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Wie Dynamo zum Stadion im Großen Garten kam

Nach dem Abstieg in die Bezirksliga muss Dynamo 1956 aus dem Heinz-Steyer-Stadion ausziehen. Es ist zu groß.

Von Sven Geisler
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Seit 1957 spiel Dynamo im Harbig-Stadion.
Seit 1957 spiel Dynamo im Harbig-Stadion. © SZ-Archiv

Wenn man in alten Zeitungen stöbert, wird klar, dass früher doch nicht alles besser war. So überschreibt die SZ am 28. Juni 1956 einen Bericht mit: „Ein unwürdiger Ausklang“. Es geht um das Spiel in der Fußball-Oberliga zwischen dem SC Einheit Dresden und dem SC Dynamo Berlin, das Wiedersehen also mit Spielern, die bis 1954 für Dynamo in Dresden die Fans begeistert hatten. Wie Günter Schröter.

Doch der ist diesmal der Buhmann. Die Partie vor 30 000 Zuschauern im proppenvollen Rudolf-Harbig-Stadion endet 1:1 – und „mit mehr als nur unschönen Vorkommnissen“, wie es im Zeitungskommentar heißt. „Eine Anzahl unbelehrbarer Zuschauer, die auf unseren Sportplätzen nichts zu suchen haben, nahmen ein grobes Foul von Schröter an Müller zum Anlass, nach Abpfiff auf die Laufbahn zu stürzen, den Spielern des SC Dynamo Berlin den Weg zur Kabine zu versperren und einige von ihnen tätlich anzugreifen.“ Spieler wie Schiedsrichter seien „kein Freiwild für unbeherrschte Elemente, denen es beim Besuch einer Sportveranstaltung weniger auf die sportlichen Darbietungen selbst, sondern vielmehr auf Radau und Krawall ankommt“.

Die Vorfälle sind aber nicht der Stein des Anstoßes für den Leserbrief von Heinz Zeuner. Ihm geht es vielmehr um „Tausende von Zuschauern“, die bei größeren Fußballspielen und anderen wichtigen Veranstaltungen keinen Einlass finden. Das Harbig-Stadion sei zu klein. Es sei unverständlich, warum der SC Einheit nach der Verlegung von Dynamo nach Berlin nicht die Anlage des Heinz-Steyer-Stadions erhalten hatte. Er schreibt: „Mir ist klar, dass der Sportclub der Stadt Dresden in den nächsten Jahren Sektionen besitzen wird, die für die internationale Sportarbeit von Bedeutung sind. Dafür muss man aber auch genügende Ausbreitungsmöglichkeiten haben, die im Gelände des Harbig-Stadions nicht vorhanden sind und auch die Stadtplanung nicht zur Verfügung stellen kann.“

Vier Tage später erscheint die Erwiderung der „Leitung der SG Dynamo Dresden“ unter der Überschrift: „Dem Club das bessere Stadion“. Der Club war Einheit und spielte in der höchsten Klasse, die SGD musste nach einem Punktabzug 1956 bis in die Bezirksliga absteigen. Es ist eine – zugegeben – wacklige Argumentation für den Verbleib des SC Einheit im vermeintlich besseren Harbig-Stadion. Man dürfe die Frage ja nicht nur vom Fußball abhängig machen, heißt es. Die Leichtathletik-Anlage im Steyer-Stadion entspreche nicht den internationalen Anforderungen. „Schon allein ein neuer Belag der Laufbahn und einige notwendige andere Reparaturen hätten 34 000 DM gekostet.“ Zudem gebe es im Harbig-Stadion einen Nebenplatz, ein Eisstadion, einige Tennis- und Volleyballplätze sowie unmittelbar daneben das Georg-Arnhold-Bad. „Das ist nach unserer Meinung eine gute Grundlage für ein Sportforum. Im Heinz-Steyer-Stadion bestehen diese Voraussetzungen in diesem Maße nicht.“

Und trotzdem erscheint die Vollzugsmeldung dann ein halbes Jahr später am 24. April 1957: „Umzug hat begonnen.“ Die Vertreter der Vereine seien „übereingekommen, einen Austausch der beiden Dresdner Sportstätten vorzunehmen“. Ab sofort seien folgende Anschriften zu beachten: SC Einheit Dresden, Dresden A 1, Heinz-Steyer-Stadion, Pieschener Allee, Telefon 8 39 38. Sportvereinigung Dynamo Dresden, Dresden A 1, Rudolf-Harbig-Stadion, Lennéstraße, Telefon 41 41 58.

Im ersten Heimspiel nach dem Umzug am 28. April 1957 gegen Aufbau Meißen geht Dynamo durch Günther Drechsel in der vierten Minute in Führung, muss aber nach einem Patzer von Torwart Horst Kiesewetter den Ausgleichstreffer hinnehmen.