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Wie diese Lausitzerin zum ultralangen Meistertitel lief

Jasmin Beer gewinnt in Bottrop den Ultramarathon über 50 Kilometer. Dabei war es zuletzt ruhig um sie geworden - und ihre Erwartung gering.

Von Frank Thümmler
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Typisch Jasmin Beer: Kein Jubel beim Zieldurchlauf, auch als Siegerin in Bottrop nicht. Dafür der Blick auf die Uhr.
Typisch Jasmin Beer: Kein Jubel beim Zieldurchlauf, auch als Siegerin in Bottrop nicht. Dafür der Blick auf die Uhr. © privat

Bottrop. Mit einem Paukenschlag hat sich die Weißwasseraner Laufsportlerin Jasmin Beer zurückgemeldet. Die 23-jährige Studentin wurde Deutsche Meisterin im Ultramarathon über 50 Kilometer in Bottrop, in starken 3:41:56 Stunden – fast wie „Phoenix aus der Asche“.

Denn in den vergangenen Jahren war es ruhig geworden um das einstige Riesentalent für lange Laufstrecken. Jasmin Beer, die mit sechs Jahren bei der TSG Kraftwerk Boxberg/Weißwasser mit der Leichtathletik begonnen hatte und nach ihrem Abitur im Landau-Gymnasium Weißwasser seit vier Jahren in Potsdam Sportwissenschaften studiert, war 2016 als gerade einmal 18-Jährige Dritte der deutschen Meisterschaften im Halbmarathon in 1:21:12 Stunden geworden und hatte ihren ersten Marathon unter drei Stunden absolviert.

In den Folgejahren warf sie aber erst eine Erkrankung (Pfeiffersches Drüsenfieber) zurück. Dann geriet sie an einen Trainer, der eher Spezialist für die „kurzen“ Langstrecken bis 5.000 Meter war und Jasmin Beer dahin trimmen wollte. „Das war aber nichts für mich. Ich wurde trotz des ganzen Trainings eher schlechter als besser“, sagt Jasmin Beer, die Anfang dieses Jahres zum Berliner Trainer Volkmar Scholz wechselte. Der ließ sie wieder die langen Strecken trainieren.

Der Knick kommt spät

„Ich trainiere viel größere Umfänge, komme im Jahr auf rund 5.000 Kilometer, und das schlägt bei mir viel besser an“, sagt Jasmin Beer, die inzwischen für den Potsdamer LC startet. Und weil sie im Training auch schon mal 50 Kilometer gelaufen war, dazu nicht selten über 30 Kilometer, gab es die Idee des Starts bei den Meisterschaften in Bottrop.

„So groß waren meine Ambitionen da gar nicht. Ich wusste, dass irgendwann der Knick kommt, vielleicht so bei 35 Kilometern. Da sind es aber noch 15 Kilometer. Ich wollte einfach nur durchkommen und vielleicht in der Altersklasse vorn dabei sein“, sagt sie.

Sie begann den 50 Kilometer-Lauf in Bottrop eher defensiv, befand sich nach der Hälfte der Distanz in einer größeren Gruppe. „Zu diesem Zeitpunkt fühlte es sich für mich nach einem ‚lockeren Trainingsläufchen‘ an“ sagt Beer. Ihr Trainer Volkmar Scholz gab dann die Anweisung: „Weglaufen!“.

Jasmin Beer forcierte also die Geschwindigkeit und gewann schnell einen Vorsprung vor der Gruppe. Bei Kilometer 30 lief sie auf die bis dato Führende auf, übernahm die Spitze. Der „Knick“, manche sagen auch „Mann mit dem Hammer“, kam nicht bei Kilometer 35, auch nicht bei der Marathondistanz. Erst die letzten fünf, sechs Kilometer waren wirklich hart.

„Ich war froh, dass der Knick so spät kam. Ich war informiert, dass ich einen relativ großen Vorsprung habe. Auf den beiden letzten Kilometern war ich mir dann sicher, dass ich gewinnen würde“, sagt sie und beschreibt, dass sie relativ locker durchs Ziel laufen konnte – mit viel Freude nach Innen. „Ich bin nicht so der Typ, der das nach Außen zeigt.“

Der Traum vom internationalen Wettkampf

Der Vorsprung betrug dreieinhalb Minuten, die zweiten 25 Kilometer waren rund zwei Minuten schneller als die ersten 25 Kilometer, was für Reserven spricht. Auch, dass sie sich schnell erholte. „Ich habe mich auch einen Tag später gut gefühlt, hätte eigentlich gleich wieder loslaufen können“, sagt sie.

Der deutsche Meistertitel lässt nun Träume realistischer werden. „Irgendwann würde ich gerne mal bei einem internationalen Wettkampf wie einer EM starten“, sagt sie. Die in Bottrop gelaufene Zeit bedeutet Platz 16 in der Weltjahresbestenliste und Platz drei in der Deutschen Jahresbestenliste. Im nächsten Frühjahr will Jasmin Beer ein zweites Mal über 50 Kilometer starten und sich für die Europameisterschaft qualifizieren.

Zur offiziellen Norm fehlen drei Minuten. Die sind drin, schon allein deshalb, weil der Lauf in Bottrop nicht ausschließlich auf Straßen, sondern teilweise im Gelände stattfand. Und auch den Marathon hat Jasmin Beer nicht aus den Augen verloren. Ihre Durchgangszeit in Bottrop war bei 3:06 Stunden. Die Drei-Stunden-Grenze scheint also wieder greifbar. Vielleicht ist noch mehr drin.

„Über Zeiten haben wir mit meinem Trainer noch gar nicht gesprochen. Wir wollten erst dieses Jahr abwarten, schauen, wie das Training anschlägt und dann weitere Pläne machen“, sagt Jasmin Beer, die weiter als Leistungssportlerin unterwegs ist und in Potsdam den Master-Studiengang absolviert.

Davor aber sind Erholung und das Treffen mit alten Bekannten angesagt – am Sonntag war Lauftreff in Weißwasser.