Weißwasser
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Lachen mit Clown Pepino

Die Menschen auf andere Gedanken bringen, will der Zirkus Köllner. Dabei hat er selber eine schlimme Zeit hinter sich. Morgen beginnt sein Gastspiel in Weißwasser.

Von Constanze Knappe
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Clown Pepino bringt das Publikum zum Lachen, auch wenn ihm selber nicht immer so zumute ist. Schwere Zeiten hat die Zirkusfamilie Köllner hinter sich. Umso mehr freut man sich, dass es nun endlich wieder losgeht – und ganz besonders freuen sich die Kö
Clown Pepino bringt das Publikum zum Lachen, auch wenn ihm selber nicht immer so zumute ist. Schwere Zeiten hat die Zirkusfamilie Köllner hinter sich. Umso mehr freut man sich, dass es nun endlich wieder losgeht – und ganz besonders freuen sich die Kö © Joachim Rehle

Samantha Köllner genießt mit ihrem Töchterchen die Frühlingssonne. Maddison erblickte vor drei Wochen im Krankenhaus in Bautzen das Licht der Welt. Sie ist der jüngste Spross einer alteingesessenen Zirkusfamilie. Aber das weiß das kleine Mädchen natürlich noch nicht. Während es friedlich schlummert, ist die Mama schon ein bisschen hibbelig. Ab 10. März gastiert der Zirkus Köllner in Weißwasser. Mit dem Hula-Hoop-Reifen wird Samantha dann in der Manege stehen. Eigentlich ist sie ja Luftakrobatin. Ob die junge Mutter aber tatsächlich in die Höhe geht, das will sie lieber noch nicht versprechen. Probiert hat sie es immerhin schon. Während der Schwangerschaft nahm sie 18 Kilogramm zu, davon seien aber 16 schon wieder runter, erzählt sie durchaus ein bisschen stolz.

Zirkus in siebter Generation

Die 20-Jährige stammt aus einer Hamburger Zirkusfamilie. Vor drei Jahren lernte sie Jason Köllner kennen. Die beiden wurden ein Paar, sind seit diesem Januar verheiratet. „Einmal Zirkus – immer Zirkus“, sagt Samantha Köllner, die im zarten Alter von fünf Wochen auf dem Arm ihres Vaters das erste Mal in einer Manege war. Ein anderes Leben, so sagt sie, könne sie sich gar nicht vorstellen. Ihr Mann Jason (23), der Juniorchef des Zirkus’ Köllner, ebenso wenig. Er ist Artist in siebter Generation des 1884 gegründeten „Circus Gebrüder Köllner“. Bis heute ist es ein reiner Familienbetrieb. Und so werden in der Manege auch seine Eltern Jessica und Jürgen Köllner zu erleben sein.

Viel verpasst hat Samantha Köllner in der Babypause nicht. Seit November war der Zirkus quasi stillgelegt, durch Corona ausgebremst. Wegen der Pandemie war er schon 2020 in Vetschau gestrandet. Im Jahr darauf lief es nicht besser. Dabei gastieren Köllners seit fünf Jahren als Weihnachtszirkus in Görlitz. Das sollte auch 2021 so sein. Plakate waren gedruckt, viele Plätze reserviert. Da sagte das Gesundheitsamt wegen zu hoher Inzidenzwerte ab.

Ohne Auftritt kein Einkommen. Aber die Hilfsbereitschaft sei riesig gewesen. Überaus dankbar erzählt Samantha Köllner von den vielen Spenden: Futter, Heu und Stroh für die Tiere, Lebensmittel für die Zirkusleute, Geld für Fahrzeuge und Reparaturen. Ein Unternehmer aus Chemnitz habe ihnen sogar kostenlos einen Müllcontainer hingestellt und wieder abgeholt. Aber alle Mittel, die für Investitionen gedacht war, seien inzwischen aufgebraucht.

Vorurteile nehmen weiter zu

Auch sonst sei das Zirkusleben nicht mehr das, was es mal war. Als sie selber noch zur Schule ging, hätten Kinder Schlange gestanden, um die Ponys streicheln zu dürfen. Heute würden Zirkuskinder gemobbt, als Tierquäler oder Zigeuner beschimpft. „Es ist schlimm, was Kinder für Schimpfwörter drauf haben“, sagt die Luftakrobatin. Deshalb sei es mittlerweile üblich, dass Zirkuskinder nur die ersten vier Jahre am jeweiligen Gastspielort zur Schule gehen. Wie Jason Köllners jüngster Bruder Jadon, der in diesem Jahr die Zuckertüte bekommt. Der ältere Bernardo „macht Fernlehre“ und bekommt seine Unterlagen dafür direkt von der Zirkusschule.

