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Wer hat Pferdekoppel in Brand gesetzt?

Die Pferdehalterin hat das Feuer nach dem Vorbeifahren der Lößnitzgrundbahn entdeckt. Deren Betreiber hat eine andere Version der Entstehung parat.

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© Norbert Millauer

Von Sven Görner

Moritzburg. Dass an diesem Nachmittag kein Unglück passiert ist, gleicht einem Wunder. Denn als das Feuer auf der Koppel ausbricht, stehen dort zwei Pferde. Nur wenige Meter davon auf der anderen Seite der Gleise der Lößnitzgrundbahn fünf weitere. Die lange Hitze und der fehlende Regen hat das Gras auf dem Halm faktisch zu Heu werden lassen. Ein Funke genügt, dass es sich entzündet. Nahrung ist genügend da, so dass sich die Flammen in Windeseile verbreiten können.

Pferde sind Fluchttiere. Rauch und Feuer mobilisiert diesen Urinstinkt. Es sei denn, die Tiere werden durch Training daran gewöhnt. Wie im Zirkus oder bei der Polizei. Doch die Haflinger und Ponys von Hanni Mättig sind normale Pferde, kommen teilweise sogar aus schwierigen Haltungen. Trotzdem läuft das Räumen der Koppel so, als ob alles eine Übung wäre. Zum Glück.

Passiert ist die Sache am 4. Juli. Die Friedewalderin wollte ihre Pferde gerade mit Wasser versorgen. Es ist kurz nach vier. Der Lößnitzdackel aus Radeburg dampft vorbei. Kurz bevor der Zug auf den Damm im Dippelsdorfer Teich fährt, ist das Gleis etwas in die Landschaft eingeschnitten. „Wir haben uns noch zugewinkt, dann war der Zug weg“, sagt Hanni Mättig. Als die Frau wenig später wieder in diese Richtung schau, sieht sie Rauch aufsteigen. Zunächst glaubte sich noch, das sei Staub. Doch es wird immer mehr. „Ich bin schnell mit zwei Eimern Wasser hin, habe versucht, das Feuer zu löschen.“ Vergebens. Dann geht alles ganz schnell.

Hanni Mättig wählt den Notruf, holt Halfter für die Tiere. „Plötzlich kamen wildfremde Menschen, die halfen. Erwachsene und zwölfjährige Mädchen.“ Denen habe sie die umgelegten Halfter in die Hand gedrückt. Alle sieben Pferde, zwei Wallache von der Brandkoppel und fünf Stuten, kamen so sicher bei Rosis Reitschule im benachbarten Bad Sonnenland an. „Als die erste Feuerwehr um die Ecke fuhr und die Pferde weg waren, bin ich zusammengebrochen“, erzählt die Friedewalderin. Auch ihr Ersthelfer sei wie aus dem Nichts aufgetaucht.

Am nächsten Tag schickt Hanni Mättig eine E-Mail an den Betreiber der Lößnitzgrundbahn, die Sächsische Dampfeisenbahngesellschaft mbH (SDG). Denn für die Pferdehalterin seht fest, dass Funkenflug von der Dampflok die Ursache des Feuers ist. Sie hofft auf eine unkomplizierte Schadensreglung, nennt eine Höhe von ca. 1 000 Euro. „Die abgebrannte Wiese kann ich in diesem Jahr nicht mehr nutzen.“ Auf die gegenüberliegende Koppel traut sich die Friedewalderin nicht mehr, die Pferde zu stellen, aus Angst vor einem erneuten Feuer. „Ich habe die Tiere jetzt auf einer Wiese, die bereits abgefressen war. Darum muss ich jetzt Heu füttern.“ Zudem liegen dort nun durch die kurzfristige erneute Nutzung deutlich mehr Pferdeäpfel, was im Herbst den Pflegeaufwand vergrößert.“

Von der SDG kam fünf Tage später die Antwort, dass die Dampflokomotiven mit Funkenflugschutzeinrichtungen ausgestattet seien. Es sei daher nicht möglich, dass das Feuer auf diese Weise entstanden sei. Mehr noch. „Das Zugpersonal hat bei der Vorbeifahrt eine bereits bestehende Brandfläche von ca. drei Quadratmetern bemerkt“, so Eisenbahnbetriebsleiter Mirko Froß. Somit sei es nicht möglich, dass dieser Zug an der Entstehung des Brandes beteiligt war.

In der Gegenrichtung hatte der Lößnitzdackel die Strecke bereits kurz vor 15 Uhr passiert. Mirko Froß: „Unser Personal hat dann in Friedwald den Notruf gewählt und die Streckensperrung veranlasst.“ Viel mehr will der Eisenbahner dazu nicht sagen. „Die Dame hat Anzeige erstattet.“ Allerdings gebe es dort viele Badende. „Vielleicht hat da ja einer eine Kippe weggeworfen. Die vom Personal gesichtete Brandstelle sei jedenfalls ein ganzes Stück vom Gleis entfernt gewesen.“

„Mich ärgert, wie mich das Unternehmen hat auflaufen lassen. Ich habe erwartet, dass man sich die Sache mal vor Ort ansieht und darüber redet“, sagt Hanni Mättig. Die Wiesen sind von der Agrargenossenschaft Radeburg gepachtet. Deren Feldbauvorstand Heiko Hennersdorf hat seine eigenen Probleme mit dem Lößnitzdackel. „Bei der höchsten Waldbrandwarnstufe mit Kohle durch reife Getreidefelder zu fahren, halte ich für problematisch.“ Er sei froh, seinen Roggen an der Strecke in Berbisdorf sicher geerntet zu haben. In einem Brief an den Moritzburger Bürgermeister und dessen Radeburger Amtskollegin hat er seine Bedenken geäußert. „Gibt es bei so hoher Brandgefahr denn keine Alternativen? In der Sächsischen Schweiz darf man derzeit ja auch nur noch am Tag in den Wald und nicht mehr boofen.“

Moritzburgs Rathauschef Jörg Hänisch hat mit Mirko Froß gesprochen. „Er sagte mir, dass es nicht ohne Weiteres möglich sei, den Zugbetrieb einzustellen und Busse fahren zu lassen. Eine Diesellok stünde nicht zu Verfügung.“ Wie der Bürgermeister weiter sagt, sei bei dem Einsatz allerdings deutlich geworden, „dass Zufahrten zu solchen kritischen Flächen besser freigeschnitten werden müssen. Zudem müssen Anrainer, das betrifft auch die Lößnitzgrundbahn, ihren Pflichten besser nachkomme, was die Pfleger der Bahndämme und der angrenzenden Bereiche angeht.“

Fakt ist, dass es allein in diesem Monat sieben gemeldete Bahndammbrände auf der Strecke des Lößnitzdackels gab. Nach Auskunft der Feuerwehr könnten es aber auch mehr sein. Denn manchmal werde Brände direkt neben den Gleisen auch als Wiesen- oder Feldbrand registriert. Erst am Sonnabendmittag hatten Anwohner ein Feuer kurz hinter dem Bahnhof Moritzburg in Richtung Radeburg entdeckt und noch vor dem Eintreffen der Feuerwehr gelöscht. An dieser Stelle, so die Moritzburger Kameraden, sei das nicht der erst Brand gewesen. Nicht klar ist, ob Funken, heiße Teile oder aus dem Zug geworfene Kippen die Ursachen dafür waren.