Es sind die letzten Reste der meterhohen Schneewehen. Dahingeschmolzen an den ersten Sommertagen im Februar. Nach der eisigen Polarluft sind wir in Sachsen auf die Sonnenseite gerückt. Rekordwerte hat das gebracht, was die Temperaturdifferenz binnen weniger Tage betrifft. Mehr als 40 Grad Unterschied von Sonntag zu Sonntag brachte der Wetterumschwung vor allem in der Mitte Deutschlands. Das berichtet der Meteorologe und Extremwetterspezialist Frank Böttcher im spontan am Montagmorgen einberufenen Medien-Wetterbriefing. „Beide Temperaturen befinden sich jeweils am äußeren Ende des meteorologisch derzeit Möglichen.“
Selbst in Lößnitz im Erzgebirge, immerhin über 400 Meter hoch gelegen, war die Temperatur am Sonntag auf 20 Grad gestiegen, sagt ARD-Meteorologe Sven Plöger im Wetterbriefing. Keine 20 Grad warm, sondern lediglich zwei, drei Grad habe es indes am Sonntag zum Beispiel in Sebnitz gegeben. Der Sommersonntag im Februar ist in einigen Teilen Sachsens vom kalten böhmischen Wind einfach hinweggeblasen worden. Der ist durch die Täler vor allem von Elbe und Neiße gepfiffen.
Auch durch die Gebirgstäler von Süd nach Nord. Teils mit Böen von Orkanstärke. Auf dem Fichtelberg über dem böhmischen Nebel und Wind war es indes angenehm warm. Ein neuer Februarrekord an Wärme wurde dort mit 12,9 Grad gemessen. Das ist noch gar nichts, verglichen mit den Temperaturen, die nun in dieser Woche im sächsischen Tiefland folgen werden.
Dort, wo noch vor gut einer Woche die Polarluft das Land eingefroren hatte, fegt jetzt Saharaluft heran. Die Polarluft indes kommt nun deutlich weiter östlich herunter, etwa bei Moskau. Mit minus 30 Grad friert es dort nachts ein. Wir hier liegen inzwischen auf der anderen Seite der großräumigen Zirkulation.
Die Sonne in staubigen Wolken
Staubsauger, genau das ist das richtige Stichwort für diesen warmen Luftstrom am Montagabend und Dienstagmorgen. Diese Strömung sei angefüllt mit Saharastaub in einer Größenordnung, wie es nur alle zehn Jahre einmal passiere, sagt Frank Böttcher. Der eisige Winter eben noch und jetzt die tropische Luft haben beide ihre Ursachen im veränderten Jetstream, einem Starkwindfeld um den Nordpol herum.
Blockierende Wetterlagen nennt sich das dann. Die sind relativ stabil und nehmen tendenziell zu. So wie der Frost gekommen und geblieben war, so kommt jetzt der volle Frühling und bleibt – erst einmal. Die kommenden Tage bekommt diese Warmluftmasse einen zweiten gewaltigen Schub. Durch den vergleichsweise schnellen Transport der Luft von Afrika bis nach Nordeuropa kühlt sie sich halt auch weniger als sonst ab.
Und noch jemandem nutzt dieser Warmluftstrom. In ungewöhnlich hoher Zahl reisen mit ihm in diesen Tagen die Zugvögel in den Norden, sagt Frank Böttcher. Sie nutzen die Geschwindigkeit und Wärme. Sie kommen früher an als sonst und sind jetzt bei ihrer Durchreise in großen Schwärmen zu beobachten.
Der warme Wind bringt die Schneeschmelze hinauf in die polnischen Mittelgebirge. Doch weder Neiße noch Elbe werden zum Problem. Gefährliches Hochwasser wird es absehbar nicht geben.
Bleibt nach den extremen Wetterwechseln nur die Frage, ob der Winter noch einmal zurückkommt. Die Wahrscheinlichkeitskarte für einen Kälteeinbruch in den kommenden sieben Tagen sieht dafür keine Chance, sagt Frank Böttcher. Anders beim Blick zwei Wochen voraus. Mehrere internationale Wettermodelle haben die Wahrscheinlichkeit von eisig kalter Luft hier bei uns berechnet. Da liegen die Chancen immerhin schon bei 40 Prozent. Der Winter ist noch nicht davongegangen, auch wenn es jetzt sommerlich wird.