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Wenn sich der Boden vom Acker macht

In Massen wird bei Gewitter Erde von den Feldern gespült. Die Landwirte bemühen sich um Schutzmaßnahmen.

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© André Braun

Von Verena Toth

Döbeln. Von Feldern abgespülte Schlammmassen, die nach extremen Gewittergüssen auf Straßen, in Kellern und in Gärten für Staus, Chaos und Schäden sorgen, beherrschen derzeit die Schlagzeilen und die Gesprächsthemen. Viel zu schnell wird nach solchen Ereignissen wie in den vergangenen Tagen der schwarze Peter an die Landwirte weitergereicht, findet Mario Wehner, Geschäftsführer und Verwalter im Döbelner Agrarbetrieb Gröbner. „Dabei wird leider immer vergessen, dass auch wir zu den Geschädigten solcher Unwetter gehören. Und zwar in Größenordnungen“, macht er deutlich.

Bis zu 80 000 Euro Schaden stehen nach einem Unwetter wie dem am vergangenen Wochenende zu Buche. „Das sind aber nur die Kurzzeitschäden. Hinzu kommen noch längerfristige Auswirkungen, wie etwa Ertragsverluste“, ergänzt Inhaber Gerhard Gröbner. „Die Erde, die dabei in Massen weggespült wird, ist unsere Grundlage zum Wirtschaften. Schließlich fehlt uns der wertvolle Boden, der oft in die Flüsse abfließt und wir müssen zudem erneut anbauen. Das sind immense Schäden und Kosten.“ Einen finanziellen Ausgleich erhalten die Landwirte für solche Unwetterschäden nicht.

Rund 12 000 Hektar bearbeitet das Unternehmen Gröbner im Raum Döbeln. „An vielen Stellen haben wir in den vergangenen Jahren schon Maßnahmen ergriffen, um solche Auswirkungen zu meiden oder zumindest zu verringern“, erläutert Wehner. So werden beispielsweise auf
100 Hektar Fläche an besonders kritischen Stellen Mischsaaten ausgebracht. „Wir säen einen Mix aus Roggen, Gras und Wicken aus. Genutzt wird das als Futter und ermöglicht somit eine ganzjährige Bodenbedeckung. Mais wird als Engsaat angebaut, das bedeutet, dass zwischen den einzelnen Pflanzen möglichst wenig Freiraum entsteht“, zählt der Landwirt auf. Auch Ackerrandstreifen, die als Schutz- und Filterstreifen für Wasser wirken sollen, gehören zu den ergriffenen Maßnahmen.

Meldeportal

Das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und Geologie hat im Internet ein Meldeportal eingerichtet. Dort können Schäden durch Bodenerosion gemeldet werden.

Angegeben werden muss der Ort des Erosionsschadens, indem der Standort auf der Karte markiert wird. Zusätzlich sind Fotos hilfreich.

Die Meldung erhält die Bodenschutzbehörde des Landkreises. Durch das Meldeportal soll jeder die Möglichkeit erhalten, Erosionsschäden einfacher zu melden, so dass die Bodenschutzbehörde schneller tätig werden kann.

https://buergerbeteiligung.sachsen.de/portal/lfulg/beteiligung/aktuelle-themen/1004408

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Dennoch kann es genau hier zu Problemen kommen, auf die die Landwirte keinen Einfluss haben. „Wenn die Kommunen beispielsweise die Randstreifen mähen lassen, und das abgemähte Gut in den Gräben liegen bleibt, sorgt die trockene Heu- und Grasschicht bei einem Gewitter für Verstopfung von Durchlässen. Damit ist jede Entwässerung ganz schnell nicht mehr funktionstüchtig“, erklärt Wehner.

Eng arbeiten die Landwirte mit dem Sächsischen Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und Geologie zusammen. „Es gibt zwar keine Vorgaben bezüglich einer Eingrenzung von Ackerflächen. Jedoch besteht laut Bundesbodenschutzgesetz für Landwirte die Vorsorgepflicht, dass Bodenabträge durch Erosion durch eine standortangepasste Nutzung möglichst vermieden werden soll“, erklärt Karin Bernhardt, Pressesprecherin des Landesamtes. Die wirksamste Erosionsschutzmaßnahme sei der Verzicht auf eine wendende Bodenbearbeitung mit dem Pflug. Durch diese sogenannte pfluglose Bodenbearbeitung wird viel bodenschützendes Mulchmaterial an der Oberfläche belassen sowie der Lebendverbau des Bodens durch Regenwürmer und Bodenmikroorganismen gefördert. Damit soll der Ackerboden mehr Stabilität erhalten. Allerdings schränkt auch sie ein: „Bei extremen Starkregenereignissen, bei denen innerhalb einer kurzen Zeit große Regenmengen auf den Boden treffen, ist selbst bei einem erosionsmindernd bewirtschafteten Boden schon rein physikalisch das Aufnahmevermögen begrenzt. Die Bodenporen können in einer bestimmten Zeit nur eine bestimmte Wassermenge aufnehmen und zur Versickerung bringen,“ macht die Sprecherin deutlich.

Bei extremen Situationen mit sehr großen Niederschlagsmengen in kurzer Zeit könnten daher Wasserabflüsse nicht vollständig vermieden werden, so Karin Bernhardt. Unbedingt zu vermeiden sei jedoch der sogenannte Fremdwasserzufluss auf Ackerflächen. Doch das sei in der Realität immer wieder zu beobachten und führe dann auch zur Verschärfung der Situation, berichtet Gerhard Gröbner. „Zum Beispiel wird die Autobahn oft in die angrenzenden Felder entwässert. Wenn dort zusätzliche Wassermassen anfallen, können auch unsere Maßnahmen nicht mehr greifen“, so der Landwirt.