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Blitzeis friert Deutschlands Süden ein

Warme Luft und eisiger Boden bringen gerade zusammen eine gefährliche Wetter-Mixtur hervor. Selbst Notaufnahmen der Kliniken kommen nun an ihr Limit.

Von Stephan Schön
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Im Eisregen zugefrorene Baumstämme mit langen Eiszapfen.
Im Eisregen zugefrorene Baumstämme mit langen Eiszapfen. © dpa

Es kommt schnell und kaum sichtbar. Mal glasig durchsichtig, dann wieder kleinkörnig trüb. Es verbannt die Menschen in die Häuser und die Autos von der Straße. Die wohl tückischste aller Winterfolgen, das Blitzeis, hat am Mittwochnachmittag Deutschlands Süden erfasst. Und es haucht der Landschaft auch in den nächsten Tagen noch Frost ein. Bayern und Baden-Württemberg sind vor allem betroffen. Alles südlich der Donau. Sachsen bleibt weit entfernt und außen vor. Vorerst.

Wegen Glättegefahr durch gefrierenden Regen konnten am Mittwochnachmittag am Münchner Flughafen vorläufig keine Flugzeuge starten und landen. 133 Flüge seien abgesagt, 26 umgeleitet worden, sagte ein Sprecher des Flughafens. Die gesamte Crew des Airports sei mit 150 Räumfahrzeugen im Einsatz gewesen, um die beiden Start- und Landebahnen schnellstmöglich wieder freigeben zu können. Die ersten Starts und Landungen waren dann am frühen Abend wieder möglich.

Auch Freiburg hat es am Mittwoch besonders getroffen. Erst am Abend hat sich dort die Lage etwas entspannt. Die Notaufnahmen dort waren wegen der Glatteis-Unfälle überfüllt. So haben nach Aussage des Pressesprechers der Freiburger Uniklinik am Mittwochnachmittag in der Notaufnahme an die 100 Patienten auf eine Versorgung gewartet. Rettungskräfte haben daraufhin in der Freiburger Messehalle 15 provisorische Behandlungsplätze für die Erstversorgung der Glatteis-Opfer eingerichtet. Rund 250 Noteinsätze hatte es bis zum Nachmittag in der Stadt gegeben. Und dies, obwohl bereits Teile der Innenstadt wegen der Glätte für Fußgänger gesperrt waren – trotz Salz und Streusand. Wegen Eisregen und der damit verbundenen Glättegefahr blieben die städtischen Friedhöfe in München am Mittwoch geschlossen.

Baden-Württemberg hat die Glätte besonders stark erwischt.
Baden-Württemberg hat die Glätte besonders stark erwischt. © dpa

Seit Tagen schon hatte der Deutsche Wetterdienst (DWD) auf eine sich anbahnende sehr gefährliche Situation im Süden Deutschlands hingewiesen. Bereits zum Wochenbeginn ahnten die Wettermodelle, welch krasser Mix zwischen Erde und Wolken sich da zusammenbraut. Die eiskalte Polarluft kam mit Ansage. Der Boden ist so in den letzten Tagen bei bis zu minus 15 Grad zentimetertief steinhart gefroren. Von Südwest drück jedoch feucht-warme Luft heran. Die Luftmassengrenze befindet sich dort, wo sich jetzt Blitzeis bildet.

Beide Luftmassen drücken weiterhin über Süddeutschland gegeneinander, sagt Robert Scholz, Meteorologe in der Vorhersage beim DWD in Leipzig. Durch die warmen Luftschichten hindurch tauen die Eiskristalle und werden zu Regentropfen. Treffen die dann auf den eiskalten Boden, bildet sich binnen Minuten eine gefährliche Eisschicht. Blitzeis überzieht Straßen, Gebäude und Autos mit einem dünnen Eispanzer. Mal wenige Millimeter stark, aber auch mal einen Zentimeter. Das Besondere an der Wettersituation diesmal, dieser Eisregen blieb und bleibt vergleichsweise lange. Die Warnung vor Unwetter und extremen Unwetter gab der DWD rechtzeitig heraus.

Schon am Dienstagabend herrschten teils schwierige Bedingungen auf den Straßen. Tritt starkes Blitzeis auf, dann droht nicht nur ein Verkehrschaos, sondern dann kommt es häufig auch zu Schäden an der Infrastruktur. Der DWD warnt bis in den Donnerstag hinein vor neuen „massiven Einschränkungen im Straßen- und Schienenverkehr. Zudem kann es zu Schäden an der Infrastruktur, wie zum Beispiel an Strommasten und Leitungen, kommen. In Wäldern besteht Gefahr von Eisbruch.“

Eisbedeckte, spiegelglatte Straße in Baden-Württemberg.
Eisbedeckte, spiegelglatte Straße in Baden-Württemberg. © dpa

Frühe Warnung vor dem Eis

Wohl auch aufgrund der langfristigen Warnungen blieben die Schäden bis Mittwochnachmittag vergleichsweise gering, das Verkehrschaos ist ausgefallen. Aber, so ganz ist es noch nicht vorbei.

Vom Schwarzwald bis nach Niederbayern und südlich davon rechnen die Meteorologen auch am Donnerstag noch verbreitet mit Glatteis und hohem Unwetterpotenzial. Es könne den gesamten Tag über zu gefrierendem Regen oder Regen mit erhöhter Glättegefahr kommen, heißt es vom DWD. Nördlich davon werde sich die Glatteislage entspannen. Das Blitzeis kommt nicht in Sachsen an. Auch nicht bis nach Thüringen.

Nach dem Donnerstag beruhigt sich das Wetter weitgehend. Winterlich bleibt es weiterhin selbst im sächsischen Tiefland. Die Nächte sind frostig bis unter minus zehn Grad, die Tage dann knapp unter null Grad, sagt Robert Scholz vom DWD. Spannend und vielleicht auch für Sachsen kritisch wird es am Montag. Dann wird hier der nächste Wetterwechsel erwartet. Regen zieht von Westen auf und es droht erneut Eisregen. Dann möglicherweise auch in Sachsen, sagt Scholz. Die konkreten Unwetterwarnungen dafür wird der DWD am Sonntag herausgeben. (mit dpa)