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Sturmtief "Nadia" trifft auch Sachsen

Tief "Nadia" wütete am Sonntag vor allem im Norden Deutschlands. In Brandenburg stirbt ein Mann, Sachsens Polizei warnt vor umstürzenden Bäumen.

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Die Feuerwehr räumt in Thum einen umgestürzten Baum von der Straße, der auf der Bundesstraße 95 in eine Freileitung gefallen war.
Die Feuerwehr räumt in Thum einen umgestürzten Baum von der Straße, der auf der Bundesstraße 95 in eine Freileitung gefallen war. © dpa-Zentralbild
  • Sturmtief "Nadia" zieht über Teile Deutschlands - betroffen ist vor allem der Norden
  • Ein Mann stirbt in Brandenburg durch ein umgestürztes Wahlplakat
  • In Sachsen viele umgestürzte Bäume, Straßen müssen gesperrt werden
  • Deutsche Bahn stellt Fernverkehr im Norden zwischenzeitlich komplett ein, in Hamburg steht der Fischmarkt unter Wasser.

Hamburg. Verspätete Züge, umgestürzte Bäume, umherfliegende Gegenstände und eingestellte Fährverbindungen: Das Sturmtief "Nadia" hat am Samstag und in der Nacht zum Sonntag zum Teil orkanartige Böen und eine Sturmflut nach Norddeutschland gebracht. Feuerwehren und die Polizei mussten Hunderte Male ausrücken.

In der brandenburgischen Stadt Beelitz ist ein Fußgänger von einem umstürzenden Wahlplakat schwer verletzt worden und wenig später gestorben. Das Plakat kippte am Samstagabend kurz nach 22.00 Uhr aus unbekannten Gründen auf den Mann, erklärte ein Sprecher des Polizeilichen Lagedienstes am Sonntagmorgen. In der Nacht von Samstagabend auf Sonntagmorgen zog das Sturmtief "Nadia" über Brandenburg und Berlin.

Eine Verschnaufpause gibt es nicht: Dem Deutschen Wetterdienst (DWD) zufolge soll der Sturm noch bis Sonntagvormittag andauern. Und das Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) warnt bereits vor der nächste Sturmflut.

In Beelitz ist ein Mann gestorben, nachdem der Sturm ein Wahlplakat umwarf, welches auf ihn fiel.
In Beelitz ist ein Mann gestorben, nachdem der Sturm ein Wahlplakat umwarf, welches auf ihn fiel. © dpa-Zentralbild

Auch in Sachsen stürmt es seit Samstagabend. Bislang wurden aber keine größeren Schäden gemeldet. Die Feuerwehr musste zu mehreren Einsätzen wegen umgestürzten Bäumen an Straßen ausrücken. In der Sächsischen Schweiz war die Kreisstraße K8732 bei Maxen und Burkhardswalde gesperrt, weil umgestürzte Bäume die Fahrbahn blockierten. Auch die Bundesstraße 95 in Thum im Erzgebirge war vorübergehend gesperrt, aber wurde am Sonntagmorgen wieder freigegeben.

Die Feuerwehr räumt am frühen Morgen einen umgestürzten Baum von der Löbauer Straße zwischen Strahwalde und Ottenhain.
Die Feuerwehr räumt am frühen Morgen einen umgestürzten Baum von der Löbauer Straße zwischen Strahwalde und Ottenhain. © Philipp Mann/Lausitznews.de/dpa

In Dresden stürzte eine Kiefer in die Oberleitung der Straßenbahn. Auch Verkehrszeichen, Werbetafeln und Verkleidungen von Baugerüsten seien in der Landeshauptstadt fortgeweht worden, teilte die Feuerwehr mit.

Die Polizei hat Autofahrer in Sachsen wegen des stürmischen Wetters am Sonntag aufgerufen, vorsichtig zu fahren. Bis zum Abend könne es immer wieder Sturmböen geben, teilte der Verkehrswarndienst mit.

Der Tierpark und das Wildgatter in Chemnitz bleiben am Sonntag wegen des Sturmtiefs "Nadia" geschlossen. Das teilte die Stadtverwaltung Chemnitz mit.

