Von Bettina Klemm
In Zeiten kontrovers geführter Debatten ist es nicht immer leicht, Verständnis und Respekt für den jeweils Andersdenkenden aufzubringen. Immer ein bisschen anders will die Dresdner Volkshochschule sein. „Wir haben unser Herbst/Winter-Semester erstmals unter ein Thema gestellt: Verständigung“, sagt Direktor Jürgen Küfner. Die Volkshochschule sieht sich als politische Einrichtung, ohne einer Partei oder Gruppe verpflichtet zu sein. Sie will ihre Möglichkeiten nutzen, um den Dialog zu befördern. Dabei geht sie neue Wege.
„Welcome! Wir l(i)eben Vielfalt“ steht auf mehreren Plakatmotiven. Die sind inzwischen so beliebt, dass bundesweit auch andere Volkshochschulen (VHS) danach fragen. Küfner mag es gern etwas provokativ. Gehört der Islam nun zu Deutschland, wie Bundespräsident a. D. Christian Wulff erklärte? Aber nicht unbedingt zu Sachsen, wie Ministerpräsident Stanislaw Tillich meint? Um einer Antwort näherzukommen, konnte die VHS für die Auftaktveranstaltung Christian Wulff gewinnen. Dieser spricht am 12. Oktober im Kleinen Haus des Staatsschauspiels zum Thema: „Wer gehört zu uns? Deutsche Identität im 21. Jahrhundert“. Zuvor bietet die VHS am 21. und 28. September das Thema „Den Islam verstehen“ an. „Der Islam ist mit 1,6 Milliarden Mitgliedern eine der größten Religionsgemeinschaften der Welt“, erklärt Küftner. Das Islam-Bild in Deutschland sei aber oftmals unscharf und reiche von offenen und gastfreundlichen Menschen bis zu radikalen Terroristen. Nun sollen gewissermaßen im Schnellkurs die drei Säulen Geschichte, Glaube und Kultur vermittelt werden.
Zum Thema Verständigung gehören auch die neue Reihe „Dialog am Küchentisch – Dresden kocht gemeinsam mit Asylsuchenden“ sowie „English Coffee Klatsch“. Letztgenannte und mehrere andere Angebote sind gleich in englischer Sprache. Viele Kurse verbinden Sprache und Kultur. Ein arabisches Wochenende bietet Einblick in die Lebensart und Geschichte einer reichen Kultur. Unter dem Motto „A Place To Go, A Place To See“ ermöglicht ein englischsprachiger Vortrag Ausländern, Kultur und Geschichte von Dresden und Deutschland leichter zu verstehen. Neu im Programm ist eine Fortbildungsreihe, für Dresdner, die sich als Begleiter von Asylsuchenden engagieren. „Diese Weiterbildung ist aufgrund der Förderung durch die Landeshauptstadt für die Teilnehmer kostenfrei“, erklärt Küfner.
Wissen und Fähigkeiten für die ehrenamtliche Tätigkeit vermittelt auch die Reihe „Ehrenamts-Kompass“. Kostenfrei beraten Mitarbeiter der Bildungsbahnen zu Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung.
Fortgesetzt wird in Kooperation mit der Technischen Universität Dresden die Themenreihe „Exzellent. Dresden forscht“. Hier wird vor- und zur Diskussion gestellt, was in Dresdner Laboren und Einrichtungen erforscht und geleistet wird. So bietet beispielsweise die Veranstaltung „Umformtechnik, Leichtbau und Industrie 4.0“ Einblicke in neue Fertigungstechnologien und Verfahren.
Bei allen Neuerungen bleiben im Angebot die 560 Sprachkurse der größte Posten. Es folgen mit 440 Kursen die Gesundheitsthemen. 180 Kurse sind speziell für Senioren und 170 für Kinder und Jugendliche zugeschnitten. Besonders beliebt sind die 120 Kochkurse. Zu den ungewöhnlichen Kursen zählen Landpaddling, „Meschugge, Schlamassel & Co. – hebräisches und jiddisches Sprachgut im Deutschen“ sowie Schneeschuh-Wandern im Erzgebirge. Dresdens Volkshochschule wurde 1919 gegründet und ist eine der ältesten in Deutschland. Mit rund 2 200 Kursen und 38 900 Teilnehmern ist sie zugleich mit Abstand eine der erfolgreichsten in Mitteldeutschland.
Neben den beiden Hauptstandorten am Schilfweg und in Gorbitz nutzt die Volkshochschule zahlreiche Schulen und andere Einrichtungen für ihre Kurse. Am liebsten hätte Jürgen Küfner jedoch einen gut erreichbaren Standort im Stadtzentrum.