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Wie lange soll der Striezelmarkt öffnen?

Die Forderung nach mehr Adventsspektakel sorgt für Diskussionen – mit überraschenden Standpunkten.

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© Christian Juppe

Von Andreas Weller

Dresdens Tourismuswirtschaft hat eine heiße Debatte angezettelt. Sie fordert die Verlängerung des Striezelmarktes. In diesem Jahr ist die Zeit vom 24. November bis zum 24. Dezember festgelegt. Die Touristiker wollen die Erlaubnis, ihn bereits am Samstag davor zu öffnen – am Totensonntag die Buden geschlossen zu lassen – und bis zum 6. Januar zu verlängern.

Die Befürworter sind begeistert und wollen noch viel mehr. FDP-Fraktionschef Holger Zastrow betreibt selbst den Augustusmarkt an der Hauptstraße: „Das muss auch für die anderen Weihnachtsmärkte gelten.“ Seine Umfragen ergaben 85 Prozent Zustimmung für einen längeren Markt. „Die Stadt muss es einfach nur zulassen, das kostet kein Geld und bringt Vorteile.“ Auch der Stadt bringe das höhere Einnahmen durch die Umsatz- und Bettensteuer. Er schlägt vor, die Verlängerung zunächst bei den privaten Märkten zu testen, also bei ihm. Auch die Leiterin der Glüh-Hütte, Beatrice Kluge, ist dafür. „Ich habe früher in der Funkelstadt gearbeitet. Zwischen Weihnachten und Neujahr wurden wir überrannt.“ Weil in der Stadt in der Zeit sonst nicht viel los sei, könne das Geschäft brummen. „Außerdem sollte freitags und sonnabends noch länger geöffnet werden.“ Viele Kunden seien verärgert, wenn um 21 Uhr geschlossen wird.

Auch der Handelsverband unterstützt den Plan. Dessen Chef, David Tobias, spricht sich für den 8. Januar als Abschluss aus. „Der Handel bietet umfangreiche Aktivitäten für nationale und internationale Touristen. Dazu zählt auch das Engagement der Altmarkt-Galerie für russische Gäste.“ So sieht es auch CDU-Fraktionschef Jan Donhauser: „Zwischen Weihnachten und Neujahr sind viele Touristen in der Stadt, da wäre die Verlängerung gut.“

Im Bistum Dresden-Meißen sieht man den Vorstoß geteilt. „Noch früher anfangen sollte der Striezelmarkt mit Blick auf den Advent sicher nicht“, so Sprecher Michael Baudisch. Einer Verlängerung bis zum 6. Januar stehe man offen gegenüber. „Wie attraktiv und familienfreundlich es für die Standbetreuer ist, zwischen Weihnachten und Neujahr Bratwürste und Glühwein zu verkaufen, steht auf einem eigenen Blatt.“ Die Weihnachtszeit beginne mit dem Heiligabend und dauert bis zum Sonntag nach dem 6. Januar. „Wenn diese Festzeit von einem Weihnachtsmarkt begleitet wird, spricht aus unserer Sicht nichts dagegen.“ Auch für die evangelische Kirche ist ein früherer Beginn nicht denkbar. Superintendent Christian Behr: „Der Auftakt bleibt für uns unverrückbar. Den Striezelmarkt verlängern – warum nicht?“

Anders sehen das Händler, die klassische Weihnachtsartikel verkaufen. „Die Stadt will eine touristische Attraktion verlängern“, so Andreas Bilz, Chef der Seiffener Volkskunst. Räuchermännchen und Nussknacker seien Saisonware. „Weihnachten ist Schluss damit“, sagt Bilz. „Außerdem würde so der Anreiz wegfallen, bestimmte Dinge bis Weihnachten zu erledigen. Alles würde ein bisschen egal.“ Der Dresdner Striezelmarkt ist eine wichtige Traditionsmarke, so Dresdens Marketing-Chefin Bettina Bunge. „Diese sollte behutsam gepflegt werden. Dazu gehört es, den Markenkern zu erhalten – und der ist eng mit der Adventszeit verbunden.“ Es könnten andere Winterevents und Märkte verlängert oder neue Angebote entwickelt werden. „Wir werden eine jahrhundertealte Tradition nicht aufgeben, weil einige Hoteliers in ihrer Gier immer mehr Hotels bauen, die dann nicht ausgelastet sind“, so Linke-Fraktionschef André Schollbach. Ebenfalls dagegen: AfD-Fraktionschef Stefan Vogel. „Ich will schon nicht im September Stollen im Supermarkt sehen. Weihnachtsmärkte sind für die Weihnachtszeit konzipiert.“ Definitiv nicht vor dem Totensonntag sollten die Märkte für Grünen-Stadtrat Torsten Schulze beginnen. Eine Verlängerung sei aber aus seiner Sicht nicht sinnvoll, da die Belastung der Mitarbeiter in den Hütten so bereits enorm sei.

Für eine Verlängerung müsste die Verwaltung die Marktsatzung ändern und der Stadtrat zustimmen. Darin steht beispielsweise auch noch, dass kein Weihnachtsmarkt vor dem Striezelmarkt beginnen und auch keiner länger öffnen darf.