Von SZ-KorrespondentDetlef Drewes, Brüssel
Kaum hatte EU-Ratspräsident Mirek Topolanek am Mittwoch seine Rede vor dem Europäischen Parlament beendet, brach der Tumult los. „Das ist nicht das Niveau der EU, mit den USA umzugehen“, schimpfte der sozialdemokratische Fraktionschef Martin Schulz über Topolaneks Satz, die Vereinigten Staaten würden in der „Wirtschaftskrise mit Waffenverkäufen verdienen“.
Mirek Topolanek: „Bomby“ statt „Bondy“
Der tschechische Regierungschef blickte erkennbar verwirrt drein, denn nichts dergleichen hatte er gesagt. Die Erklärung brauchte ihre Zeit: ein Übersetzungsfehler der Dolmetscher. Topolanek hatte von „Wertpapieren/Bonds“ (tschechisch: bondy) gesprochen. Der Übersetzer aber hatte „bomby“ (Bomben) verstanden.
Wirbel hatte es auch um Topolaneks Bemerkung gegeben, die Antikrisen-Maßnahmen der US-Regierung glichen einem „Weg in die Hölle“. Eine tschechische Pressesprecherin wies darauf hin, dass der tschechische Ausdruck auf Deutsch sinngemäß etwa „nicht der richtige Weg“ bedeute.
Die Geschichte ist voll von solchen sprachlichen Stolpersteinen, die die Politik beeinflussen.
Mahmud Ahmadinedschad: Aus den Annalen tilgen
Am 26. Oktober 2005 löste folgende Meldung einen weltweiten Sturm der Entrüstung aus: „Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad fordert, dass Israel von der Landkarte ausradiert werden muss.“ Selbst der Auslandssprachendienst des Auswärtigen Amtes brauchte lange für die exakte Übersetzung: „Das Regime, das Israel besetzt hält, muss aus den Annalen der Geschichte getilgt werden.“
Saddam Hussein: Der Krieg und die Kinder
Auch der frühere irakische Diktator Saddam Hussein wurde Opfer eines Übersetzungsfehlers. Vor dem US-Angriff 2003 rief er sein Volk auf, „zum Wohle unserer Kinder den US-Invasoren standzuhalten“. In der offiziellen englischen Übersetzung wurde daraus „Wir müssen unsere Kinder opfern“.
Nicolas Sarkozy: „für“ statt „in“ die abtrünnigen Gebiete
Vor wenigen Monaten führte ein Übersetzungsfehler fast zu einem internationalen Konflikt. Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und der russische Regierungschef Wladimir Putin hatten nach dem Ausbruch der Georgien-Krise 2008 einen Waffenstillstandsplan ausgearbeitet. Bei der Übersetzung des französischen Originals ins Russische wurde ein Wort falsch übersetzt: Im Papier aus Paris war von der Sicherheit „in“ den abtrünnigen georgischen Provinzen Süd-Ossetien und Abchasien die Rede. In der Fassung für Moskau aber war von der Sicherheit „für“ die Regionen die Rede. Die Formulierung war entscheidend, weil Russlands Regierung daraus das Recht auf Pufferzonen auf georgischem Territorium ableiten wollte.
Republikanische Garden: Flucht mit einem Traktor
Während solche Übersetzungsfehler teilweise sogar die Geschichte beeinflussten, gehören andere eher in das Kuriositäten-Kabinett. So fragte man sich unmittelbar nach dem Sturz des irakischen Diktators irritiert, ob die irakische Armee wirklich derart rückständig ist, wie ein Bericht verhieß. Demnach hatten Soldaten der einstigen „Revolutionären Garden“ große Mengen Bargeld mithilfe von „Traktoren“ aus der Nationalbank in Bagdad abtransportiert. Tatsächlich handelte es sich um „tractor trailers“, also Sattelzüge.
Krieg im Irak: Granaten mit Propellerantrieb
Und auch die „propellergetriebenen Granaten“ mit denen auf US-Konvois geschossen wurde, entpuppten sich bei genauer Übersetzung als etwas durchaus Schlagkräftigeres: „rocket propelled grenads“, kurz PRGs, sind nichts anderes als Panzerfäuste.
Hillary Clinton: Ein Knopf für die Eröffnungszeremonie
Vor wenigen Tagen wurde US-Außenministerin Hillary Clinton mit einer gut gemeinten Geste Opfer ihrer eigenen Dolmetscher. In Genf überreichte sie ihrem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow einen roten Plastikknopf, wie er bei feierlichen Eröffnungszeremonien verwendet wird. Die englische Aufschrift lautete: „Knopf zum auf Null stellen“. Lawrow las die russische Bezeichnung und stutzte. Dann machte er seine Kollegin auf den Übersetzungsfehler aufmerksam. Auf Russisch bedeute die Inschrift nämlich „Knopf zum Überladen“. Beide konnten herzlich darüber lachen – Übersetzungsfehler können auch zusammenbringen. (mit dpa)