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Wenn der Bus nicht aufs Dorf kommt

Immer wieder gibt es Beschwerden von Fahrgästen der Linie 93. Eine Lösung für die Probleme ist schwer zu finden.

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© Arvid Müller

Von Annechristin Bonß

Pausengong, Sachen packen, Mittag holen, essen, Jacke anziehen, zum Bus rennen – das alles müssen Cossebauder Schüler in 20 Minuten packen. Gemütlich essen ist nicht drin. Für das Mittag bleiben maximal zehn Minuten. Die Oberschüler schlingen das Essen hinunter, um zum Bus zu kommen. Denn ist der weg, heißt es warten. Bis zu eine Stunde vergeht, bis der nächste Bus kommt, der die Kinder in die umliegenden Dörfer bringt. Die warten draußen, bei Wind, Sonne und Regen. Die Schule ist dann schon geschlossen. Meist toben die Kinder rund um das Erna-Berger-Denkmal an einer viel befahrenen Straße. Seit Jahren kämpft Schulleiter Dierk Paßmann mit diesem Problem. „Wir legen die Stundenpläne so, dass die Kinder hier wegkommen und nicht ewig auf den Bus warten müssen“, sagt er.

Auch Oberwarthas Ortsvorsteher Jens Kleinschmidt kennt das Problem. Wer aus der Ortschaft mit dem Bus fahren will, muss flexibel sein. Denn der hält hier nicht alle 60 Minuten – ein Rhythmus, der sich gut merken ließe. Mal sind es 57 Minuten, mal 75, die zwischen den einzelnen Abfahrtszeiten liegen. „Mitunter kommt der Bus gar nicht“, sagt Kleinschmidt. Oder er kommt eher, als auf dem Fahrplan steht. Manchmal halten sich die Fahrer nicht an den Plan und fahren vor der veranschlagten Zeit. Und die Anschlüsse stimmen nicht. Wer mit dem Bus aus Oberwartha in Cossebaude ankommt, der hat die S-Bahn in die Innenstadt gerade verpasst. Zwar fährt dann auch die 94 nach Dresden. Am Hauptbahnhof halten diese Busse aber nicht. Viele Beschwerden seiner Mitbürger hat der Ortsvorsteher schon gesammelt. „Keine Woche vergeht ohne“, sagt er.

Die Beschwerden kommen auch von Eltern und Erziehern aus der neuen Oberwarthaer Kita „Kleine Naturdetektive“. Lange haben die Anwohner um diese Einrichtung gekämpft. Doch nun, da die Eltern endlich einen kurzen Weg haben, um die Kinder in die Kita zu bringen, kommen die von dort kaum noch weg. „Ausflüge mit dem Bus sind schwierig“, sagt Elternsprecherin Jana Grimmer. Es sei schon vorgekommen, dass eine Gruppe nach dem Ausflug nach Cossebaude ebenfalls eine Stunde warten musste. Der Bus sei einfach ohne sie losgefahren, sagt die Mutter. Auch eine geplante Zusammenarbeit mit der Kita in Brabschütz wäre unter diesen Umständen nicht machbar.

Der Stadt sind die Beschwerden aus den Dörfern im Dresdner Westen bekannt. „Diese werten wir regelmäßig mit dem zuständigen Unternehmen aus“, teilt Karl Schuricht vom Presseamt mit. Vor allem Verfrühungen und witterungsbedingte Ausfälle bei Sturm und winterlichen Straßenverhältnissen seien Kritikpunkte gewesen. Um diese, aber auch das Problem mit den unregelmäßigen Abfahrten zu beheben, soll ein Gutachten helfen. Das soll Defizite und Lösungen aufzeigen. Ergebnisse liegen bereits vor. Noch will sich die Stadt aber nicht zu den Inhalten äußern. Die sollen zuerst in den Ortschaftsräten vorgestellt werden, sagt Schuricht.

Diese haben ihrerseits Forderungen an die Stadt gestellt. Die Linie 93 soll jede halbe Stunde, die 94 alle 15 Minuten fahren. Die Stundenzeiten der Ober- und Grundschule in Cossebaude sollen dabei beachtet und Wartezeiten allgemein deutlich verringert werden. Auch soll es in allen Bussen möglich sein, ein Ticket zu kaufen und zu entwerten. Das klappt bisher auch nicht bei jeder Fahrt. Ticketautomaten gibt es auf den Dörfern nicht. „Und die Fahrer sollen freundlicher sein“, sagt Jens Kleinschmidt. Auch darüber hätten sich Anwohner beschwert. Sicher eine Kritik, die jeder subjektiv anders empfindet.

Besserung wird es wohl erst ab 2019 geben. Ab dann gilt ein neuer Konzessionsvertrag. Den soll das Fuhrunternehmen Satra Eberhardt aus Kesselsdorf übernehmen. Derzeit ist Satra der Betriebsführer im Auftrag des Regionalverkehrs Dresden, ist also dafür zuständig, dass die einzelnen Linien fahren. Nach der Übernahme des Vertrags können qualitative Mängel direkt mit dem Unternehmen geklärt werden. Zudem hat die Stadt dann weitreichendere Handhabe. Das könne bis zur Kürzung der finanziellen Mittel führen, die Satra für die Buslinien erhält, sagt Schuricht. „Ziel ist die Einführung eines Ein-Stunden-Taktes auf den Buslinien im Dresdner Westen im Jahre 2019.“ Stimmt die Qualität nicht, drohen Bußgelder für das Fuhrunternehmen.

Das weiß auch Matthias Peschke, Geschäftsführer bei Satra Eberhardt. Er weiß aber auch, woran eine regelmäßige Buslinie derzeit scheitert. Dafür müsste ein drittes Fahrzeug auf der Strecke der 93 eingesetzt werden. „Das bedeutet derzeit schlichtweg, dass wir die Mehrkosten nicht bezahlt bekämen“, sagt er. Vor einem Jahr noch hatte er überlegt, Zeit auf einer Tour der Linie zu sparen, indem einzelne Haltestellen gestrichen werden. Das jedoch hätten die betroffenen Ortschaften abgelehnt. Kurzfristig wolle er investieren, um das Problem mit dem Ticketkauf im Bus zu lösen. Dafür muss in allen Fahrzeugen der Flotte die gleiche Technik vorhanden sein. Größere Änderungen im Fahrplan soll es erst geben, wenn das Gutachten vorliegt. Dann will Peschke mit den Ortschaften und der Stadt über den Vertrag verhandeln. „Ich hoffe, dass die Verbesserungen auf den Linien Anfang 2019 spürbar für den Kunden sind“, sagt er.