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Wohin die Kohledörfer nach dem Tagebau wollen

In einem Konzept werden sich Schleife, Trebendorf und Groß Düben gemeinsame Ziele setzen. Die Verwaltungsgemeinschaft kann so noch attraktiver werden.

Von Constanze Knappe
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Was nach dem Tagebau kommen soll, soll jetzt in der Verwaltungsgemeinschaft in eine neues Konzept geschrieben werden.
Was nach dem Tagebau kommen soll, soll jetzt in der Verwaltungsgemeinschaft in eine neues Konzept geschrieben werden. © Wolfgang Wittchen

Welche Schwerpunkte sich die Gemeinden Schleife, Trebendorf und Groß Düben nach dem Kohleausstieg setzen, das soll jetzt in einem „Enwicklungskonzept für die Verwaltungsgemeinschaft Schleife“ (VG) festgeschrieben werden. Mit dessen Erarbeitung wird das Planungsbüro Richter und Kaup in Görlitz beauftragt. Das beschloss der Gemeinderat Schleife am Dienstag mehrheitlich – bei einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen.

Wie Bauamtsleiter Steffen Seidlich erklärte, war 2006 schon einmal ein solches Konzept erarbeitet worden. Es beinhaltete Ziele zur Entwicklung der drei Gemeinden unter den Bedingungen des langfristigen Bergbaus. Es beschrieb Zukunftschancen trotz und mit der Kohle und gab außerdem Empfehlungen für Umsiedlungsstandorte. Etliche Maßnahmen daraus sind verwirklicht worden, allen voran der Neubau des Deutsch-Sorbischen Schulkomplexes in Schleife. Als weitere Beispiele für erledigte Vorhaben benannte Seidlich die beiden Kreisverkehre „als Eingangstore nach Schleife“, die Erweiterung des Grünschutzgürtels und ein Radwegekonzept.

Mit der Änderung des Revierkonzeptes der Lausitz Energie Bergbau AG (Leag) änderten sich jedoch die Rahmenbedingungen. Erst recht mit dem Kohleausstieg. Deshalb empfahl der Regionale Planungsverband Oberlausitz, das bestehende Konzept zu überarbeiten und für die drei Gemeinden gemeinsame Entwicklungsziele für die Zeit nach der Kohleförderung festzuschreiben. So sollte beispielsweise die wirtschaftliche Entwicklung für die VG als Ganzes betrachte werden. Und auch die Entwicklung des Erholungsgebietes am Halbendorfer See gewinnt durch gemeinsame Ziele.

Vor der Vergabe der Planungsleistungen in Höhe von 63.450 Euro hatte die Gemeinde Schleife eine Förderanfrage gestellt. Mit dem Beschluss könnten nun die Fördermittel beantragt werden, so der Bauamtsleiter. In Aussicht steht ein Zuschuss von 75 Prozent. Zu dem verbleibenden Eigenanteil von 25 Prozent gebe es Gespräche mit den Gemeinden Trebendorf und Groß Düben zur Übernahme der anteiligen Kosten von jeweils 5.300 Euro. Der Ratsbeschluss enthält den Zusatz, dass das Vorhaben nur dann durchgeführt wird, wenn es tatsächlich Geld aus dem Fördertopf gibt. Das Büro Richter und Kaup hatte schon das damalige Entwicklungskonzept erarbeitet.

Nicht allen Räten leuchtete die Notwendigkeit eines neuen Konzeptes für die VG ein. Mit Geld aus der Kommunalpauschale waren soeben erst die Dorfentwicklungskonzepte (DEK) für Schleife und die Ortsteile Rohne und Mulkwitz aufgestellt worden. Marco Jainsch (CDU) treibt deshalb die Frage um, was passiert, wenn Vorhaben aus den drei DEKs den Ideen des neuen Konzepts entgegenstehen. „Wir haben ja in allen drei Ortsteilen richtig viel Geld dafür ausgegeben“, begründete er seine Sorge.

In größeren Rahmen gestellt

„Das Konzept für die Verwaltungsgemeinschaft gibt den großen Rahmen vor. Da ist noch mehr rauszuholen als nur aus den Dorfentwicklungskonzepten“, erläuterte der Bauamtsleiter. Es mache Sinn, die Schwerpunkte aus den drei Ortskonzepten zu übernehmen, aber es gehe eben nicht nur um diese drei Dörfer. Und die Gemeinde Trebendorf hat bis jetzt noch gar kein Dorfentwicklungskonzept. In Groß Düben wurde erst vor wenigen Wochen der Startschuss zu dessen Erarbeitung gegeben.

Matthias Jainsch (CDU), der auch Ortsvorsteher von Rohne ist, hatte im Technischen Ausschuss gegen ein neues Konzept gestimmt, weil sich ihm das Ziel nicht so ganz erschloss. „Aber wenn die Zeit nach dem Tagebau für alle betrachtet werden soll“, sei dagegen wohl nichts einzuwenden, befand er jetzt. Matthias Jainsch ist überzeugt: „Wenn der Tagebau verschwindet, wird die Region hier noch interessanter.“ Bedenken hat er trotzdem. „In Trebendorf gibt es jede Menge erschlossene Baugrundstücke. Ein Entwicklungskonzept für die ganze VG würde bedeuten, dass in Rohne dann nichts mehr zu bauen geht“, stellte er fest. Und das dürfe aus seiner Sicht nicht passieren. Es gebe doch etliche junge Leute, die bauen wollen. „In Rohne haben wir 34 erschließbare Grundstücke, nur drei dürften dann noch erlaubt werden. Das geht gar nicht“, sagte er.

Nicht nur Gesamtsicht betrachten

„Trotz der Gesamtsicht müssen wir Entwicklungsmöglichkeiten in den Ortsteilen zulassen“, räumte der Bauamtsleiter ein. Er sehe da nicht die großen Probleme. „Es gibt Baulücken in Rohne, die werden wir genehmigen müssen. Aber nicht die Ausweisung von 34 neuen Baugrundstücken“, erklärte Seidlich. Bürgermeister Jörg Funda (CDU) sagte, dass es wichtig sei, wie Jainsch auf die Bedeutung der Dorfentwicklungskonzepte hinweise. Diese wurden mit Ratsbeschlüssen bestätigt. Und es gebe keinen Grund, dass sich der Schwerpunkte nicht im neuen Konzept der VG wiederfinden. „Die Nachfrage nach Baugrundstücken in der Gemeinde ist etwas abgeflacht. Aber ich gehe davon aus, dass sie wieder auf das Niveau von vor 2022 steigt“, so Funda.

Für Max Lewa (WV SV Lok Schleife), den stellvertretenden Schleifer Ortsvorsteher, ist die Notwendigkeit eines Konzeptes für die ganze VG klar gegeben. „Ich denke, es ist wie bei den Ärztehäusern. Wenn wir das in einen größeren Rahmen stellen, macht es mehr Sinn“, bekräftigte er. Aus den Erfahrungen der Erarbeitung des Schleifer Ortskonzeptes verwies er ausdrücklich auf die Bedeutung der Bürgerbeteiligung.