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Wie die Neiße einst begradigt wurde

Die Regulierung des Flusses war ein Projekt im Hochwasserschutz. In Zittau und Ostritz entstanden kilometerlange neue Flussbetten.

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Beim Projekt Neißeregulierung (hier am Bahnviadukt Zittau) wurde richtig Dampf gemacht, wenngleich er auf dem Foto vor allem vom Bagger kam.
Beim Projekt Neißeregulierung (hier am Bahnviadukt Zittau) wurde richtig Dampf gemacht, wenngleich er auf dem Foto vor allem vom Bagger kam. © Sammlung D. Rößler

Nicht nur Görlitzer, auch Zittauer Stadtteile waren über Jahrhunderte hochwassergefährdet. Mit der Regulierung der Mandau Ende des 19. Jahrhunderts hatten die Zittauer das Problem reduziert. In den 1920er Jahren sollte es mit der Begradigung der Neiße beseitigt werden.

Der Fluss wurde von der Grenze zur Tschechoslowakei bis zur Weinau von 1926 an reguliert. Technisch bedingt grenzten die insgesamt sechs Bauabschnitte allerdings nicht aneinander. Einige Strecken erwiesen sich als kompliziert, zum Beispiel dort, wo neben einer Straße auch die Reichenauer Schmalspurbahn die Neiße überquerte. Mai 1930 wurde mit Regulierungsarbeiten zwischen dem Weinaupark und Kleinschönau begonnen. Der Fluss machte hier einen großen Bogen und verlief ganz nahe an den Häusern des Dorfes. Am Ende der Bauzeit zeigte sich die Neiße fast gerade, lag nun näher an der Weinau, die von dem Projekt profitierte.

55.000 Kubikmeter Aushub ebneten Flächen rund um das Stadion. Insgesamt hatte der neu entstandene geradlinige Fluss eine Länge von 4,7 Kilometern. 1934 war die Regulierung abgeschlossen. Die „Zittauer Nachrichten“ würdigten das mit einer Sonderbeilage, auch im „Neuen Görlitzer Anzeiger“ blieb das große Flussprojekt nicht unerwähnt. Berichtet wurde auch, wie unkonventionelle Ideen den landschaftlichen Wert des Projektes aufwerteten. So konnten Bürger Baum-Patenschaften übernehmen. Zum Dank erhielten die Pfähle für die Bäume Messingschilder mit den Namen der Paten.

Schon vorher hatte es Regulierungen der Neiße gegeben. Als ab 1873 die Eisenbahnstrecke Görlitz – Zittau gebaut wurde, erfolgte in der Kleinstadt Ostritz eine Begradigung des Flusses zwischen Wehr und „Grunauer Bogen“, um zwei Eisenbahnbrücken einzusparen. Immer wieder wurden Wehre, Mühlgräben, Zuläufe ertüchtigt, der in Görlitz begehbare Pontekanal-Neißeausgang bekam eine Hochwassersperre eingemauert. 

Zur Sicherung bauten DDR-Fachleute zwischen Neiße und Braunkohle-Tagebau eine 5,5 Kilometer lange Dichtwand, auf der in großen Teilen heute der Radweg verläuft. Die Kohlewirtschaft war es auch, die die Pließnitz verlegen ließ, und aus Pließnitz und Neiße gab es schließlich auch Zuläufe während der Flutung zum Berzdorfer See.

Dass die begradigte Neiße einmal eine Staatsgrenze sein würde, konnte bei den frühen Projekten keiner ahnen. Hätten die Ostritzer damals aber keine Verlegung vorgenommen, läge der Bahnhof heute nicht auf polnischer Seite. Immerhin: Es erfüllten sich die Erwartungen an den Hochwasserschutz. Dass es am 7. August 2010 zur Katastrophe kam, lag bekanntlich am Witka-Dammbruch. Das konnte 1875 und 1930 auch keiner ahnen. Seitdem aber hat es weitere Schutzbauten gegeben, vorrangig Dämme und Mauern nahe der Neiße in Görlitz, Hagenwerder, Ostritz, Hirschfelde und auch in Zittau. Allein in Görlitz stehen 27 Maßnahmen im Hochwasserschutzkonzept. Eine Verlegung von Teilen der Neiße ist freilich nicht mehr vorgesehen.

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