Die Berliner Feuerwehr rief am Sonntagmorgen den Ausnahmezustand aus. Die Bürger der Hauptstadt werden gebeten, bei Sturm und Gewitter nicht das Haus zu verlassen, wie die Feuerwehr per Twitter mitteilte.

Hunderte Schaulustige am Hamburger Fischmarkt

Allein in Hamburg habe es bislang rund 300 Unwetter-Einsätze gegeben, sagte ein Polizeisprecher am frühen Sonntagmorgen. Zuvor hatte eine schwere Sturmflut den Fischmarkt im Stadtteil St. Pauli unter Wasser gesetzt. Der Scheitel wurde nach BSH-Angaben gegen 0.17 Uhr erreicht. Der Wasserstand lag 2,84 Metern über dem mittleren Hochwasser, wie eine Sprecherin mitteilte. Das BSH hatte in Hamburg mit Wasserständen von bis zu 3 Metern über dem mittleren Hochwasser gerechnet. Wie ein dpa-Fotograf berichtete, zog es Hunderte Schaulustige zum Fischmarkt. Durch die Überflutungen wurden demnach mehrere Autos beschädigt.

In der Nacht zum Sonntag gab es nach Angaben des BSH auch an anderen Küstenabschnitten eine Sturmflut. "Zwar nicht überall eine schwere Sturmflut wie in Hamburg", sagte die Sprecherin. Es sei aber die gesamte deutsche Nordseeküste betroffen gewesen. In Bremerhaven habe der Scheitelwert beispielsweise bei 2,14 Metern über dem mittleren Hochwasser gelegen.

Hamburg: Autos stehen unter Wasser.
Hamburg: Autos stehen unter Wasser. © tnn

An der Nordseeküste spricht man von einer Sturmflut, wenn das Hochwasser mindestens 1,5 Meter höher als normal aufläuft. Von einer schweren oder sehr schweren Sturmflut wird erst ab Werten von 2,5 beziehungsweise 3,5 Meter gesprochen.

In Hamburg und auf der Nordsee kam es außerdem zu zwei Vorfällen mit Schiffen: Im Hamburger Hafen fuhr sich ein Binnenschiff unter einer Brücke fest. Das Schiff sei beim Durchfahren mit dem Steuerhaus an der Freihafenelbbrücke hängengeblieben und habe sich verklemmt, sagte ein Polizeisprecher. Verletzte gab es ersten Erkenntnissen zufolge nicht. An Bord des Schiffes befanden sich demnach zwei Menschen. Die Unfallursache war zunächst unklar. Es sei möglich, dass sich der Kapitän wegen des steigenden Wasserstandes der Elbe verschätzt habe.

Der zweite Vorfall ereignete sich 16 Seemeilen (ca. 30 Kilometer) vor der ostfriesischen Küste. Dort trieb ein unbeladener Frachter mehrere Stunden im Meer. Die 190 Meter lange "Vienna" hatte wegen des Sturms erkennbar Probleme zu manövrieren, wie ein Sprecher des Havariekommandos in Cuxhaven am Sonntagmorgen mitteilte. Die Maschine sei zu schwach gewesen, um das Schiff gegen Wind und Wellen zu halten. Daher wurden unter anderem Notschlepper zu dem Havaristen entsandt. Der Frachter sei nach etwa sechs Stunden gesichert worden.

Der Gischt der aufgepeitschten Nordsee überflutet bei Sturm den Fähranleger Dagebüll.
Der Gischt der aufgepeitschten Nordsee überflutet bei Sturm den Fähranleger Dagebüll. © dpa

"Hätten wir nicht eingegriffen, wäre das Schiff zu einem Risiko für die Küste geworden, sagte der Sprecher. Die 24 Crewmitglieder blieben nach ersten Erkenntnissen unverletzt. Der Frachter, der unter der Flagge der Marshallinseln fährt, wurde nicht beschädigt. Um die Schleppverbindung herzustellen, wurden demnach mehrere speziell ausgebildete Seeleute von einem Bundespolizei-Hubschrauber auf den Frachter abgeseilt. Das Sturmtief über der Nordsee habe den Einsatz aber erheblich erschwert. Bei Windstärke 10 seien die Wellen auf der Nordsee sechs bis sieben Meter hoch gewesen.

