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Wie braun sind die Sachsen wirklich?

In Bautzens Burgtheater las die Journalistin Marlen Hobrack „Geschichten aus der Peripherie“.

Von Carmen Schumann
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Die Journalistin Marlen Hobrack las am Sonntag im Bautzener Burgtheater in der Reihe „Lausitzer Literatur Vormittag“ aus ihren Texten.
Die Journalistin Marlen Hobrack las am Sonntag im Bautzener Burgtheater in der Reihe „Lausitzer Literatur Vormittag“ aus ihren Texten. © Carmen Schumann

Kann es sein, dass es gewisse Kreise von Journalisten gibt, die in Berlin in einer Welt leben, die zu fern der Peripherie und zu nahe an der Politik ist? Und kann es deshalb sein, dass eine junge Journalistin aus Dresden gern zu Rate gezogen wird, um die Frage zu klären: Wie braun sind die Sachsen wirklich, und sind sie noch integrierbar? Marlen Hobrack, die momentan noch im Masterstudiengang Kultur- und Medienwissenschaften in Dresden studiert, hat sich in den letzten Jahren klug und einfühlsam in überregionalen Medien zu der Problematik geäußert. Einige dieser Texte, darunter auch ein Romanfragment, stellte sie am Sonntag in der Reihe „Lausitzer Literatur Vormittag“ im Bautzener Burgtheater auf der Ortenburg vor.

„Ich möchte die Menschen meiner Heimat verstehen“, sagte die 1986 in Bautzen Geborene. Im Gegensatz zu jenen Journalisten, die sich nur wenige Tage in Städten wie Dresden oder Bautzen aufhalten und deshalb auch nur „Probebohrungen“ in dem für sie fremden Milieu vornehmen können, ist Marlen Hobrack hier aufgewachsen und zur Schule gegangen. Mit 14 zog die Schülerin des Sorbischen Gymnasiums zusammen mit ihrer Mutter nach Dresden um. Sie scheut sich nicht, über ihren Onkel zu schreiben, der ein echter Neo-Nazi sei. Sie nennt ihn den „Nazi von nebenan“. Man müsse jedoch differenzieren zwischen den Bürgern einer Stadt und den rechten Strukturen. Wenn Menschen aus der Mitte allerdings wegschauten, werde es rechten Strukturen zu leicht gemacht.

Vom Rand der Gesellschaft in den Mittelpunkt

Nachdem sie in ihrem Blog über Pegida klug reflektiert hatte, wurde sie gebeten, sich auch in der überregional erscheinenden Wochenzeitung „Der Freitag“ zu diesem Thema zu äußern. Die Menschen, die Woche für Woche in Dresden auf die Straße gehen, würden zu pauschal in eine Schublade gesteckt, sagte sie. Und sie stellte Fragen, zum Beispiel, ob das demokratische System nur deshalb funktioniert, weil Verlierern das Sprechen verboten wird. Wie geht das Parteiensystem mit solchen Bewegungen um? Sind Pegida-Anhänger randständige Figuren?

In ihrem Roman-Auszug steht eine Figur vom Rande der Gesellschaft im Mittelpunkt: Mara Wolf, eine junge Hartz-IV-Empfängerin. Sie ist eine junge Frau auf der verzweifelten Sinnsuche zwischen Konsum und Social Media. Für diese Figur, die von Marlen Hobrack aber nicht diffamiert wird, ist es schwer, ein stabiles Selbst zu entwickeln. Die Autorin stellt die Frage, ob nicht die anderen Schuld sind, wenn sie zum Beispiel Hartz-IV-Empfängern einen Kreditrahmen gewähren, und gibt darauf die Antwort: „Sie brauchen uns“ (unausgesprochen: als Konsumenten).

Ein weiteres kurzes Erzählstück, das Marlen Hobrack vorstellte, beschäftigt sich mit jungen asylsuchenden Männern, die die Ich-Erzählerin immer wieder ansprechen auf der Suche nach Kontakten. Auch wenn es der Ich-Erzählerin unangenehm ist, verurteilen will sie das Verhalten der jungen Männer nicht. Wer daran etwas verwerflich finde, solle daran denken, dass es auch genug alternde weiße Männer gibt, die sich in Thailand umtun oder auch weiße Frauen, die in Afrika den sexuellen Kick suchten.