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Weltenbummlerin auf Heimatbesuch

Die Dresdner Goldschmiedin Anne Frenzel lebt und arbeitet jetzt in Kolumbien. Der Neustart war allerdings alles andere als leicht.

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Von Katalin Valeš

Die Liste der Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts ist lang: Terrorismus, Landminen, Kriminalität, Drogen, medizinische Hinweise zum Zika-Virus – um nur einige davon zu nennen. Trotzdem hat sich Anne Frenzel von den Warnungen nicht abschrecken lassen: Vor zweieinhalb Jahren zog die Dresdner Goldschmiedin und Schmuckdesingerin mit Mann und Kindergartenkind in die Millionenstadt Bogotá – die Hauptstadt Kolumbiens.

Mit ihren vielseitigen, individuellen Schmuckstücken will Anne Frenzel die weibliche Schönheit untermalen. Hier einige Beispiele verschiedener Kollektionen. Fotos: privat
Mit ihren vielseitigen, individuellen Schmuckstücken will Anne Frenzel die weibliche Schönheit untermalen. Hier einige Beispiele verschiedener Kollektionen. Fotos: privat © privat
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Mit ihren vielseitigen, individuellen Schmuckstücken will Anne Frenzel die weibliche Schönheit untermalen. Hier einige Beispiele verschiedener Kollektionen. Fotos: privat
Mit ihren vielseitigen, individuellen Schmuckstücken will Anne Frenzel die weibliche Schönheit untermalen. Hier einige Beispiele verschiedener Kollektionen. Fotos: privat

Ein Faible für fremde Länder und Kulturen hatte Anne Frenzel schon immer. Weil sie unbedingt Spanisch lernen wollte, ging sie nach dem Abitur für ein Jahr als Au-Pair nach Teneriffa. Dort verliebte sich die damals 19-Jährige in einen argentinischen Schmuckhandwerker. Nach ihrem Au-Pair-Dienst packte sie ihren Rucksack und reiste mit ihm durch Argentinien, Brasilien, Guatemala und Mexiko. Zwei Jahre waren sie unterwegs und lebten von selbstgemachten Schmuckstücken, die sie auf Handwerkermärkten verkauften. Wo immer sich ihr die Gelegenheit bot, nutzte Anne Frenzel jede Chance, um mehr über das Schmuckhandwerk zu lernen.

Als sie nach Deutschland zurückkehrte, wusste sie, dass sie ihren Traumberuf gefunden hatte und, dass sie weiterlernen wollte. Kaum in Dresden angekommen, war sie auch schon wieder weg. Sie zog nach Wismar, um dort Schmuckdesign zu studieren. Das vorgeschriebene Studienpraktikum absolvierte sie im Kunsthofpassagenatelier „ultramaringelb“. Kaum hatte Anne Frenzel das Diplom in der Tasche, packte sie erneut das Reisefieber. Mit Lötkolben, Metallscheren, Zangen und einem Motor zum Polieren und Schleifen im Gepäck ging sie nach London. „Mein Koffer war echt schwer,“ erinnert sie sich und lacht bei dem Gedanken daran, wie dessen Rollen unter dem Gewicht ihrer provisorischen Mini-Werkstatt wegbrachen. Nach knapp einem Jahr zog sie weiter. Bei einem Goldschmied in Brasilien organisierte sich die Weltenbummlerin ein Praktikum, um im Anschluss daran durch Bolivien, Guatemala und Peru zu reisen. „Das Unterwegssein weitet den Blick und inspiriert meine künstlerische Arbeit“erzählt Anne Frenzel.

