Green Space for Coworking and Consulting Rietschen heißt das Vorhaben, für das die Gemeinde Ende 2022 knapp drei Millionen Euro aus dem Strukturwandel-Fonds im sächsischen Revier zugesprochen bekam. Doch was verbirgt sich hinter diesem englischsprachigem Titel?
Die Antwort: Die Gemeinde Rietschen will einen Ort schaffen, an dem sich Mitarbeiter verschiedener Unternehmen – in der Regel sind es Solo-Selbstständige, Start-ups und unabhängige Auftragnehmer wie Wissenschaftler, IT-Spezialisten oder Berufsreisende – ein Büro samt aller technischen Geräte und Infrastruktur teilen. Das erspart ihnen Kosten, vermeidet die soziale Isolation sowie Ablenkung durch Homeoffice. Die Gemeinde wiederum profitiert von Sanierung und Belebung des Gebäudes, Einnahmen und dem Bekanntwerden des Angebots, welches noch dazu unweit vom Bahnhof und der Bahnstrecke Berlin – Görlitz sowie direkt an der B 115 gelegen ist. Vorteile, die mittel- und langfristig zu Dauerbelegung führen, können sogar die Chance auf Zuzug mit sich bringen.Und weil sich Rietschen schon seit 2011 unter dem Slogan „Wir gestalten mit Energie“ einem kommunalen Energiemanagement und dem bewussten und effizienten Umgang mit Energie, Umwelt- und Klimaschutz sowie ressourcenschonender Mobilität stellt, wird das künftige „Gemeinschaftsbürohaus“ eben auch „grün“.
Anlauf für zweite AntragshürdeDas meint nicht allein die gemeinsame Nutzung von Ressourcen durch die Mieter, sondern auch, weil das einstige Landwarenhaus einen parkähnlichen Außenbereich hat. Der stellt nach Reaktivierung wieder eine grüne Lunge und attraktivere Gestaltung der Ortsmitte dar, bietet Mietern sowie Nutzern von Lausitzer Eck oder Sporthalle einen Bereich der Ruhe und Erholung. Nicht zuletzt wird bei Sanierung und Umbau des Objektes auf Klimaschutz gesetzt. Die Möglichkeiten reichen da von gesetzlich vorgeschriebenen, modernen und innovativen Strom- und Wärmeanlagen über energetische Aspekte am Bau und können selbst Bodenbeläge, Auto- und Fahrrad-Sharing- sowie E-Lade-Stationen beinhalten. Was letztlich konkret entstehen wird, zeigt sich erst. Am Montag vergab der Gemeinderat nämlich einstimmig zunächst die Aufträge für die Elektro-Fachplanung an ein Büro aus Krauschwitz in Höhe von rund 51.000 Euro. Es war das einzige Angebot nach der Ausschreibung. Bei der Fachplanung Heizung-, Lüftung,- Sanitär entschieden sich die Räte unter drei Angeboten für das einer Cottbuser Firma. Die soll vorerst, bis zum Vorliegen der Fördermittelzusage, nur bis zur Genehmigungsplanung planen. Kosten: rund 28.000 Euro.
Die Planungen sind, laut Bürgermeister Ralf Brehmer, Voraussetzungen dafür, um die zweite und nächste Hürde in der Kohle-Geld-Antragsrunde nehmen zu können. „Sie werden für einen detaillierten Förderantrag und den Bauantrag gebraucht und, weil die Investitionssumme über 1,5 Millionen Euro liegt, noch mal geprüft“, so Brehmer. Zudem würden die Planungen auch Auskunft über die voraussichtlich wirklichen Kosten des Projekts geben und damit ebenfalls, was letztlich konkret mit den knapp drei Millionen Euro aus dem Strukturwandelfonds realisiert werden kann.
Um überhaupt an die Finanzierung zu kommen, muss die Gemeinde schnell handeln, weil die anvisierten Projektgelder – wenn alle Unterlagen rechtzeitig und vollständig vorliegen und selbst der Bund seine Zusage gegeben hat – schon bis 2026 verbaut sein müssen. Ein Grund, weshalb die Planungen jetzt vergeben werden mussten und Rietschen damit ein finanzielles Wagnis eingeht. Nicht nur, weil man für die beauftragten Fachplanungen und den parallel laufenden Objekterwerb in Vorkasse gehen muss. Insgesamt plant man mit einem Eigenanteil der Gemeinde von etwa 300.000 Euro. Ein Risiko ist das Vorhaben auch wegen der Folgekosten durch Objektpflege und -vermarktung und ihre Finanzierung. Trotzdem hält Rietschen daran fest. „Wir haben seit einiger Zeit und immer öfter Anfragen von bestehenden Unternehmen und jungen Unternehmern nach solchen Räumen“, erklärt Bürgermeister Ralf Brehmer und auch, dass es kein einfaches Vorhaben sei. Doch wenn es gelinge, sei eine Brache weniger im Ortskern und dieser wieder etwas attraktiver.