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Wie der Vater

Rick Zabel saß als Junge mit grün gefärbten Haaren auf den Schultern von Papa Erik. Jetzt sorgt er sportlich für Aufsehen.

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Von Hartmut Scherzer

Die Zeit erschien für einen Moment um zwölf Jahre zurückgedreht: Auf dem Podium strahlte unter der roten Kappe ein Zabel-Gesicht. Rick sah aus wie einst Erik. 2005 hatte Erik Zabel zum dritten Mal den Frankfurter Rad-Klassiker am 1. Mai gewonnen. Dass dieser Rekord des Vaters durch Alexander Kristoff eingestellt wurde, dazu hatte der Sohn mit seiner Vorarbeit im Sprint entscheidend beigetragen. „Wie oft hat mein Papa hier gewonnen, zweimal, dreimal?“ Rick wusste es nicht einmal. Vergangenheit.

Wie auch die Doping-Affäre. Die Gegenwart zählt: „Ich glaube, meine Eltern sind jetzt überglücklich.“ Cordula und Erik Zabel hatten an der Alten Oper miterlebt, wie ihr Sohn seine Aufgabe als „Anfahrer“ für seinen Kapitän perfekt erfüllte und selbst noch auf den zweiten Platz spurtete. „Dieses Erfolgserlebnis hat Rick verdient und auch gebraucht nach der harten Zeit“, sagte der stolze Vater. Schwer waren für den Jungen die drei Jahre von 2014 bis 2016 beim amerikanischen BMC Racing Team.

Wechsel für die Zukunft

Der Zabel-Sohn kam nicht zum Zug, trotzdem hätte er bei BMC bleiben können. Aber der 23-Jährige wechselte zum russischen Team Katjuscha mit Sitz in der Schweiz, dem deutschen Co-Sponsor Alpecin und Zeitfahr-Weltmeister Tony Martin. „Es war allein seine Entscheidung“, stellt Erik Zabel klar. Der deutsche Katjuscha-Sportdirektor Torsten Schmidt warb um Rick Zabel. „Katjuscha ist eine sprintlastige Mannschaft, diese Ausrichtung kommt ihm entgegen“, sagt Zabel senior. Wie im Frankfurter Sprintfinale: Seinen Chef zum Sieg geführt und Lokalmatador John Degenkolb auf Platz drei verwiesen. Cool.

Nun hofft Rick Zabel, dass sich sein Traum erfüllt: Nominierung für die Tour de France mit „Grand Depart“ in Düsseldorf. Der einstige deutsche Jugend- (2009) und U23-Meister (2012) setzt auf Kristoff als Fürsprecher. Der Norweger hatte ihn über den grünen Klee gelobt: „Rick hat mich auf der Zielrunde geführt und die perfekte Vorarbeit geleistet. Ich musste es nur noch beenden.“ Bei der Tour of California und danach bei der Tour de Suisse muss sich Zabel „weiterhin mit Leistung anbieten“, wie er weiß, aber: „Ich denke, dass Alex mich dabei haben will. Schließlich liegt meine Teilnahme auch in seinem Interesse.“

Apropos Tour de France: Da kommen die Bilder von den Champs-Élysées in Erinnerung, wie Erik Zabel den Knirps mit grün gefärbten Haaren auf den Schultern im Grünen Trikot trug. Fünfmal hatte der heute 46-Jährige dieses Sprinter-Hemd des Punktbesten und zwölf Etappen gewonnen. Beim letzten Frankfurter Sieg seines Vaters war Rick als Elfjähriger dabei. Er habe sich aber damals mehr um die „Spielecken für Kinder als für das Rennen interessiert“, gibt er heute schmunzelnd zu.

An die Belastung mit dem Vater-Vergleich hat sich der Sohn gewöhnt. „Das ist normal. Ich habe nun einmal den gleichen Beruf gewählt. Ich kann damit umgehen. Ich versuche, meine eigene Persönlichkeit zu entwickeln und meinen eigenen Weg zu gehen. Ich bin noch jung.“

Natürlich holt er sich beim Papa Tipps, „wenn ein Rennen Neuland ist“, wie er sagt. Das war der Taunus-Kurs für ihn nicht. „Ich habe hier als Junior gewonnen und war bei meiner ersten Profi-Teilnahme 2014 Sechster. Nun Zweiter. In einem World-Tour-Rennen. Mein bester Erfolg.“ Rick Zabel will jedoch nicht „ewig“ für andere den Sprint anziehen, sondern „einmal für meinen Sieg durchziehen“. Dass er es drauf hat, wissen nun alle.