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Wie die Hotels Punkte sammeln

Online-Bewertungen werden immer wichtiger. In einem landesweiten Wettbewerb liegen zwei Görlitzer Häuser vorn.

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© Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c

Von Frank Seibel

Görlitz. Vor fünf Jahren war alles anders. Bäume und Sträucher hatten alles zugewuchert, die holländischen Eigentümer hatten sich über zwei Jahre lang gar nicht mehr um den schönen Gutshof in Ludwigsdorf gekümmert. An ein schönes, früher sogar richtig schickes Hotel erinnerte nichts mehr. Und Daniela Ledwon arbeitete als Schmuckverkäuferin bei einem Juwelier, lebte mit ihrem Mann in einer großen Villa mitten in Görlitz. Dann ließ ihr Mann, der mit seinem Installationsbetrieb im Gutshof Winterschäden reparierte eher beiläufig die Bemerkung fallen: Das müsste man kaufen und wieder in Schuss bringen.

Daniela Ledwon erinnert sich noch an den 30. April 2013, den Abend des Hexenfeuers. Da klingelte das Telefon, und „die Holländer“ waren dran: Sie hätten beschlossen, den Hof in Ludwigsdorf zu verkaufen. Nach vier Monaten war die Sicht auf den Dreiseitenhof wieder frei, die 13 Zimmer und der Frühstücksraum frisch gestrichen und neu eingerichtet. Daniela Ledwon war mit ihrem Mann aus der Stadt aufs Dorf gezogen und war nun Besitzerin und Betreiberin eines Hotels: „Dein Gutshof“. Und heute, Hunderte Frühstücksbuffets später, freut sich Daniela Ledwon, dass der Familienbetrieb am Ufer der Neiße zu den beliebtesten Hotels in Sachsen zählt. Das hat der Landestourismusverband Sachsen ermittelt, der die Online-Bewertungen von Gästen in ganz Sachsen überprüft und Durchschnittswerte errechnet hat. Im vorigen Jahr haben 314000 Gäste auf 250 Portalen ihre Noten verteilt, sagt Andrea Kis, die Pressesprecherin des Landestourismusverbandes. In die Wertung kam nur, wer mindestens 70 Einträge vorweisen konnte.

Mit „9,2“ steht „Dein Gutshof“ prima da – und die Gäste, viele von ihnen beruflich in Görlitz, rühmen vor allem das Frühstücksbuffet mit frischen Brötchen vom Bäcker aus dem Nachbardorf. „Ich habe es aus der SZ erfahren, dass wir überhaupt bei diesem Wettbewerb dabei sind“, sagt Daniela Ledwon.

Für sieben Ferienregionen in Sachsen hat der Tourismusverband jeweils drei Hotels mit den besten Noten ermittelt. Zwei der drei beliebtesten Häuser in der Oberlausitz sind in Görlitz. Neben dem Gutshof in Ludwigsdorf ist das Best Western Hotel „Via Regia“ in der Görlitzer Südstadt und das Hotel „Töpferpark“ aus Olbersdorf im Rennen um den Landestitel. An diesem Dienstag treffen sich in Freital Vertreter der 21 bereits ausgewählten Restaurants, um die Teilnehmer am Finale zu ermitteln. Was da auf sie zukommt, weiß Daniela Ledwon nicht. „Aber ein bisschen aufgeregt bin ich schon.“

Kundenbewertungen im Internet werden als Kompass für Touristen und Geschäftsreisende immer wichtiger. „Das ist die Mund-zu-Mund-Propaganda von heute“, sagt Eva Wittig von der Europastadt Görlitz/Zgorzec GmbH. Deswegen müssten Dienstleister immer mehr Zeit investieren, um diese Art der Kommunikation mit Gästen zu pflegen. „Bei Kritik muss man schnell reagieren“, sagt Eva Wittig.

Auch Oliver Bugglé hat Glück und kennt überwiegend sehr gute Bewertungen für sein Best Western Hotel in der Görlitzer Südstadt. „Und wenn es mal Kritik gibt, versuchen wir, Kontakt zum Gast aufzunehmen.“ Denn Fehler, das weiß der Geschäftsführer, können immer mal passieren. Als Schlüsselwort für zufriedene Gäste nennt Bugglé „Empathie“. Wie schafft man es in die Zone „9 plus“, also auf einen Spitzenplatz bei den Bewertungen? Bugglé kennt die wichtigsten Faktoren: „Herzlichkeit, Wärme, den Gästen zugewandtes, ehrliches Interesse (egal ob längeres Gespräch oder schneller Check-in), ‚beim Gast sein‘ und Kühle und Geschäftsmäßigkeit vermeiden. Spaß bei der Arbeit und Humor sind erwünscht und helfen allen Beteiligten weiter.“

Vor allem zwei Typen von Gästen lassen sich in seinem Vier-Sterne-Haus nieder: Touristen, die die Stadt erkunden wollen, und Geschäftsreisende. Die Kommentare fallen dabei durchaus verschieden aus, auch wenn am Ende vielleicht die gleiche Note steht. „Städtereisende gehen mehr ins Detail, nehmen sich die Zeit auch Verbesserungsvorschläge zu machen, loben gern auch Einzelpersonen“, sagt Bugglé. „Geschäftsreisende bewerten eher kurz, gerade heraus, zeigen auch Dankbarkeit, wenn mit Flexibilität auf besondere Anforderungen eingegangen wird.“

Martin Wagner vom „Töpferpark“ in Olbersdorf hat wiederum andere Gäste und ein anderes Angebot: Ferienwohnungen, Ferienhäuser und Appartments, in denen auch größere Familien und Reisegruppen Urlaub machen. „Wir stecken viel Liebe ins Detail, um es den Gästen schön zu machen“, sagt Wagner. Und: „Wir versuchen immer, auf die Wünsche unserer Gäste einzugehen.“

Die Wirkung der Kundenbewertungen ist enorm, sagt Andrea Kis vom Landestourismusverband. „Ein sehr gut bewertetes Produkt hat eine um 50 Prozent höhere Kaufwahrscheinlichkeit als andere.“ 87 Prozent der Menschen, die online buchen und die Bewertungen lesen, sagen, dass die Noten einen großen Einfluss auf ihre Entscheidung haben.

Schummelei spielt bei Online-Bewertungen kaum noch eine Rolle. Darauf achten die Internetportale mittlerweile selbst, sagt Andrea Kis. Maximal ein bis fünf Prozent der Einträge könnten gefälscht sein.

Daniela Ledwon weiß, dass bei den Portalen Booking.com und HRS.de nur Menschen ihre Noten geben können, die nachweislich ein Zimmer in ihrem Gutshof gebucht haben. Darum ist sie stolz auf ihre „9,2“ – und gespannt, wie es am Dienstag weitergeht im Wettbwerb um Sachsens „Gästeliebling“.