Dresden
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Wie diese Frau vom Auge zum Ohr kam

Bevor Sopranistin Maria Perlt Koloraturen sang, verhalf sie ihren Kunden zum Durchblick – ein Wandel mit Ansage. 

Von Nadja Laske
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Als charmant-witzige Frau Luna ist Maria Perlt an der Staatsoperette zu sehen.. Geradezu und unkompliziert erlebt man sie dagegen im Privaten.
Als charmant-witzige Frau Luna ist Maria Perlt an der Staatsoperette zu sehen.. Geradezu und unkompliziert erlebt man sie dagegen im Privaten. © Sven Ellger

So ein Mädchen war sie nie. Eine, die schon als Kita-Knirps in Mamas Deoflasche singt wie ins Mikro und sich auf große Bühnen träumt. Deshalb kann Maria Perlt heute auch diesen Satz nicht sagen: Ich wusste schon immer, dass ich Sängerin werden will. Vielleicht wäre das ja bewundernswert. Doch was die Sopranistin über ihren Weg erzählt, ist es umso mehr.

„Ich hatte ganz gute Noten und wusste, dass ich mit Fleiß viel erreichen kann“, erzählt sie. Aber fürs Abitur konnte sie sich trotzdem nicht motivieren. „Also habe ich nach einem Ausbildungsberuf gesucht und bin auf den des Optikers gekommen.“ Mit Menschen wollte sie zu tun haben und ihr handwerkliches Geschick nutzen. So wurde die Solistin der Staatsoperette Dresden zunächst Azubi einer großen Optikerkette. „Mir hat die Ausbildung großen Spaß gemacht, und noch heute gefällt mir der Beruf.“ Nach ihrem Abschluss arbeitete sie als Gesellin für ihren Ausbildungsbetrieb und wechselte später zu einem kleineren Unternehmen. „Von klein an war ich im Philharmonischen Kinderchor gewesen und habe auch später in Chören gesungen“, erzählt Maria Perlt. Oft durfte sie Solos singen und wurde zu Auftritten eingeladen. „Zum Glück hatte ich eine sehr singbegeisterte Chefin, die das Chorleben selbst gut kannte und immer Verständnis für mich hatte.“ So schaffte sie auch das große Pensum, das eine Vorbereitung auf den Wettbewerb „Jugend musiziert“ bedeutet. Mehrmals nahm sie daran teil und schaffte es im Bundesausscheid bis ganz an die Spitze.

Die Freude am Singen spornte Maria an, ihrer Stimme mehr abzufordern. Sie fand eine Gesangslehrerin, die zur wichtigen Wegbegleiterin wurde, und so langsam reifte der Gedanke, die Musik irgendwann zum Beruf zu machen. „Ich wusste, dass ich für ein Gesangsstudium nicht ewig Zeit habe, denn man darf zur Bewerbung maximal 25 Jahre alt sein.“ Zwar war noch nicht wirklich Eile geboten, doch eine solche Aufnahmeprüfung will gut vorbereitet sein. Schon nach dem Ende ihrer Optikerlehre hatte sie begonnen, Klavier zu lernen. Heute gibt sie zu, darin nie gut geworden zu sein. Doch Pianistin war ja nicht das Ziel. Umso stärker entwickelte sich ihre Stimme – hin zur Koloratursopranistin, eine Gesangsrichtung, die ihr heute Rollen einbringt, die nur wenige Künstlerinnen singen können. „Die Königin der Nacht hat mich fasziniert, da war der Gesang noch Hobby. Heute kann ich sie singen.“

Dafür hat sie hart gearbeitet. Neben ihrem Beruf als Optikerin nahm Maria Perlt Unterricht in Gesang, Klavier, Chorrepetition, Musiktheorie und Gehörbildung. Anderthalb Jahr lang steuerte sie auf den Neustart zu. „Ich habe diese Zeit gebraucht. Für alles, was Gesangsstudium und Theaterbetrieb bedeuten, war ich vorher noch zu unreif, zu fahrig, zu emotional.“ Doch schon zu Beginn dieses langen, geduldigen Weges war ihr klar: „Ich studiere nicht zum Spaß. Es ist mein Ziel, von dieser Kunst zu leben.“ Andererseits: Das nicht auf Teufel komm raus zu müssen, gab Maria Perlt immer ein starkes Gefühl, eine Rückversicherung, die die meisten ihrer Kommilitonen nicht hatten. „Ich habe einen Beruf, den ich toll finde und in den ich zurückkehren kann.“

Leipzig oder Dresden. Beide Hochschulen boten Maria schließlich Studienplätze an. Die Entscheidung fiel für die Heimat. Wenn Maria Perlt heute ihren Kaffee im Bistro T1 am Eingang zum Kulturkraftwerk trinkt, zur Probe geht oder von der Vorstellung kommt – seit dem Umzug der Staatsoperette schaut sie immer auf ihre einstige Musikhochschule am Wettiner Platz. „Ich bin sehr glücklich über alles, was ich erreicht habe“, sagt die Anfang-30-Jährige. Nach einem Engagement an der Kammeroper München im Anschluss ans Studium kehrte sie zurück nach Dresden. Operettenintendant Wolfgang Schaller hatte sie in einem Konzert singen hören und ihr den Vertrag angeboten. Seit 2015 gehört sie zum Ensemble. „Ich habe ein komödiantisches Talent und liebe Operette und Musical“, sagt Maria Perlt, „Es hätte für mich nicht besser kommen können.“

Maria Perlt ist am Sonntag, 15 Uhr als schöne Galathée und am Dienstag und Mittwoch, je 19 Uhr, als Frau Luna zu sehen. Karten gibt es unter 32042222. www.staatsoperette.de