Ein bisschen war Diana Matiza am Donnerstagabend die Aufregung anzumerken. Der Domowina-Regionalverband Jakub Lorenc-Zalěski, dessen Vorsitzende sie ist, wollte zwei für Schleife bedeutende sorbische Persönlichkeiten mit der Enthüllung eines Denkmals ehren: Paul Lehnigk und Jakub Lorenc-Zalěski. Doch die Gäste der Feierstunde im Garten der Lehnigk-Villa erwartete nur ein grün verhüllter Sockel – ohne die Skulptur darauf. In Form eines sorbischen Lindenblattes ist sie 1,20 Meter hoch und einen Meter breit. Gefertigt wurde sie vom Künstler Jörg Tausch in Hoyerswerda. Allerdings war der Beton noch nicht vollständig ausgehärtet, somit ein Transport nach Schleife nicht möglich. Mit dem Blick auf ein Foto und etwas Fantasie konnten sich die Gäste, darunter auch Nachfahren der Geehrten, zumindest ansatzweise die Skulptur im Garten vorstellen. Am Datum der Feierstunde hielt man trotzdem fest. Auf den Tag am 18. Juli war der 150. Geburtstag von Lorenc-Zalěski, der als bedeutender sorbischer Schriftsteller zum Namensgeber des Regionalverbands wurde. Zuvor hätte am 8. Juli Fabrikant Paul Lehnigk seinen 125. Geburtstag gehabt.
Beide auch in Weißwasser aktiv
Juri Wuschanski ließ Leben und Wirken von Paul Lehnigk (1899–1948) Revue passieren: Als 14-Jähriger lernte der gebürtige Schleifer in einer Glasfabrik in Weißwasser den Beruf eines Industriekaufmanns, kaufte später eine Fabrik in Schleife, eine weitere in Uhyst. Er beschäftigte 120 Mitarbeiter, zumeist Sorben. Als Abgeordneter des Rothenburger Kreises vertrat er im Landtag die Rechte der Sorben. Und 1948 war er nach den Worten von Wuschanski „wohl als einziger Sorbe“ Mitglied des Volkskongresses für die Einheit Deutschlands.
Lehnigk wurde erster Vorsitzender des Domowina-Regionalverbands Niesky. Begabte Jugendliche zu fördern, sei ihm ein besonderes Anliegen gewesen. Als Förderer von Kunst und Künstlern hatte er unter anderem enge Kontakte zu Dorothea von Philipsborn, von der das Kreuz in der Schleifer Kirche stammt wie auch die Holzplastik „Drei Generationen in Schleifer Tracht“. Lehnigk setzte sich für sorbischen Unterricht ein und gründete Theatergruppen in Schleife, Rohne und Trebendorf, damit Erwachsene die Sprache pflegen. Nach einer plötzlichen Erkrankung und Operation verstarb er noch in der Nacht seiner Silberhochzeit im Krankenhaus Weißwasser.
Den Part zur Vorstellung von Jakub Lorenc-Zalěski (1874–1939) übernahm Sprachmotivatorin Juliana Kaulfürst. Lorenc hatte in Prag studiert, um Priester zu werden, dann aber den Försterberuf erwählt. Schon in jungen Jahren gab er sich selbst den Beinamen Zalěski, was so viel heißt wie „der hinter den Wäldern“. Er war Forstinspektor im Rheinland, sah sich selber mehr als „Holzgroßhändler und Dirigent der Sägewerke“. In jener Zeit schrieb er für die Zeitung „Łužica“ (Lausitz) und stand im Briefwechsel mit vielen Sorben.
Den gebürtigen Radiborer zog es zurück in die Lausitz. Als er 1920 sein Sägewerk in Schleife gründete (etwa 250 Meter von der Lehnigk-Villa entfernt), war das die Entscheidung zum Bleiben. 1923 gründete er den Kulturverein Swěrnosć (Treulichkeit), der später von Nazis verboten wurde, organisierte Feste auf den Dörfern, richtete die sorbische Bibliothek in Schleife ein. „Schleife ist für das Sorbenland, wie der Punkt in der Acht, wo die zwei Rundungen zusammenkommen“, schrieb er 1924. Zudem etablierte er sich als Schriftsteller. Er verstarb an einem Lungenleiden in Berlin.
Lorenc-Zalěski hinterließ literarische Texte, viele Briefe, sein Tagebuch und unzählige Zeitungsbeiträge. Von Lehnigk hingegen seien nur wenige Unterlagen erhalten geblieben, so Juri Wuschanski. Bekannt ist, dass er zusammen mit dem Schleifer Heinrich Hantscho in Weißwasser eine Druck- und Verlagsgenossenschaft gründete, um für die preußischen Sorben das Sorbische Tageblatt herauszugeben. Als Forstinspektor des Thyssen-Konzens war Lorenc-Zalěski ein vermögender Mann geworden und trat mit großen Anteilen dieser Genossenschaft bei. Wegen ihres engagierten Wirkens für das sorbische Volk und ihrer antifaschistischen Gesinnung wurden beide Männer von den Nazis verfolgt.
Skulptur wird erstmal eingelagert
Die Aufstellung des Denkmals im Garten der Lehnigk-Villa wäre ohnehin nur interimsweise erfolgt. Als Strukturwandelprojekt möchte die Gemeinde Schleife das einstige Fabrikanten-Wohnhaus zum Medizinischen Versorgungszentrum umbauen. Damit die Skulptur während der Bauarbeiten keinen Schaden nimmt, sollte sie eingelagert und später wieder aufgestellt werden. Nun wird sie wohl gleich eingelagert. Womöglich findet man aber noch eine andere Lösung, hofft Diana Matiza, „damit die Skulptur in der Zwischenzeit trotzdem der Öffentlichkeit zugänglich ist“.