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WGP dreht der Graupaer Antennengemeinschaft den Saft ab

Für den August-Röckel-Ring gibt es einen neuen Kabelfernseh-Anbieter. Für die Mieter wird es teurer – aber auch besser.

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© Daniel Schäfer

Von Thomas Möckel

Graupa. Die Mieter in den Wohnblöcken am August-Röckel-Ring in Graupa – allesamt im Eigentum der Städtischen Wohnungsgesellschaft Pirna (WGP) – sahen sich Ende vergangenen Jahres mit einem nicht alltäglichen Problem konfrontiert. Bislang bezogen die meisten Anwohner ihr Fernsehprogramm über die Antennengemeinschaft Dresden-Söbrigen, die die Signale ins System speiste. Für sechs Euro Netzwartungsgebühr bot die Antennengemeinschaft eine Grundversorgung mit rund 30 Fernsehprogrammen an, die vielen ausreichte. Im Herbst 2017 aber bat die WGP die Mieter, ihre Verträge mit dem Anbieter zu kündigen, weil ab 2018 Vodafone ein Kabelnetz für Fernsehen und Internet für die Häuser am August-Röckel-Ring betreibt. Viele Mieter begehrten erst dagegen auf, weil sie bei der Antennengemeinschaft bleiben wollten. Sie standen vor den Fragen: Kündigen? Anbieter wechseln? Und was wird, wenn man gar nichts macht? Die Angelegenheit ist eine ziemlich vertrackte Geschichte. Die SZ fasst den neuesten Stand zusammen.

Das Problem mit dem Kabelfernsehen

Wer betreibt nun das Kabelnetz am August-Röckel-Ring?
Künftig ist ausschließlich Vodafone neuer Anbieter. Laut der WGP hat das Unternehmen extra ein neues Netz verlegt und die Häuser neu verkabelt, Fernsehprogramme und ultraschnelles Internet lägen an. Damit ist das Ende der Antennengemeinschaft in diesem Wohngebiet quasi besiegelt. Ende Februar, so WGP-Chef Jürgen Scheible, wird das alte Netz von den Häusern getrennt, für die Mieter gebe es dann keinerlei technische Möglichkeit mehr, Fernsehen und Internet über die Antennengemeinschaft zu beziehen. Die Mieter seien darüber bereits informiert worden. Die WGP hatte den Bewohnern eine zweimonatige Übergangsfrist gewährt, in der sie schon mal einen neuen Anbieter testen konnten.

Müssen die Mieter jetzt Verträge mit Vodafone abschließen?
Vodafone bietet zwar ein Grund-Fernsehprogramm mit 30 Programmen zum Monatspreis von 9,99 Euro an, der Preis ist auch für 15 Jahre festgeschrieben – aber nehmen muss das Paket niemand. Laut der WGP sei Vodafone lediglich Betreiber eines öffentlichen Kabelnetzes und somit der Kontrolle der Bundesnetzagentur unterworfen. Dies wiederum verpflichte Vodafone dazu, auch Inhalte anderer Anbieter zuzulassen. Somit muss kein Mieter einen Vertrag mit Vodafone abschließen, sondern kann seinen Fernseh- und Internetanbieter frei wählen – jedoch nicht mehr die Antennengemeinschaft Dresden-Söbrigen. „Sie spielt als Anbieter keine Rolle mehr“, sagt Scheible.

Wie ist es überhaupt zu dem Anbieterwechsel gekommen?
1986 begannen Enthusiasten damit, die Antennenanlagen sowie die Kabel zu installieren. Das Netz der Antennengemeinschaft reicht von Dresden-Zaschendorf über Graupa bis Söbrigen. Über eine Million DDR-Mark flossen damals in das Projekt. Bis 2005 wartete die Antennengemeinschaft die Anlagen noch selbst, dann kamen Digitaltechnik und Kabelinternet auf. Die Gemeinschaft sah sich weder personell noch finanziell in der Lage, die Technik umzurüsten, sie stellte daraufhin ihre operative Arbeit ein. Die Gemeinschaft übergab die Anlagen an die Firma „Pilz und Fischer“, die fortan das Netz betrieb, das Programm lieferte und die Technik wartete. Mit dem Wechsel, so Antennengemeinschaft-Urgestein Eberhard Keyser aus Graupa, hätten alle Abnehmer einen Vertrag mit „Pilz und Fischer“ abgeschlossen. Das Problem: Zwischen „Pilz und Fischer“ und der WGP gab es nie einen Vertrag. Vielmehr schloss die WGP 2013 mit der Antennengemeinschaft einen Kontrakt, der dieser gestattete, das Kabelnetz bis Ende 2017 zu betreiben, danach aber sei damit Schluss. Der Grund: Die WGP hatte schon vor fünf Jahren mit Vodafone ein Gesamtpaket geschnürt, an allen WGP-Häusern ein öffentliches Kabelnetz zu betreiben, dafür handelte die WGP mit Vodafone einen Rabatt für die Verbraucher aus.

Warum wurde der Wille der Mieter nicht berücksichtigt?
Angesichts des nahen Endes der Antennengemeinschaft verteilte Keyser im September 2017 bei den Anwohnern des August-Röckel-Rings Fragebögen, ob die Abnehmer das Angebot der Antennengemeinschaft auch weiter nutzen wollen. Die meisten votierten dafür, einen neuen alleinigen Netzbetreiber wünschte sich kaum einer. Das Votum fand bei der WGP aber kein Gehör. Der Grund: Die WGP muss laut Scheible ihre Häuser so am Markt platzieren, dass sie interessant für Mieter sind. Dazu zählen auch ein umfangreiches Fernseh- sowie ein schnelles Internet-Angebot, daher habe es auch den Wechsel zu Vodafone gegeben. Zudem gebe es auch keine Mieterabstimmung darüber, wenn etwas zu malern oder zu sanieren sei, also gebe es auch keine beim Wechsel des Netzbetreibers. Der Mieter, so Scheible, bestimme nicht über das Wohl und Wehe der Häuser. Zuständig dafür sei einzig die WGP als Eigentümer, sie trage schließlich auch das wirtschaftliche Risiko für die Häuser.

Müssen Mieter wegen der Umstellung jetzt mehr Miete zahlen?
Vodafone hat zwar neue Leitungen und auch neue Anschlussdosen in den Wohnungen verlegt, allerdings alles auf eigene Rechnung. Kosten für die Mieter fallen aufgrund der Umstellung nicht an. Auch die Miete werde laut der WGP nicht erhöht.

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