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Wie die Görlitzer für ihre Stadthalle kämpfen

Noch 2012 schien eine Sanierung des Gebäudes aussichtslos. Doch ein eigens gegründeter Verein gab dem Projekt wieder eine Perspektive.

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© Jens Trenkler

Görlitz. An jenem 18. Oktober 2012 ging zwar nicht die Görlitzer Welt zugrunde, aber im Stadtrat machte sich eine Mischung aus Traurigkeit und Enttäuschung einerseits, aber auch Erleichterung andererseits breit. An jenem Tag blies der Stadtrat auf Vorschlag des frisch gewählten Oberbürgermeisters Siegfried Deinege die Sanierung der Stadthalle ab.

So nah schien die Wiederbelebung der Veranstaltungshalle noch nie, doch dann türmten sich neue finanzielle Risiken, die letztlich nicht zu 100 Prozent abgebaut werden konnten. Wegen der Stadthalle fahre ich nicht die ganze Stadt an die Wand, entfuhr es Deinege einen Monat später bei einer Bürgerversammlung im Humboldthaus, als er seine Entscheidung begründete. „Adieu, Du schöner Traum“ titelte die SZ am Tag nach der Absage über ihren Kommentar, in dem es hieß: „Obgleich immer wieder gestern versichert wurde, einen neuen Anlauf zu unternehmen, sobald es geht, ist die Entscheidung für lange Jahre endgültig. Wer heute über 60 Jahre alt ist, muss sich mit dem Gedanken vertraut machen, nie wieder in die Stadthalle zu gehen.“

Wenn es nun begründete Hoffnung für die damals über 60-Jährigen gibt, nun doch noch mal die sanierte Stadthalle zu erleben, dann ist das auch das Verdienst aller, die seit dem Herbst 2012 das Thema Stadthalle nicht ganz haben fallen lassen.

Da ist der Stadthallenverein zu nennen, der die Öffnung der Halle zu den Denkmaltagen betreut, mit Aktionen wie dem Abtanzen auf dem alten Parkett Aufmerksamkeit auf die Halle lenkte. Auch erst seine Einsätze im Stadthallengarten ermöglichten den Theatersommer seit vergangenem Jahr an der Neiße. Dass Theaterintendant Klaus Arauner als alter „Görlitzer“ das Projekt unterstützte, war hilfreich. Zumal er als Mitglied der „Bürger für Görlitz“ – zweitstärkste politische Kraft in der Stadt – auch politisch in Görlitz wirkt. Und die Zusammenarbeit mit der Hochschule oder über die Grenze nach Zgorzelec baute viele Brücken zu Studenten und damit den vermutlich künftigen Besuchern der Stadthalle. Mitglieder des Vereins schrieben sogar Betriebskonzepte, andere veranstalten seit Jahren private Benefizkonzerte, deren Erlöse für die Stadthalle gespendet werden.

Die vier Millionen Euro für die Stadthalle ermöglichten auch erste Bauarbeiten in der Halle: Die Statik wurde erneuert, der große Saal erhielt neue Fenster, die alten hatten nicht nur Licht, sondern auch viel Feuchtigkeit durchgelassen, die Seitendächer sind dicht, der Saal hat eine neue Decke zum Keller. Bis Mitte nächsten Jahres wird der Kleine Saal so hergerichtet, dass er in der schönen Jahreszeit für Veranstaltungen genutzt werden kann. Frappierend in diesen Zeiten: Das beauftragte Ingenieurbüro Wünsche + Langer hat bislang nicht nur alle Termine gehalten, sondern auch die Kosten. Schließlich hat die Stadt eine Stadthallen-Stiftung gegründet, die künftig Gelder für die Halle einwerben soll. Noch hat sie nicht viel von sich hören lassen, doch könnte sie dazu beitragen, Extras an der Stadthalle zu finanzieren.

Und letztlich werden auch Veranstaltungen in der Stadthalle auf dieses „Juwel der Stadt“ aufmerksam machen. Dabei steht in den nächsten Wochen die Ausstellung der Künstlerin Antoinette über den „Mythos Europa“ im Mittelpunkt. Ab 14. Juli sind 100 großformatige, farbintensive Gemälde und menschengroße Zeichnungen zu sehen. Kernstück ist ein 20 Meter breiter und 1,10 Meter hoher Fries, den Antoinette in diesen Tagen in Görlitz anfertigt. Stadt und Förderverein versprechen sich von der öffentlichen Aufmerksamkeit auch einen weiteren Schub für die Stadthalle. (SZ/sb)