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Wenn der Müll strahlt

In der Landessammelstelle für radioaktiven Abfall in Rossendorf lagern keine Brennstäbe, dafür erstaunlich viele Alltagsdinge.

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© Sven Ellger

Von Kay Haufe

Rossendorf. Wer hätte gedacht, dass die akkurat geordneten Fässer im typischen Gelb des radioaktiven Zeichens solch einen Inhalt haben. Dicht gedrängt stehen sie in hohen Regalen in der Landessammelstelle in Rossendorf, auf dem Gelände, auf dem auch das Helmholtz-Zentrum ansässig ist. Vorwiegend Arbeitskleidung, Putzlappen, Mundschutz und Papier finden sich in den Fässern. Aber auch Folien oder Zellstoff.

Das klingt wie ganz normaler Alltagsmüll, ist es aber nicht. Denn das Material stammt aus Bereichen, in denen Menschen mit radioaktiven Stoffen gearbeitet haben, wie in Laboren, Forschungs- und medizinischen Einrichtungen. Es kann nicht einfach in die Waschmaschine, sondern muss aufgrund der Strahlenbelastung sicher aufbewahrt werden. Doch auch ganz andere Dinge landen in den gelben Fässern, wie beispielsweise private Mineraliensammlungen, von denen durchaus eine ganz beachtliche natürliche Strahlung ausgeht.

Das meiste aus Sachsen

Susann Lau leitet die Landesammelstelle für radioaktive Abfälle des Freistaates Sachsen, die sich in Rossendorf befindet. Auch die Länder Thüringen und Sachsen-Anhalt lassen ihren kontaminierten Abfall hierherbringen. „Doch der Löwenanteil, fast 80 Prozent, kommt aus Sachsen. Wir haben deutlich mehr Universitäten, Kliniken und andere Einrichtungen, in denen radioaktives Material anfällt“, sagt Lau. Rund 100 verschiedene Institutionen liefern jährlich in Rossendorf ab. Darunter auch Schulen, die beispielsweise ihre Strahlungsquellen abgeben, mit denen im Physikunterricht die radioaktive Strahlung und damit zum Beispiel mögliche Abschirmmöglichkeiten demonstriert werden. Seit 1993, seit es die Landessammelstelle gibt, sind 170 Kubikmeter radioaktiver Abfall angefallen. Darunter sind auch Flüssigkeiten, die in Kanistern lagern.

Mehr als 500 Fässer sind gefüllt, in jedes passen 200 Liter. Ihre Deckel sind fest verschraubt, doch ansonsten unterscheiden sie sich nicht von anderen. Es gibt keine verstärkten Wände oder Bleischürzen. „Vor dem Bau der Halle wurde festgelegt, wie die einzulagernde Aktivität sein darf. Kommt so viel Material wie bisher, haben wir noch genügend Zeit, bis das Lager voll ist“, sagt Lau. Um sicherzustellen, dass weder das Gas Tritium, das zum Beispiel in der Medizin zur Markierung bestimmter Substanzen verwendet wird, noch Strahlung nach außen gelangt, wird die Halle an vielen Stellen überwacht. Auch die Luft wird untersucht.

Spezialsonden angebracht

Zudem sind innen Spezialsonden an verschiedenen Stellen in der Halle angebracht. „Wir müssen zu jedem Zeitpunkt nachweisen können, dass die Anlage keinen Einfluss auf die Umgebung hat“, sagt Dietmar Schlösser, Leiter des Vereins Strahlenschutz, Analytik & Entsorgung Rossendorf (VKTA). Der Verein betreibt die Sammelstelle im Auftrag des Freistaates. Susann Lau ist mit einer Kollegin dafür zuständig, jedes Fass einmal jährlich auf äußere Schäden zu kontrollieren. „Das haben wir in unserer eigenen Qualitätssicherung so festgelegt“, sagt Schlösser. Ist beispielsweise Farbe abgeplatzt, muss sofort nachlackiert oder der Inhalt in ein neues Fass umgepackt werden. „Bisher ist das aber erst einmal vorgekommen“, sagt Lau.

Bis es in Deutschland ein aufnahmebereites Endlager für radioaktive Abfälle gibt, müssen diese in den Landessammelstellen wie Rossendorf bleiben. Weil das möglicherweise Kapazitätsprobleme bereiten könnte, versuchen die Mitarbeiter, den Müll zu minimieren. „Material wie Bekleidung wird zum Beispiel in besonders dafür ausgelegten Anlagen wie Karlsruhe oder Jülich verbrannt“, sagt VKTA-Chef Schlösser. Damit müsse nur noch ein Zehntel das Ausgangsmaterials aufbewahrt werden. Auch Pressen ist möglich. Bei Flüssigkeiten können diese über einen Ionentauscher geschickt werden, wo sich die radioaktiven Stoffe an ein Harz anlagern, was dann verbrannt werden könnte. „Aber das lohnt sich nur, wenn wir wirklich große Mengen haben“, sagt Schlösser.

Kernkraftwerke lagern ihre Abfälle übrigens selbst in eigens dafür vorgesehenen Objekten. Auch belastete Baustoffe, die vom Abriss des Rossendorfer Forschungsreaktors zurückgeblieben sind, lagern nicht in der Landessammelstelle, sondern im Zwischenlager, das sich auch auf dem Areal des VKTA befindet.

Wer mehr über die Landessammelstelle erfahren möchte, kann dies am 9. Juni von 10 bis 16.30 Uhr am Forschungsstandort Rossendorf. Beim Tag der offenen Tür wird über den Rückbau der Altanlagen und über die Aufgabenschwerpunkte des VKTA informiert.