele Versuche, es zu retten und ihm wieder Leben einzuhauchen, sind gescheitert“, so Fraktionsvorsitzender Jens Glasewald in der jüngsten Sitzung des Stadtrats. Das liege an der unterschiedlichen Ausrichtung der Gruppen, aber auch daran, dass einzelne Interessen politisch initiiert waren. Daher sei es nie zu einer konstruktiven Debatte um das Volkshaus und schon gar nicht zu mehrheitsfähigen Beschlüssen im Stadtrat gekommen. „Das bringt nicht weiter“, sagte er. Nach Ansicht der AfD müsse man in Sachen Volkshaus über politische Grenzen und einzelne Interessen zusammenarbeiten. Unmöglich sei das nicht, findet Jens Glasewald. „Bei der Aufstellung eines neuen Wirtschaftsförderungskonzeptes für die Stadt Weißwasser ist uns dieser Spagat gelungen“, warb er um Unterstützung des Antrags. Daher sollten alle Stadtratsfraktionen prüfen, wie sie zum Volkshaus Weißwasser stehen, statt den Antrag abzulehnen, nur weil er von der AfD kommt, so sein Appell.
Nur mit einem Mix im Nutzungskonzept
Ziel ist es, das immer weiter verfallende Volkshaus in den Vordergrund zu rücken und zu einem effizienten und komplex sanierten Zentrum zu entwickeln. Bislang seien derlei Bemühungen auf Grund der Komplexität des Vorhabens gescheitert. Aber gerade das könne die Chance sein.
Im Stadtrat forderte die AfD-Fraktion die Verwaltung auf, das Volkshaus möglichst kurzfristig als Strukturmittelprojekt zu beantragen und die Unterlagen dazu schrittweise einzureichen. Eine Finanzierung sei nur mit der Förderung aus dem Kohleausstiegstopf in Höhe von 95 bis 97 Prozent machbar. Dann soll die Verwaltung den „Grundsatzbeschuss zur Wiederbelebung und Sanierung unseres Volkshauses Weißwasser“ in den Stadtrat einbringen.
Für grundlegend falsch erachtet die AfD-Fraktion den in der Vergangenheit in Sachen Volkshaus favorisierten Ansatz, eine Nutzungsart in den Vordergrund zu stellen beziehungsweise sich auf eine oder zwei Nutzungen zu beschränken. Sie schlägt stattdessen eine Mischnutzung durch innovative neue Unternehmer, Rückkehrer, Kulturschaffende, Besucher, Kunden und Verwaltungsangestellte vor. Nur so könne es gelingen, das Gebäude wiederzubeleben und zu einem Magneten für das Stadtzentrum zu entwickeln.
Grundauslastung als Verwaltungszentrum
Durch den Umzug einzelner Verwaltungsbereiche, etwa des Glasmuseums, des Standesamtes, von Archiven und Lagern könne eine Grundauslastung des Volkshauses erfolgen. Damit würde eine nachhaltige Nutzung überhaupt erst möglich. Ob und wie hoch dieser Anteil ausfallen müsste, das soll nach Vorstellungen der AfD Ergebnis eines Architektenwettbewerbs sein. Es entlaste die Stadt an anderen Stellen, wo bei diversen Gebäuden ein Investitionsstau von 500.000 Euro besteht. Stattdessen könnten in der Zukunft Einnahmen von 400.000 Euro erzielt werden und der städtische Haushalt zudem eine immense Einsparung an Betriebskosten erfahren.
Innovations- und Gründerzentrum in der obersten Etage
Die 4. Etage mit einer geschätzten Fläche von 170 Quadratmetern könnte innovativen Rückkehrern oder Unternehmen Möglichkeiten zur Ansiedlung bieten, bei Bedarf ebenso das 3. Obergeschoss in gleicher Größe. Als sehr gutes Beispiel dafür wird das Gründungs- und Innovationszentrum Schwarze Pumpe Dock3 Lausitz benannt. Wie dort könnten auch im Volkshaus Innovationen und neue Arbeitsplätze – nicht nur räumlich gesehen – ganz oben stehen. Das sei zwar nicht viel, aber zumindest ein Anfang, so Jens Glasewald.
Neben Rückkehrern und Unternehmen würden auch Behörden Standorte für kurzfristige Ansiedlungen/Erweiterungen suchen – wie die Sächsische Agentur für Strukturentwicklung (SAS) oder die ENO (Entwicklungsgesellschaft Niederschlesische Oberlausitz mbH). Auch werde beispielsweise die ehemalige Kita Regenbogen vorgehalten, falls die Bafa (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle ) kurzfristig weitere Flächen benötigt.
Multifunktionaler Saal für die Kultur
Der große und der kleine Saal bieten sich für derartige Nutzungen an. Im kleinen Saal sowie in angrenzenden Räumen könnte das Glasmuseum untergebracht und somit auch behindertengerecht ausgestattet werden. In den Kellerräumen wäre Platz für Akten und Archive, auch sei dort eine Bar vorstellbar. Eine kleine Gaststätte im Erdgeschoss könnte im Sommer auch einen Biergarten inmitten des Zentrums betreiben und außerdem die Gäste von großen und kleinen Veranstaltungen oder privaten Feiern bewirten. Überdies soll ein multifunktionaler Saal für Kulturabende, Kinonachmittage, Tanzkurse, Veranstaltungen für das Gründerzentrum sowie für die Verwaltung zur Verfügung stehen – und endlich auch wieder für die Bürger.
Bürger bei Ideensuche willkommen
Mit dem Willen, dieses so wichtige Gebäude in Weißwasser zu erhalten und einer neuen Nutzung zuzuführen, möchte die AfD-Fraktion im Stadtrat die Diskussion anstoßen. Ihre Vorschläge für einen Mix im Nutzungskonzept seien als Anregungen zu verstehen – weitere Ideen willkommen.