Massive Problemen im Bahnverkehr

Zu weiteren Einsätzen kam es etwa auch in Schleswig-Holstein. Allein im Norden des Landes mussten die Feuerwehren etwa 120 Mal ausrücken. Das sagte ein Sprecher der Regionalleitstelle, die unter anderem für Flensburg, Schleswig und Husum zuständig ist.

Die Feuerwehr in Bremen war nach Angaben eines Sprechers in der Nacht mehr als 40 Mal im Einsatz. Im Kreis Aurich in Ostfriesland wurde die Feuerwehr rund 25 Mal zu Hilfe gerufen.

Der Sturm bescherte auch Feuerwehr und Polizei in Mecklenburg- Vorpommern viele Einsätze. In Schwerin und Umgebung sei man knapp 200 Mal ausgerückt, sagte ein Feuerwehrsprecher. Auch in Stralsund berichtete das Lagezentrum, dass man alle Hände voll zu tun habe.

Wegen Sturmschäden kam es in Norddeutschland außerdem zu massiven Problemen im Bahnverkehr. Am frühen Samstagabend stellte die Deutsche Bahn den Fernverkehr in Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen für etwa 50 Minuten ein. Betroffen waren insbesondere die ICE-Strecken zwischen Hamburg und Bremen sowie zwischen Hamburg und Berlin. Dort komme es auch weiterhin zu großen Beeinträchtigungen, wie ein Sprecher sagte

Im Regionalverkehr gibt es laut Bahn ebenfalls Zugausfälle und Verspätungen. Reisende und Pendler sollten sich vor Fahrtantritt über die Webseite, die App oder telefonisch informieren, ob ihr Zug wie geplant fährt. Wann die Züge wieder wie geplant fahren, hänge vom weiteren Verlauf des Sturms ab, sagte der Bahnsprecher.

Nächste Sturmflut droht

Wegen der Unwetterwarnungen wurden auch zahlreiche Fährverbindungen am Wochenende gestrichen. An der Nordsee fielen alle Verbindungen der Hallig-Linie am Wochenende aus, wie die Wyker Dampfschiffs-Reederei (W.D.R.) mitteilte. Auch Verbindungen ab Föhr, Amrum und Dagebüll waren betroffen. In Mecklenburg-Vorpommern wurde der Fährverkehr auf der Ostsee zwischen Rostock und Gedser auf der dänischen Insel Falster eingeschränkt. Nach Angaben der Reederei Scandlines fielen mehrere Verbindungen von Samstagnachmittag bis Sonntagmorgen aus. Der reguläre Fahrplan solle am Sonntag wieder aufgenommen werden.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hatte am Samstag vor Sturm bis hin zu Orkanböen gewarnt. Am Kieler Leuchtturm seien Windgeschwindigkeiten von bis zu 122,8, in Greifswald von bis zu 118,1 Stundenkilometern gemessen worden, sagte eine DWD-Sprecherin in der Nacht zum Sonntag. Die Warnlage im Norden soll noch bis Sonntagvormittag andauern. Es seien auch weiterhin einzelne Orkanböen möglich.

Nach BSH-Angaben droht den norddeutschen Ländern zudem bereits die nächste Sturmflut: Am Sonntag werden das Vormittag- beziehungsweise Nachmittag-Hochwasser an der deutschen Nordseeküste 1,5 bis 2 Meter und im Weser- und Elbgebiet 2 bis 2,5 Meter höher als das mittlere Hochwasser eintreten. Für die Ostseeküste sei bis Sonntagmorgen noch die Niedrigwasserwarnung in Kraft. Die Experten erwarten aber, dass die Wasserstände im Verlauf des Tages bis zu 130 Zentimeter über den mittleren Wasserstand steigen. (dpa)