Weißwasser
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Steht im Schleifer Kirchspiel eine Gemeindehochzeit bevor?

Gerüchte über Sondierungen in der Staatskanzlei machen die Runde. Einen Termin gibt es tatsächlich, Verhandlungen jedoch nicht, heißt es unisono.

Von Constanze Knappe
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Seit 1999 bilden Schleife und Trebendorf eine Verwaltungsgemeinschaft. Jetzt scheint die Eingemeindung dringender denn je. Man stehe ganz am Anfang, widersprechen die beiden Bürgermeister anderslautenden Gerüchten.
Seit 1999 bilden Schleife und Trebendorf eine Verwaltungsgemeinschaft. Jetzt scheint die Eingemeindung dringender denn je. Man stehe ganz am Anfang, widersprechen die beiden Bürgermeister anderslautenden Gerüchten. © Repro: arteffective/Schumann

Im Schleifer Kirchspiel brodelt die Gerüchteküche. Es gebe Sondierungsgespräche mit Schleife und Trebendorf in der sächsischen Staatskanzlei. Was da dran wäre, das wollte Mathias Lampe (AfD) am Dienstag in der Sitzung des Schleifer Gemeinderates wissen. Und wann denn die Räte darüber informiert würden? – Einen solchen Termin gebe es tatsächlich; den habe der Trebendorfer Amtskollege Locke gemacht, ließ der Schleifer Bürgermeister Jörg Funda (CDU) wissen. Von Sondierung aber könne überhaupt keine Rede sein.

Worum geht’s? Seit Monaten gibt es im Nordkreis Kritik an der Verteilung der Gelder aus dem Kohleausstiegs-Topf. Um die Aufmerksamkeit von Bund und Freistaat auf die kernbetroffenen Kommunen zu richten, hatten deren Bürgermeister am 5. November 2021 in Mühlrose die ehemalige Schulglocke als Mahnglocke geläutet – nachdem sie keinen anderen Weg mehr sahen, sich Gehör zu verschaffen. Überregional gab es dafür viel Zuspruch. Beim Freistaat hingegen kam die Aktion gar nicht gut an. Kurzerhand wurden die Bürgermeister aus dem Altkreis Weißwasser in die Staatskanzlei zitiert – zu einem Treffen mit Ministerpräsident Michael Kretschmer und dem Staatsminister für Regionalentwicklung, Thomas Schmidt (beide CDU).

Aderlass durch Umsiedlung

Bei der Gelegenheit wollte Bürgermeister Waldemar Locke (CDU) vom Regierungschef klipp und klar wissen, wie es mit Trebendorf weitergeht. Man habe sich seinerzeit auf die Umsiedlung von Mühlrose geeinigt, um bis zum Kohleausstieg 2038 Energieversorgung und Arbeitsplätze zu sichern. Für die Gemeinde bedeutet der Aderlass den Verlust von 200 Einwohnern. Mit den verbleibenden 600 Seelen wird die Gemeinde kaum noch selbstständig überlebensfähig sein. Wiederholt hatte sich Waldemar Locke mit der Bitte um Unterstützung an den Freistaat gewandt. „Ich bin jetzt vier Jahre im Amt. Da ist viel versprochen worden, aber wenig passiert“, sagt er auf Nachfrage von TAGEBLATT. Vergeblich warte man zum Beispiel auf Hilfen aus dem Finanzausgleichsgesetz.

Trebendorf lebt schon jetzt vom Selbstverzehr. Im Hinblick auf die Umsiedlung hatte die Rechtsaufsicht bei der Genehmigung des Haushalts die Gemeinde schon mehrfach angemahnt, sich mit dem Thema Eingemeindung zu befassen.