„Dresden erdet mich“

Auch wenn die heute 36-Jährige viel herumgekommen ist in ihrem Leben; rastlos und getrieben wirkt sie nicht. Wenn Anne Frenzel spricht, redet sie mit einer ruhigen, sanften Stimme. „Dresden erdet mich immer wieder. Hier zu sein, ist für meine Arbeit genauso wichtig wie das Reisen.“ Vielleicht ist das auch ein Grund, warum sie immer wieder zurückkehrte. Einige Jahre arbeitete Anne Frenzel nach ihrer großen Reise in einer Atelliergemeinschaft in der Rähnitzgasse. Sie half angehenden Ehepaaren dabei, ihre Eheringe selbst zu schmieden, stellte ihre eigenen Kreationen auf Ausstellungen aus und verkaufte ihren Schmuck zur BRN oder zum Elbhangfest. Ihr Kundenstamm wuchs und ist ihr bis heute treu. Irgendwann trat ihr jetziger Mann in ihr Leben. Sohn Theo kam auf die Welt, als Anne Frenzel 29 Jahre alt war. Die drei lebten in einer Zweizimmerwohnung in der Dresdner Neustadt. „Ich mochte dieses Kiezleben sehr: Mal bei der Nachbarin auf ein Glas Wein vorbeischauen, die Blumen gießen, wenn jemand verreist ist oder sich auf dem Spielplatz mit Bekannten zu treffen, das fand ich immer schön,“ erinnert sie sich. „Wenn ich hier bin, weiß ich viel Alltägliches zu schätzen, das es woanders nicht gibt. Die Lebensqualität ist in Dresden sehr hoch,“ findet sie.

Zurzeit ist sie auf Heimatbesuch. Anne Frenzel genießt die warmen Sonnenstrahlen am Elbufer und die Ruhe. Bogota ist gerade sehr weit weg. „Es ist dort auf dem Andenhochplateau immer etwas kühl,“ sagt Anne Frenzel und schüttelt sich, bevor sie weiterspricht: „Es ist auch unglaublich laut. Der Verkehrslärm und der Smog sind enorm. Wenn ich Besorgungen mache, muss ich an achtspurigen Straßen vorbeifahren. Wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs bin, fällt das Atmen oft schwer.“ Dresden tue ihr gut, denn die soziale Ungleichheit in ihrer neuen Heimat ist manchmal nur schwer zu ertragen. „Armut ist dort allgegenwärtig. Wirkliche Armut. Kein soziales Netz fängt die vielen Wohnungslosen und Drogenabhängigen auf.“ Die prägten an vielen Orten das Stadtbild. Wer es sich leisten könne, wohne in den Vierteln mit Müllabfuhr, Schulen und niedrigerer Kriminalitätsrate. Bildung sei ein Privileg.

Trotzdem bereut sie ihren Umzug von Dresden in die kolumbianische Metropole nicht. Sie ist fasziniert von atemberaubenden Landschaften: Gletscher, Wüsten, Gebirge. Die fröhliche Lebensweise ihrer neuen Nachbarn gefällt ihr, und auch die artenreiche Tier- und Pflanzenwelt Kolumbiens. Ihr Mann, promovierter Biologe, hat kürzlich eine neue Schildkrötenart entdeckt. Die neue Spezies zählt – und das ist kein Scherz – zur Gattung der Schmuckschildkröten. Ein witziger Zufall, wie Anne Frenzel findet. Ausschlaggebend für den Neuanfang in Kolumbien waren aber weniger Abenteuerlust und Entdeckerdrang, sondern eher pragmatische Gründe: „In Kolumbien hatte mein Mann mit seinem Fachgebiet die besseren Jobaussichten. Außerdem ist er in Bogota aufgewachsen.

Bessere Chancen für die Familie

Deshalb bedeutet seine Rückkehr auch, dass ihm ein Teil seines Studienkredits erlassen wird. Für uns als Familie ist das eine große finanzielle Entlastung“, erzählt Anne Frenzel. Während sie spricht, beobachtet sie Kinder, die lachend Steine in die Elbe werfen. Ihr Sohn Theo ist diesmal nicht mit nach Dresden gekommen. Erst vor Kurzem wurde bei dem Sechsjährigen die Augenkrankheit Grauer Star diagnostiziert. Die Ursache dafür scheint eine genetisch bedingte Rheuma-Erkrankung zu sein. „Mit der medizinischen Versorgung in Kolumbien sind wir aber zufrieden“, sagt Anne Frenzel. Nach Rücksprache mit Dresdner Ärzten hat die Familie entschieden, in Kolumbien zu bleiben. Sie hofft, dass die Familie im nächsten Sommer wieder komplett nach Dresden kommen kann, denn wiederkommen wird sie bestimmt.

www.annefrenzel.de