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Wenn einer für den anderen da ist

Seit 40 Jahren sind sie Nachbarn. Sie leben neben-, aber vor allem miteinander. Besonders, wenn eine von ihnen Hilfe braucht.

Von Cathrin Reichelt
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Für Gudrun Bodak (Mitte) sind Ursula Hofmann (links) und Bärbel Vogt zu unentbehrlichen Helferinnen geworden. Die drei Frauen wohnen seit 40 Jahren in einem Haus und Nachbarschaftshilfe war für sie von Anfang an selbstverständlich.
Für Gudrun Bodak (Mitte) sind Ursula Hofmann (links) und Bärbel Vogt zu unentbehrlichen Helferinnen geworden. Die drei Frauen wohnen seit 40 Jahren in einem Haus und Nachbarschaftshilfe war für sie von Anfang an selbstverständlich. © Dietmar Thomas

Waldheim. Die einen schauen nicht nach links und nicht nach rechts und kochen sprichwörtlich nur ihr eigenes Süppchen. Für andere ist sie selbstverständlich, die Nachbarschaftshilfe. So wie für Ursula Hofmann und Bärbel Vogt. Sie unterstützen Gudrun Bodak.

 Vor 40 Jahren sind die drei Frauen mit ihren Familien in das damals neu gebaute Mehrfamilienhaus an der Bahnhofstraße gezogen. „Wir waren damals die Jüngsten“, sagt Bärbel Vogt. „Und seitdem sind wir gemeinsam durch dick und dünn gegangen“, ergänzt Ursula Hofmann. Über die gegenseitige Hilfe wurde nie diskutiert. Wenn sie nötig war, ging es eben los.

Aus gesundheitlichen Gründen konnte Gudrun Bodak schon in jüngeren Jahren nicht mehr arbeiten. Dafür hatte die ehemalige Verkäuferin die „Schlüsselgewalt“ über das Haus und das Vertrauen der Familien, die darin gewohnt haben.

 Über die Jahre habe sich in den Wohnungen viel verändert. Balkone wurden angebaut, Fenster ausgetauscht und Heizungen erneuert. „Ich habe die Handwerker in die Wohnungen gelassen und im Auge behalten“, erinnert sich Gudrun Bodak.

Inzwischen hat sich ihre Gesundheit so verschlechtert, dass sie Hilfe braucht. Zwar hat sie einige Unterstützung von Ehemann Karl-Heinz, doch auch er ist gesundheitlich angeschlagen.

Ende 2017 wurde bei Gudrun Bodak ein Herzklappenfehler festgestellt. Eine Operation in der Leipziger Herzklinik sollte helfen. „Aber sie haben mich nicht operiert, sondern versucht, das Herz mit Elektroschocks wieder in den richtigen Rhythmus zu bringen“, erzählt die 66-Jährige.

Und ihr steht das Entsetzen immer noch ins Gesicht geschrieben, wenn sie an den Tag ihrer Entlassung denkt. „So habe ich noch nie ausgesehen“, sagt sie. Der Körper sei durch Wassereinlagerungen extrem aufgedunsen gewesen. Mithilfe ihrer Hausärztin habe sie innerhalb von vier Wochen 20 Kilogramm abgenommen – nur an Wasser.

Seit einiger Zeit sind zwei Stützen die ständigen Begleiter der Waldheimerin. Am linken Bein trägt sie einen großen orthopädischen Stiefel. Der soll die Ferse entlasten, an der sie eine offene Wunde hat. 

Täglich kommt die Mitarbeiterin eines Pflegedienstes zum Verbinden. „Es ist eins zum anderen gekommen. Ich hoffe, dass die Ferse in einem halben Jahr geheilt ist“, meint Gudrun Bodak und ist sehr dankbar für die Hilfe ihrer beiden Nachbarinnen. Denn ihr fallen ganz alltägliche Sachen schwer oder sie kann sie gar nicht mehr bewältigen.

„Ursula Hofmann hängt meine Wäsche auf, putzt die Badewanne, geht regelmäßig einkaufen und übernimmt die Hausordnung“, zählt Gudrun Bodak auf. „Und wenn ich irgendwohin muss, fährt mich Bärbel Vogt. Sie hat noch nie Nein gesagt. Es geht immer ein Weg rein. Inzwischen fährt sie auch meinen Mann.“ 

Kathleen, eine der beiden Töchter der Familie Bodak, nimmt oft über Weihnachten einen längeren Urlaub und besucht ihre Eltern. „Sie wäscht dann mal die Gardinen und putzt Fenster. Auf die Leiter lasse ich Ursula nicht“, meint Gudrun Bodak. Sie ist dankbar für jede Unterstützung, die sie erhält. 

„Ansonsten müsste ich auch die hauswirtschaftliche Hilfe des Pflegedienstes in Anspruch nehmen“, sagt sie. Denn sie möchte so lange, wie es geht, in dieser Wohnung mit dieser Hausgemeinschaft wohnen bleiben. Nach ihren Möglichkeiten versucht sich Gudrun Bodak für die Unterstützung ihrer Nachbarinnen zu revanchieren.

 „Sie ist eine gute Köchin. Da fällt immer mal was ab“, sagt Bärbel Vogt schmunzelnd. Zu Weihnachten und Ostern packt Gudrun Bodak kleine Dankeschön-Beutel für ihre Helfer und zu den Geburtstagen gibt’s einen Blumenstrauß. „Runde Geburtstage feiern wir zusammen“, sagen die Frauen fast gleichzeitig.

Für diejenigen im Haus, die noch arbeiten gehen, nimmt Gudrun Bodak auch mal ein Päckchen entgegen. Denn zu denen, die erst in den letzten Jahren in das Haus gezogen sind, besteht ein guter Kontakt. „Wir haben Glück mit den Mietern, die in die Hausgemeinschaft gekommen sind“, meint auch Karl-Heinz Bodak.

Kennen auch Sie nette Nachbarn, die sich gegenseitig helfen oder erhalten Sie unentbehrliche Unterstützung? Wir erzählen gern Ihre Geschichte. Melden Sie sich einfach unter Tel. 03431 719413 oder per E-Mail unter da.redaktion@sächsische.de.