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Mit mehr Tempo zu grüner Energie

Leag und der weltweit führende Hersteller ESS wollen einen Langzeit-Energiespeicher in Boxberg bauen. Das wurde jetzt besiegelt – als ein Schlüssel zum Umbau des Lausitzer Reviers.

Von Constanze Knappe
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Gute Nachricht für den Energiestandort Boxberg: Mit der Unterzeichnung einer Vereinbarung legten jetzt Philipp Offenberg (Breakthrough Energy/v.l.n.r.), Thorsten Kramer (Leag), Eric Dresselhuys (ESS) den Grundstein für den technologischen Durchbruch von E
Gute Nachricht für den Energiestandort Boxberg: Mit der Unterzeichnung einer Vereinbarung legten jetzt Philipp Offenberg (Breakthrough Energy/v.l.n.r.), Thorsten Kramer (Leag), Eric Dresselhuys (ESS) den Grundstein für den technologischen Durchbruch von E © Foto: Leag

Der Bergbau- und Energiekonzern Leag will größter Erzeuger grünen Stroms in Deutschland werden. Das hatte Vorstandschef Thorsten Kramer vor einem Monat in Cottbus bekräftigt. Eine Überraschung sind diese Ambitionen nicht, denn schon seit geraumer Zeit wird zielgerichtet auf den Umbau des Unternehmens zur klimafreundlichen Energieerzeugung hingearbeitet. Damit verbunden ist auch ein Bekenntnis zum Standort Boxberg. Diesen Worten hat der Konzern jetzt eine weitere Tat folgen lassen: Die Leag und die ESS Tech Inc. (ESS), ein weltweit führender Hersteller von Langzeit-Energiespeichersystemen, unterzeichneten eine Vereinbarung über ihre Zusammenarbeit, um den Übergang zu grüner Energie zu beschleunigen. Voraussichtlich im dritten Quartal 2023 wollen beide Seiten dann einen Kooperationsvertrag eingehen. Sie planen den Bau eines Eisenflussbatteriesystems mit 50 MW/500 MWh am Standort des Kraftwerks Boxberg. Es soll 2027 in Betrieb gehen.

ESS hat Eisen-Redox-Flow-Batterien entwickelt und nutzt dafür eine nachhaltige Chemie, um kostengünstige Energiespeicherung zu ermöglichen. Die Technologie wird in Anlagen des Unternehmens bei Portland (Oregon/USA) hergestellt. Sie kommt bereits in dezentralen Systemen zum Einsatz. Außerdem laufen in den USA und Australien Projekte im Versorgungsmaßstab. Die ESS-Technologie soll zum standardisierten Baustein im Transformationsprozess der Leag werden. Sie ermöglicht eine Speicherkapazität für erneuerbare Energien von zwei bis drei Gigawattstunden an den Kraftwerksstandorten. 200 Millionen Euro sollen dafür investiert werden. Dabei strebt die Leag nach eigener Aussage eine Unterstützung durch zusätzliche Investoren und Interessensgruppen an.

Erstmals im industriellen Maßstab

„Wir freuen uns darauf, mit der Leag zusammenzuarbeiten, um das Modell für Versorgungsunternehmen und Gemeinden weltweit zu entwickeln, die von Kohle auf saubere, erneuerbare Energie umsteigen“, so Eric Dresselhuys, CEO von ESS. Der Einsatz erneuerbarer Energien und langfristiger Energiespeicher werde nicht nur zuverlässige, saubere Energie liefern, um den Grundlaststrom, der derzeit durch Kohle bereitgestellt wird, effektiv zu ersetzen, sondern auch wirtschaftliche Chancen und eine sauberere Umwelt für Deutschland schaffen, erklärte er. Leag-Vorstandschef Thorsten Kramer sieht in der Entwicklung kostengünstiger Langzeit-Energiespeicher einen „Schlüssel für die Transformation des Lausitzer Kohlereviers zu Deutschlands Grünem Powerhouse.“ Bei der Leag sei man stolz, diese Eisen-Redox-Flow-Technologie in großem Maßstab umsetzen zu können, bekannte er.

Bis 2030 plant das Unternehmen die Entwicklung von sieben Gigawatt erneuerbarer Energieerzeugung. Bis 2040 soll sich das auf 14 Gigawatt verdoppeln. Verbunden sind die ehrgeizigen Pläne mit einer Batterie-Speicherkapazität von zwei bis drei Gigawattstunden und einer Produktion von zwei Gigawatt grünem Wasserstoff. In Kombination sollen diese Technologien ein kohlenstofffreies Grundlast-Energiesystem schaffen. Am Standort Boxberg ist ein Kraftwerk geplant – in einer Kombination aus großtechnischem Stromspeicher sowie der Produktion, Speicherung und Verstromung von grünem Wasserstoff, der mit Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird. Wasserstoff gilt landläufig als „Hoffnungsträger der Energiewende“. Die Kombination der Technologien ist anspruchsvoll. Wenn all das voll einsatzfähig ist, will die Leag „erstmals ein System für die langfristige Pufferung erneuerbarer Energien in industriellem Maßstab demonstrieren“, heißt es. Perspektivisch könnte damit die Versorgungslücke im Bereich der Grundlast kompensiert werden, die nach dem Kohleausstieg entsteht. Ebenso könnte Erdgas als Energieträger ersetzt werden.

Durch Technologien unabhängiger

Die Entwicklung und Einführung der neuen Technologien soll möglichst schnell vorangetrieben werden. Dazu werden Leag und ESS Teil der Energy Resilience Leadership Group (ERLG). Das Netzwerk bringt Unternehmen, politische Entscheidungsträger, Finanzinstitute und Start-ups an der Schnittstelle technologischer Machbarkeiten zusammen. Es wurde auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2023 ins Leben gerufen, um Europa durch die rasche Einführung neuer Klimatechnologien im Energiebereich unabhängiger zu machen Das von Leag und ESS vereinbarte Vorhaben gehört zu jenen Projekten, die das ERLG-Netzwerk beschleunigen will.„Wir freuen uns, eine langfristige strategische Beziehung zwischen den Energie- und Technologieexperten Leag und ESS durch die Energy Resilience Leadership Group zu unterstützen“, sagte Philipp Offenberg, Senior Manager Europa bei Breakthrough Energy. „Die Bereitstellung von grünem Grundlaststrom dank skalierbarer, langlebiger Energiespeicher wird eine große Herausforderung bei der Dekarbonisierung lösen“, begründete er. Sie werde aber auch die Widerstandsfähigkeit der europäischen Energieversorgung verbessern, da in Zukunft weniger Erdgas für die Notstromerzeugung benötigt wird.