Umstürzende Birke trifft vorbeifahrenden Peugeot

Mittelsachsen/Döbeln. Der Wind hat am Donnerstag etwas nachgelassen. Es ist die Ruhe nach und vor dem Sturm. In der Nacht war das Sturmfeld Ylenia über die Region Döbeln gezogen und brachte vereinzelt Graupelgewitter mit.
„An dem Döbeln nächstgelegenen Messpunkt in Nossen wurden Spitzengeschwindigkeiten bis zu 97 Kilometer pro Stunde gemessen“, sagt Sebastian Manns vom Deutschen Wetterdienst in Leipzig. Es seien weiterhin schwere Sturmböen möglich, mit ähnlichen Geschwindigkeiten wie in der Nacht zum Donnerstag.
Der Freitag werde etwas ruhiger. „Da kann man alles aufräumen und noch einmal festbinden – für die Nacht zum Sonnabend“, so Manns. In der seien orkanartige Böen möglich, wobei die Zugbahn des Sturms derzeit noch nicht ganz klar sei.
Aber es sei ziemlich sicher, dass ein Orkantief dem nächsten folgen werde, da sich die Region unter einem extremen Jetstream, also einem sich dynamisch verlagernden Starkwindfeld, befindet. Gleichzeitig bleibe es mild und es gebe keinen Frost. Aber der Mann vom Wetterdienst weist explizit darauf hin: „Die Gefahr ist noch nicht gebannt.“
Waldheimer Feuerwehr entfernt Baum aus Oberleitung
Die Feuerwehren in der Region Döbeln sind am Donnerstag weitestgehend von Einsätzen verschont geblieben. Die Waldheimer Kameraden sind am Donnerstagmorgen nach Schönberg ausgerückt. „Dort war ein Baum in eine Oberleitung gekippt und drohte auf die Fahrbahn zu stürzen“, erklärt Jana Ulbricht, Pressesprecherin der Polizeidirektion (PD) Chemnitz. Aber die Leitung habe den Baum gehalten, bis ihn die Feuerwehrleute zersägt haben.
Kurz vor Mitternacht kippten in der Fröhne zwei Birken auf die Fahrbahn. Eine davon traf einen Peugeot, mit dem ein 61-Jähriger von Hoyersdorf kommend in Richtung Altgeringswalde unterwegs war. Der Mann blieb unverletzt. An seinem Auto entstand jedoch Sachschaden in Höhe von mindestens 2.500 Euro. Die örtliche Feuerwehr beräumte letztlich die Staatsstraße von den umgestürzten Bäumen.
Insgesamt habe es im Direktionsbereich der PD Chemnitz rund 60 Einsätze aufgrund umgestürzter Bäume gegeben, „aber weitestgehend in den höher gelegenen Regionen“, so Jana Ulbricht.
Am Donnerstagvormittag mussten die Kameraden der Harthaer Feuerwehr an die Pestalozzistraße ausrücken. Im Hof des Hauses 56 war von einem der Nadelbäume ein großer Ast abgebrochen, und gegen die Hauswand sowie ein Fenster gestürzt. Vom Balkon eines Anwohners aus konnte der Ast abgesägt und mit einem langen Seil auf den Boden gezogen werden.

Sachsenforst warnt vor Betreten des Waldes
In den Wäldern der Region hat Revierförster Dirk Tenzler keine Schäden entdeckt. Er rät Spaziergängern jedoch davon ab, den Wald zu betreten, bis der Sturm vorbei ist.
„Sollte sich doch jemand im Wald aufhalten wollen, sollte er sich überlegen, wo er zuvor sein Auto abstellt und immer mal nach oben schauen, weil sich dort lockere Ästen befinden können“, so Tenzler.
Auch Sachsenforst gibt eine Warnmeldung heraus. „Das Betreten des Waldes während eines Sturmes und danach kann lebensgefährlich sein, denn angebrochene Äste oder entwurzelte Bäume können auch noch in den kommenden Tagen herabfallen oder umstürzen“, sagt Utz Hempfling, Landesforstpräsident und Geschäftsführer von Sachsenforst.
Örtlich könne es zudem zur Sperrung von Waldflächen durch die Waldbesitzer oder auf Anordnung durch die unteren Forstbehörden kommen.
Rund 4.500 EnviaM-Kunden zeitweise ohne Strom
Die EnviaM verzeichnete in der Nacht zahlreiche Stromausfälle. „In der Spitze waren in Mittelsachsen gegen 2.15 Uhr rund 4.500 Kunden betroffen“, erklärt Unternehmenssprecherin Evelin Zaruba.
In Südsachsen seien es insgesamt rund 12.000 Kunden gewesen. In der Region Döbeln blieb das Licht unter anderem in Massanei, Mahlitzsch, Otzdorf, Littdorf, Rudelsdorf, Gebersbach, Heyda und Kaltofen aus.
Hauptursache für die Störungen seien umgestürzte Bäume, Äste in Leitungen und zusammenschlagende Leiterseile gewesen. Die Mitarbeiter der EnviaM waren den ganzen Tag zur Beseitigung der Schäden unterwegs, die bis zum Abend abgearbeitet sein sollten.
Im Bereich der Stadtwerke Döbeln habe es keine Stromausfälle gegeben. „Aber wir haben vorsichtshalber die Bereitschaft aufgestockt“, sagt Prokuristin Simone Friedrich. Damit stünden bei einem Ausfall doppelt so viele Mitarbeiter zur Verfügung.
Züge der MRB fahren mit verringerter Geschwindigkeit
Das Sturmtief beeinträchtigt auch den Betrieb der Mitteldeutschen Regiobahn (MRB). Die Fahrten vor 7 Uhr sind ausgefallen. Dabei konnten nicht alle Fahrten mit einem Schienenersatzverkehr ersetzt werden.
„Die Züge fahren aus Sicherheitsgründen mit verringerter Geschwindigkeit. Es ist daher mit Verspätungen zu rechnen“, heißt es auf der Internetseite der MRB. Bis zum Mittag haben diese Verspätungen bei der Linie RB 45 bis zu 35 Minuten betragen.