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Wie Hunde den Verkehr an der Waldschlößchenbrücke lahmlegen

Die Videoüberwachungszentrale des Tunnels am Dresdner Waldschlößchen erlebt immer wieder Überraschungen. Zuletzt hatten auch Autofahrer etwas davon ...

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© szo/Peter Hilbert/Sebastian Schultz

Von Peter Hilbert

Olaf Zimmermann kann jetzt ein kleines Jubiläum begehen. Er leitet die Reicker Tunnel-Betriebszentrale, die schon seit fünf Jahren die technischen Anlagen und Sicherheitssysteme der Röhren am Waldschlößchen überwacht. Der 44-Jährige und seine elf Mitarbeiter haben in der Zeit schon viel erlebt – bis hin zu Hunden im Tunnel. Angeschlossen ist er über Lichtwellenleiterkabel, die durch die Brücke zur Zentrale an der Lohrmannstraße führen.

Auf zahlreichen Bildschirmen kann jede Ecke des Waldschlößchentunnels erfasst werden. Straßenbauamtschef Reinhard Koettnitz (l.) und Überwachungschef Olaf Zimmermann in der Reicker Betriebszentrale, wo im Notfall schnell gehandelt wird. Foto:
Auf zahlreichen Bildschirmen kann jede Ecke des Waldschlößchentunnels erfasst werden. Straßenbauamtschef Reinhard Koettnitz (l.) und Überwachungschef Olaf Zimmermann in der Reicker Betriebszentrale, wo im Notfall schnell gehandelt wird. Foto: © Sven Ellger

Sie musste in der Reicker Verkehrsleitstelle eingerichtet werden, da die EU nach dem Brand im Mont-Blanc-Tunnel mit 39 Todesopfern ihre Richtlinien verschärfte. Sie legen fest, dass die Röhren nicht nur mit technischen Anlagen, sondern auch rund um die Uhr von Spezialisten zu überwachen sind. Also begann Zimmermann mit seinem Team schon vor der Eröffnung der Waldschlößchenbrücke im Februar 2013 den Probebetrieb der Tunnelüberwachung.

Die Technik: Kameras haben jede Tunnelecke im Blick

33 Kameras mit Videodetektoren erfassen das Geschehen an jeder Ecke des Tunnels. Sie schwenken immer zu den Brennpunkten des Geschehens. Spezielle Sichttrübe-Messgeräte erfassen, wenn verstärkt Rauch aufsteigt, und schalten die 19 Lüfter stufenweise zu. Brandmeldeanlagen reagieren auf einen Temperaturanstieg, lösen in der Rettungsleitstelle Alarm aus und schließen die Schranken vor den Tunnelportalen.

„Wir sind froh, dass es hier noch nie gebrannt hat“, sagt Straßenbauamtschef Reinhard Koettnitz. „Wir wissen aber auch, dass im Notfall alle Systeme hervorragend funktionieren.“ Die Technik wird zweimal jährlich überprüft. Die nächste Tunnelinspektion, bei der jeweils eine Röhre gesperrt wird, ist vom 16. bis 21. April.

Die Tunneltiere: Füchse und Hasen fühlen sich am Waldschlößchen wohl

Nicht nur Kraftfahrer, sondern auch die Tierwelt hat sich mittlerweile an die Tunnel gewöhnt. Nicht immer zur Freude der Überwacher „Stadtfüchse gibt es hier nach wie vor“, berichtet Zimmermann. Der erste von ihnen wurde bereits während des Testbetriebs gesichtet. Heute laufen Füchse oder auch Hasen meistens vor den Tunnelportalen ins Sichtfeld der Überwachungskameras. Größere Probleme gibt es mit frei laufenden Hunden. Dieses Jahr sind bereits zwei von ihnen mitten am Tag in die Tunnel eingedrungen, einer von ihnen ein großer schwarzer. In diesen Fällen musste die Röhre für den Verkehr voll gesperrt werden. „Zum Glück ging es relativ schnell, bis der Hund wieder draußen war“, sagt der Überwachungschef.

Die Unfälle: Kraftfahrer kommen meistens mit Blechschaden davon

Im Tunnel hat es schon mehrere Unfälle gegeben. So waren einige Kraftfahrer in der Kurve zu schnell, sodass es krachte, andere hatten beim Einordnen den Nachbarn übersehen. In den meisten Fällen seien die Unfälle mit einem Blechschaden glimpflich ausgegangen, sagt Zimmermann.

Die Schwarzradler: Trotz Sperrung geht es immer wieder bergab

Geisterfahrer gab es in letzter Zeit nicht mehr. Der drastischste Fall ereignete sich kurz nach der Eröffnung. Damals wendete ein Auto auf der Bautzner Straße und fuhr in die östliche Tunnelausfahrt, erinnert Koettnitz. Unten angekommen, brauste das Auto hinterm Tunnelportal auf die richtige Brückenseite. Allerdings mit so einem Tempo, dass es geblitzt wurde.

Schwarzradler rollen vor allem durch die bergab verlaufende Röhre. „Wegen des Winterwetters sind es derzeit aber nicht so viele“, sagt Zimmermann. Im Sommer fahren wöchentlich zwei bis drei Radler in den für sie eigentlich gesperrten Tunnel. Zwar gibt es die Möglichkeit, dass die Überwacher sie über die modernen Lautsprecher ansprechen, die im Gegensatz zu denen auf Bahnhöfen hundertprozentig verständlich sind. „Das tun wir aber meistens nicht. Sonst wäre die Gefahr zu groß, dass sie erschrecken und vom Fahrrad fallen“, berichtet der Überwachungschef.

Extrem sei es 2016 geworden. Damals waren viele Radfahrer der Gruppe Critical Mass, übersetzt kritische Masse, mehrfach bei ihren Rundfahrten durch den Tunnel gerollt, obwohl das strikt verboten ist. Jedes mal musste die Röhre gesperrt werden. Die Gruppe setzt sich für bessere Bedingungen für Radfahrer ein. Offenbar hat sie aber gemerkt, dass verbotene Tunnelfahrten der falsche Weg sind. Seit Herbst 2016 wurden sie dort nicht mehr gesichtet.

Fußgänger tauchen hingegen nach wie vor auf den Bildschirmen der Überwacher auf. Über die starken Lautsprecher werden sie aufgefordert, sofort das Feld zu räumen. Schließlich ist die Gefahr groß, sodass jedes Mal der Tunnel gesperrt werden muss. Nicht selten sind die Tunnelgeher angetrunken. Dann wird die Polizei alarmiert, die sie schon oft geschnappt hat.

Der Aufgerüstete: 20 Kameras überwachen den Bramschtunnel

Der 2002 fertiggestellte Bramschtunnel wurde technisch aufgerüstet, sodass 20 Kameras die Röhren überwachen, allerdings nicht an allen Stellen. Deshalb sollen alte Anlagen erneuert und überall Kameras installiert werden. Geplant sind dort zudem Lichtstreifen zwischen den Fahrspuren und reflektierende Wandbeschichtungen.

Der Plan: Röhren am Wiener Platz sollen bessere Technik bekommen

Nicht auf dem neuesten Stand ist auch der 2000 übergebene Tunnel am Wiener Platz. Derzeit ist auf einem Bildschirm in der Zentrale nur ein Schema der technischen Anlagen sichtbar, sodass sie überwacht werden können. In den nächsten Jahren sollen die Röhren noch mit Kameras und Lautsprechern ausgerüstet werden.