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Wie der Wilhelmsplatz in Görlitz die Gemüter bewegt

Alkohol, Drogen, Schlägereien: Der Platz kennt viele Probleme. Aber auch viele positive Ansätze.

Von Ingo Kramer
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Geparkte Autos auf dem menschenleeren Wilhelmsplatz
Geparkte Autos auf dem menschenleeren Wilhelmsplatz © Pawel Sosnowski

Marienplatz und Wilhelmsplatz – diese beiden zentralen Plätze der Görlitzer Innenstadt lösen in der Bevölkerung ganz unterschiedliche Reaktionen aus. Der Marienplatz ist seit seiner Sanierung architektonisch umstritten, viele Görlitzer vermissen das große Wasserbecken mit Springbrunnen und bezeichnen die neuen Hochbeete als „Särge“. Der Wilhelmsplatz mit seinen alten Bäumen und dem wechselnden Blumenflor erhält da oft deutlich mehr Lob.

Klar ist aber auch: Auf beiden Plätzen gibt es noch ganz andere Probleme. Der Gerichtsbericht auf dieser Seite, dessen Geschehen seinen Ausgang auf dem Wilhelmsplatz nahm, um sich schließlich in Wohnungen dramatisch zuzuspitzen, ist das jüngste Beispiel für eine Entwicklung, die nicht neu ist. Hier kommt alles zusammen: Deutsche, Polen und Menschen anderer Nationalität, Arbeitslosigkeit, Trinker, Drogen. Im Polizeibericht spielen beide Plätze regelmäßig eine Rolle, oft mit Schlägereien, Alkohol- und Drogendelikten.

Stadt, Polizei und Sozialarbeiter versuchen seit Jahren, gegenzusteuern. Und das bis zu einem gewissen Punkt erfolgreich: Beide Plätze sind nicht partout unsicher, viele Berufstätige verbringen ihre Mittagspausen hier, Ältere ruhen sich bei Spaziergängen auf den Bänken aus, Gymnasiasten genießen ihre Hofpausen auf dem Wilhelmsplatz und veranstalten einmal im Jahr ihren Anderslauf dort. Gerade auf dem Wilhelmsplatz ist alles erlaubt, jeder darf zum Beispiel grillen, solange er einen festen Grill nutzt, die Wiese nicht beschädigt und nicht direkt unter einem Baum ein Feuer entzündet. Wie Bürgermeister Michael Wieler dieses Jahr im Stadtrat erklärte, gibt es eine klare Definition der Rasenfläche als Spiel- und Liegewiese. Das sei in der städtischen Grünanlagensatzung so festgehalten. Deshalb ist auch keine Extra-Genehmigung nötig für eine Nutzung bei einem Fest – es sei denn, größere Aufbauten, etwa eine Bühne, sind geplant.

Manche Görlitzer aber äußern ein Gefühl der Ohnmacht. So kritisierte der frühere Görlitzer Jugendamtsleiter Maik Grüllig auf einer Versammlung des Görlitzer CDU-Stadtverbandes in diesem Sommer, dass Migranten die Rasenfläche des Wilhelmsplatzes für alles Mögliche nutzen. Ein anderer bestätigt Grülligs Beobachtungen am Wilhelmsplatz, wo über die frisch gepflanzten Blumenrabatten gebolzt werden würde. Für den CDU-Vorsitzenden Octavian Ursu war damals schon klar: „Es ist nicht akzeptabel, was teilweise auf dem Wilhelmsplatz geschieht.“ Wer hierher als Gast komme, der müsse sich auch so verhalten. Und: „Die Leute erwarten von uns, dass wir Recht und Ordnung durchsetzen.“

Sein AfD-Kollege aus dem Landtag, Sebastian Wippel, kritisierte bei seiner Nominierung als OB-Kandidat die Nutzung des Wilhelmsplatzes als „Fußballplatz mit Blumen-Einrahmung“. Die Stadt versucht nun, gegenzusteuern. Der Sportplatz an der nahe gelegenen Augustastraße soll nach Schulschluss als Bolzplatz genutzt werden dürfen. Sicher ist das noch nicht, aber die Stadt arbeitet daran – auch, damit am Wilhelmsplatz etwas mehr Ruhe einkehrt. Dabei kann der Platz bei Festen so schön wirken. Das bemerkten alle beim muslimischen Zuckerfest nach dem Ramadan – über 500 Besucher feierten fröhlich und friedlich.