Kirchspiel nicht auseinanderreißen

Sinnvoll wäre ein Zusammenschluss mit Schleife. Seit 1999 besteht die Verwaltungsgemeinschaft (VG) im Kirchspiel. In Schleife werden die allermeisten Aufgaben für Trebendorf und Groß Düben miterledigt. Das bedeutet allerdings nicht automatisch die Gemeindeehe von Trebendorf und Schleife. Wiederholt waren auch andere Optionen, etwa Weißwasser, ins Spiel gebracht worden. Für den Trebendorfer Bürgermeister wäre das aber keine Lösung. „Ich würde es sehr bedauern, wenn das Kirchspiel zerschlagen wird“, erklärt er. Sollte sich aber doch eine Mehrheit für einen anderen Partner finden, müsste die Mitgliedschaft in der Verwaltungsgemeinschaft aufgekündigt werden. „Und das geht nicht einseitig“, weiß Jörg Funda. Weil das für Schleife erhebliche Konsequenzen hätte, darf man davon ausgehen, dass die dortigen Räte Trebendorf wohl kaum so ohne Weiteres ziehen lassen würden.

Das sind nur einige von vielen Punkten, die in Vorbereitung auf eine Eingemeindung zu berücksichtigen wären. Ganz zu schweigen von der Frage, in welcher Form die Bürger einzubeziehen sind. Ein erstes Gespräch dazu soll am 3. Februar stattfinden – in der Staatskanzlei. Doch wegen der anhaltenden Pandemie hat man sich auf eine Videokonferenz geeinigt. Auf Vorschlag von Waldemar Locke nehmen daran auch sein Schleifer Amtskollege Jörg Funda sowie Hauptamtsleiterin Marion Mudra und Kämmerin Dana Piehl der Verwaltungsgemeinschaft teil. Angeboten hatte Locke das ebenso seinem Groß Dübener Amtskollegen Helmut Krautz (SPD). Doch dieser habe ihm abgesagt, weil er darin keine Notwendigkeit für Groß Düben sieht.

Der Kreisgebietsreform 1994/96 in Sachsen folgte 1998 eine Gemeindegebietsreform. Seit den 2000-er Jahren gab es weitere freiwillige Zusammenschlüsse. Immer unter der Maßgabe einer Mindesteinwohnerzahl von 5.000. Angesichts der demografischen Entwicklung und Ausdünnung des ländlichen Raums ist dieser Grenzwert indes mehr als fraglich. In den sieben Dörfern der VG Schleife leben um die 4.300 Menschen. Dass es recht zeitnah gelang, den Termin mit der Staatskanzlei zu vereinbaren, zeigt nach Ansicht von Jörg Funda, dass man in Dresden dem Sonderfall Trebendorf doch einige Brisanz beimisst.„Diese Videokonferenz soll lediglich ein erstes Gespräch sein – nicht mehr und nicht weniger“, betont Waldemar Locke. Das habe nichts mit Sondierung zu tun. Es sei angedacht, dass Vertreter der Staatskanzlei später mit Zahlen und Fakten in den Gemeinderat kommen. Er selber hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er sich einer Eingemeindung nicht verschließt. „Lieber heute als morgen“, sagt er salopp. Seine Amtszeit als ehrenamtlicher Bürgermeister von Trebendorf endet am 8. Dezember 2024. „Bis dahin sollte die Entscheidung gefallen sein“, glaubt er.

Zusagen vom Freistaat gefordert

Von der Konferenz erwartet er Zusagen des Freistaats – und, dass klare Wege aufgezeigt werden. „Worthülsen hatten wir genug!“ Über den Inhalt der Konferenz wird er die Trebendorfer Räte am 9. Februar informieren. Die Sitzung in dieser Woche war ausgefallen, da sich wegen der Corona-Beschränkungen Gremien nur treffen dürfen, wenn Beschlüsse nicht aufzuschieben sind. Und das war nicht der Fall.

Als langjähriger Gemeinderat in Schleife gehörte Jörg Funda einst jener Arbeitsgruppe an, die nach einem Bürgerentscheid 2012 eine Fusion von Halbendorf und Groß Düben mit Schleife vorbereiten sollte. Dazu kam es dann aber doch nicht. Inzwischen Bürgermeister, wisse er von daher, dass es „ein langer und umfangreicher Weg“ ist. „Wir sind selbstverständlich zu Gesprächen bereit, wenn Trebendorf auf uns zukommt. Aber von Schleife geht keine Initiative dazu aus. Das ist die Angelegenheit der Gemeinde Trebendorf“, erklärte Funda auf Nachfrage von TAGEBLATT.

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