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Wenig Plätze für Kurzzeitpflege

Wer nach einem Klinikaufenthalt vorübergehend stationär gepflegt werden muss, sucht oft vergeblich.

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© privat

Von Rita Türpe und Sylvia Jentzsch

Für die meisten Patienten sind mit der Entlassung aus dem Krankenhaus Probleme gelöst, für ältere und gebrechliche Patienten fangen sie jedoch meist erst an. So stand eine Seniorin aus Rochlitz kürzlich vor einem Problem, als ihre Behandlung wegen eines Knochenbruchs im Mittweidaer Krankenhaus endete. Den Alltag zu Hause konnte die über 80-Jährige selbstständig noch nicht wieder meistern. Die naheliegende Lösung in dem Fall wäre ein Platz in einer Kurzzeitpflege gewesen. Doch in der Region war so kurzfristig kein freier Platz zu finden.

Der Sozialdienst der Klinik konnte nur auf Einrichtungen in Leipzig oder Freiberg verweisen, erklärte ein Angehöriger. Die Familie aus Rochlitz organisierte eine ambulante Betreuung und suchte weiter nach einem freien Kurzzeitpflegeplatz in der Region. „Es gab reihenweise Absagen, bevor es nach mehr als einer Woche in Rochlitz klappte“, so der Angehörige.

Plätze meist schon verplant

Kurzzeitpflege bieten zwar einige Pflegeheime in der Region an. Doch die Plätze seien überwiegend durch vorhersehbaren Bedarf – etwa wegen Urlaubs pflegender Angehöriger oder nach geplanten Operationen – ausgelastet, erklärten Mitarbeiter von Kurzzeitpflege-Einrichtungen auf Anfrage der „Freien Presse“. Deshalb könne es schwer sein, jemanden, der von heute auf morgen pflegebedürftig ist, nah am Wohnort unterzubringen.

„Die Krankenhäuser sind ein stetiger Nachfrager. Der Bedarf liegt wesentlich über dem Angebot“, sagt Christine Zwinscher, Geschäftsführerin der Unternehmensgruppe Zwinscher & Ludwig. So biete sie in Frankenberg und in Königshain-Wiederau je zwölf Kurzzeitpflegeplätze an. Vor allem im Sommer seien die meist im Voraus bestellt, meist wenn pflegende Angehörige verreisen. Die Auslastung der Plätze schwanke täglich. Ergebe sich keine Möglichkeit zur stationären Aufnahme, ließe sich ambulante Hilfe vereinbaren.

Im Altkreis Döbeln sind Kurzzeitpflegeplätze auch rar. Da sind Brambor Pflegedienste fast eine Ausnahme. „Die Villa ‚Zum Rüderpark‘ in Roßwein bietet für 13 Besucher eine individuelle Betreuung und Pflege an. Zusätzlich verfügen wir noch über 1 Notbett“, sagte Anne Eichhorn, Marketing-Managerin bei Brambor Pflegedienstleistungen. Die Nachfrage nach Plätzen für die Kurzzeitpflege sei sehr groß. Täglich erreichen das Haus bis zu fünf Anrufe. „Um den Leuten und den Angehörigen zu helfen, suchen wir nach einem gemeinsamen Lösungsansatz“, sagte Anne Eichhorn. Das Pflegedienstunternehmen bekomme häufig Anfragen aus der Region Döbeln und umliegenden Städten wie Roßwein, Hartha und Waldheim. Es gebe sogar überregionale Nachfragen aus den Großstädten.

„Die Angehörigen melden sich bei uns und wir vereinbaren ein persönliches Beratungsgespräch. Das ist unverbindlich und kostenfrei. Allerdings bitten wir um eine telefonische Terminabsprache“, so Anne Einhorn. Nur durch Absprache könne eine optimale und individuelle Pflege und Betreuung erreicht werden“, sagte die Mitarbeiterin für das Marketing. Als Vertragspartner der Pflegekassen unterstützen Brambor Pflegedienste potenzielle Klienten und deren Angehörige und übernehmen mit Einverständnis des Angehörigen alle Formalitäten für die Antragsstellung.

In der „Villa am Rüderpark“ können Menschen eine Kurzzeitpflege in Anspruch nehmen, auch ohne einen Pflegegrad zu besitzen.