Tolles Publikum in Weißwasser

Und dennoch: „Zirkus ist unser Leben“ – daran lässt die junge Frau keinen Zweifel. Längere Zeit in einem festen Haus? Das wäre nichts für sie. Früher, so erzählt Samantha Köllner, seien selbst die Kinder im Zirkuswagen zur Welt gekommen. Die kleine Maddison wird wie ihre Eltern im Zirkus aufwachsen. Ob sie später dabeibleibt und womöglich den Familienbetrieb von ihrem Vater übernimmt, das sei ihr selbst überlassen. Köllners sind jedenfalls froh, dass noch immer viele Menschen etwas für Zirkus übrig haben. Oft würden Erwachsene nur der Kinder oder Enkelkinder wegen mit in die Show kommen und seien hinterher von der familiären Atmosphäre begeistert.

Vor zwei Jahren gastierte der Familienzirkus schon einmal in Weißwasser. Samantha erinnert sich an „ein aufgeschlossenes und applaudierfreudiges Publikum“. Als am Montag die Zirkuswagen in Richtung Freizeitpark fuhren, hätten einige Leute sogar gewunken. „So eine Begrüßung tut gut“, sagt sie. Derweil bauen die Männer der Truppe das Zelt auf. Dank ihrer Routine ist das in drei bis vier Stunden erledigt. Acht Meter hoch und mit einem Durchmesser von 24 Metern bietet es 500 Zuschauern Platz. „Wir würden auch nur für zehn spielen“, sagt Samantha Köllner. Dann würden nur Unkosten bleiben. Aber man wolle das Publikum erfreuen, das so lange auf Zirkus verzichten musste. Auch sei es schön, wenn Spaziergänger am Stallzelt stehenbleiben. Die Köllners haben schottische Hochlandrinder, Zwerg-Zebus, argentinische Mini-Ponys, Hunde, Kaninchen und Tauben dabei. Die Kamele kommen noch. Alle Tiere würden vom Amtstierarzt untersucht und die Kontrollen im Tierbestandsbuch festgehalten.

Die Zirkusfamilie kommt geradewegs aus Görlitz. Auch sie beschäftigt die Sorge, dass der Ukraine-Krieg näherkommen könnte. „Man merkt, dass die Zuschauer Angst haben“, hat Samantha Köllner festgestellt. In Weißwasser ist die Show „Artistic, Magic & Animals“ zu sehen. Es sei Ehrensache, jedes Jahr mit einem neuen Programm zu starten. Jeweils im Sommer werden Ideen dafür gesammelt, dann übt zunächst jeder für sich selbst. Etwa zehn Wochen vor Weihnachten gehen die gemeinsamen Proben los. Ein Winterquartier haben die Köllners übrigens nicht. Sie hoffen sehr, dass sie 2022 wieder mit ihrem Weihnachtszirkus in Görlitz gastieren können.

Nächste Station: Hoyerswerda

Von Weißwasser aus ziehen sie weiter nach Hoyerswerda. Der Tourneeplan stehe eigentlich schon im Vorjahr fest. Es sei gar nicht so einfach, Auftrittsorte zu finden. Noch sei wegen der Pandemie die Unsicherheit in den Städten groß. Und Samantha Köllner weiß, dass es „viele Zirkusse und Kollegen gibt und alle wollen starten“.

Froh sind Köllners über die Unterstützung der Wohnungsbaugesellschaft mbH Weißwasser (WBG), die für einen Stromanschluss im Freizeitpark gesorgt hat. Die technischen Anlagen dort sind seit Herbst nicht mehr nutzbar, müssen erneuert werden . Auf Nachfrage von TAGEBLATT hatte die Stadt seinerzeit bestätigt, dass man den Veranstaltungsort aber ertüchtigen wolle.

Zirkus Köllner: vom 10. bis 13. März im Freizeitpark Weißwasser, Do 16 Uhr mit Überraschung für jedes Kind, Fr 16 Uhr Familientag – Erwachsene zahlen Kinderpreise, Sa 14 und 18 Uhr, So nur 11 Uhr. Tierschau täglich 10 bis 12 Uhr. Vorverkauf tägl. 10 bis 12 Uhr an der Zirkuskasse. Einlass nach 3G-Regel. Infos unter Telefon 0157 32360151

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