Von Martin DahmsSZ-Korrespondent in Madrid
Constantino ist Rumäne und lebt seit sieben Jahren in Madrid. Er ist einer der Zehntausenden von Osteuropäern, die sich auf den Baustellen Spaniens abrackern, um jeden Monat ein paar Hundert Euro in die Heimat zu schicken und selbst ein wenig besser zu leben.
Seit fünfeinhalb Jahren wohnt er in einem kleinen Apartment in der Madrider Altstadt, mit ordentlichem Mietvertrag. Sein spanischer Arbeitgeber ist sehr zufrieden mit ihm, kein Wunder, Constantino arbeitet auch sonnabends und murrt nicht, wenn das Gehalt einmal auf sich warten lässt. Constantino ist illegal im Land. „Diesmal werde ich es auch versuchen“, sagt er.
Constantino hat seinen Chef gebeten, die Aufenthaltsgenehmigung für ihn zu beantragen, und der Chef hat Ja gesagt. „Warten wir ab“, meint Constantino. Als er frisch in Madrid angekommen war und das Zimmer einer Herberge mit drei Landsleuten teilte, gab es eine Schlägerei unter den Rumänen, und Constantino wartet noch immer auf den Prozess wegen Körperverletzung. Deswegen hat er bisher nie Papiere beantragt, obwohl die frühere konservative Aznar-Regierung den im Land lebenden Ausländern insgesamt fünf „außerordentliche Regularisierungen“ anbot.
Constantino hat das Gefühl, dass jetzt seine letzte Chance gekommen ist. Wenn er es diesmal nicht schafft, seine Papiere in Ordnung zu bekommen, wird er für immer illegal im Land bleiben, glaubt er. Bis zur Ausweisung.
Die sozialistische Regierung unter Jose Luis Rodriguez Zapatero hat gestern einen Legalisierungsprozess für die geschätzten 800 000 Ausländer ohne Aufenthaltsgenehmigung gestartet, wie es ihn so noch nicht gegeben hat. Anders als bei den früheren Ausnahmelegalisierungen sind es diesmal nicht die Immigranten selbst, die die Anträge stellen müssen, sondern deren Arbeitgeber.
Dem Antrag müssen ein regulärer Arbeitsvertrag, eine Passkopie des Ausländers, sein Führungszeugnis und seine mindestens sechs Monate alte Meldebestätigung in einer spanischen Gemeinde beiliegen. Am 7. Mai verstreicht die letzte Frist für die Legalisierung. In Spanien leben zurzeit legal 1,85 Millionen Ausländer, eine knappe halbe Million sind EU-Bürger, ansonsten vor allem Marokkaner, Ecuadorianer, Kolumbianer und Rumänen. Doch jeder Immigrant, egal ob mit Papieren oder ohne sie, kann sich bei den Gemeindeverwaltungen offiziell anmelden, die Daten werden nicht an die Polizei weitergegeben. Und in diesen Melderegistern tauchen rund eine Million Ausländer mehr auf, als sich legal im Land aufhalten. Zieht man vermutete Doppelmeldungen und Scheinmeldungen ab, kommt man auf die Schätzgröße von 800 000 Immigranten ohne Papiere.
Die meisten Ausländer gehen einer regelmäßigen Arbeit nach, nimmt die Regierung an. Einer Arbeit, für die weder sie noch ihre Arbeitgeber Sozialabgaben oder Steuern entrichten. Die Arbeit in der Schattenwirtschaft schadet dem Staat und lässt den Immigranten schutzlos. Die Arbeitgeber sollen gezwungen werden, die Ausländer, die für sie arbeiten, aus diesem Schattenbereich herauszuholen, sie sollen ihnen ordentliche Arbeitsverträge geben. Das ist das Hauptmotiv für den jetzigen Legalisierungsprozess. Für die Zeit danach warnt die Regierung alle Arbeitgeber: Sie wird die Arbeitsinspektion intensivieren und Bußgelder bis zu 60 000 Euro verhängen.