Brambor Pflegedienstleistungen kann s ebenso mit einer Bestnote von 1,0 bei der MDK-Qualitätsprüfung beweisen, dass professionelle und kompetente Pflege nicht nur aus schönen Worten besteht.

Hoher bürokratischer Aufwand

Die Sozialservicegesellschaft in Rochlitz hat seit 22 Jahren fünf Kurzzeitpflege-Plätze, die laut Geschäftsführer Knut Bräunlich „immer belegt“ sind. Künftig rechnet er mit weiter steigender Nachfrage. „Kurzzeitpflegeplätze sind wertvoll“, sagt er. Für die Anbieter sei der Verwaltungsaufwand jedoch gemessen an der kurzen Verweildauer der Pflegebedürftigen erheblich. Mehr Plätze zu schaffen, sei für ihn auch wegen Personalknappheit kein Thema.

Qualifizierte Mitarbeiter bezeichnet auch Jörg Hirschel, Vorstandschef des DRK-Kreisverbandes Döbeln-Hainichen, als die „problematische Kennzahl“, wenn dem zunehmenden Bedarf an Kurzzeitpflege begegnet werden soll. Pläne zur Erweiterung gebe es, sagt er. Aktuell bietet der Verband Plätze in den Pflegeheimen in Hainichen und Kriebstein an, aber deren Anzahl sei abhängig von der Nachfrage. Wenn keine Nachfrage zur Kurzzeitpflege besteht, werden die Plätze durch vollstationäre Aufnahmen vergeben. Wirtschaftliche Risiken sieht Hirschel unter anderem in der nicht planbaren Auslastung.

Drei Plätze gibt es laut Heimleiterin Angelika Weise im Kurzzeitpflegebereich der Diakonie Döbeln im Seniorenpflegeheim „Berta Börner“ in Roßwein – aber täglich bis zu fünf Anfragen. „Die Belegung ist derzeit bis Juli vollständig geplant. Bestellungen liegen bis über den Jahreswechsel hinaus vor“, sagt sie.

Nach Einschätzung der Sprecherin der Gesellschaft Vereinigte Gesundheitseinrichtungen Mittelsachsen in Freiberg, Kyreen Haupt, kommt es vor allem während der Urlaubszeit und über Feiertage zu Engpässen. Momentan seien die 18 Plätze, die Ambulante Gesundheitsservice-Gesellschaft im Unternehmensverbundvorhalte, komplett ausgelastet. Deshalb werde bei der Suche nach Plätzen für Patienten des 350-Betten-Kreiskrankenhauses in Freiberg der Radius über Chemnitz, Eppendorf und Oederan bis nach Meißen oder Freital erweitert. Darüber wird laut Haupt mit Angehörigen gesprochen, ab und an finde sich auch eine vorübergehende Lösung mit einem ambulanten Pflegedienst im häuslichen Umfeld. Die Nachfrage nach Kurzzeitpflegeplätze sei in den vergangenen Jahren gestiegen. „Die Menschen werden immer älter und pflegebedürftiger.“

Einen stark gestiegenen Bedarf und aktuell 100 Prozent Auslastung der in Rochlitz angesiedelten Kurzzeitpflege verzeichnet auch das zum Mittweidaer Krankenhaus gehörende Altenheim Schweikershain. Wie Krankenhaus-Sprecherin Ines Schreiber erklärte, könne die Nachfrage der Krankenhausgesellschaft und weiterer Kliniken im Umkreis nicht befriedigt werden. Ursachen sieht sie unter anderem in der Schließung der Kurzzeitpflege „Am Schwanenteich“ in Mittweida Ende November, im Fachkräftemangel und im hohen Krankenstand im Kreis. Der hohe Altersdurchschnitt der Bevölkerung sowie die große Anzahl Alleinlebender kämen hinzu.

Vor allem die ländliche Region sei von Engpässen betroffen, urteilt der Geschäftsführer des Diakoniekrankenhauses in Hartmannsdorf, Stephan Lazarides. Kurze Aufenthaltszeiten in den Krankenhäusern machten es erforderlich, innerhalb weniger Tage für oftmals hochbetagte Patienten die Pflege im Anschluss zu vermitteln. Derzeit prüfe der Diakoniekrankenhaus-Betreiber, ob eigene Kurzzeitpflegeplätze geschaffen werden. 18 Plätze wären laut Lazarides in Hartmannsdorf möglich. Allerdings müsse deren Wirtschaftlichkeit noch analysiert werden. (mit FP)