Dresden
Merken

Wie man ein Schloss kauft

Bei der Messe „Bauen Kaufen Wohnen“ in Dresden gibts nicht nur kleine Wohnungen. Für den großen Wurf brauchte man starke Nerven und noch mehr. 

Von Christoph Springer
Teilen
Folgen
Familie Friedrich will ein neues Haus bauen. Auf der Messe informierten sich die jungen Leuten unter anderem darüber, was ökologisches Bauen heißt.
Familie Friedrich will ein neues Haus bauen. Auf der Messe informierten sich die jungen Leuten unter anderem darüber, was ökologisches Bauen heißt. © Marion Doering

So hat sich das Horst Karges nicht gedacht. Geduldig hatte der 68-jährige Unternehmer aus Frankfurt am Main immer wieder die Hand gehoben, wenigstens 20 Minuten lang, und seine Bieternummer nach oben gehalten. Bei der ersten Versteigerung im Rahmen der Ortec-Messe „Bauen Kaufen Wohnen“ wollte er ein 1870 gebautes Herrenhaus samt einem riesigen Park in der Lausitz ersteigern. Das sogenannte Schadendorfer Schloss im Boxberger Ortsteil Reichwalde war der Höhepunkt bei der kleinen Versteigerung, die Jan Hornig aus Bautzen organisiert hatte. In einem überfüllten Saal drängten sich rund 100 Bieter und Zuschauer, um dabei zu sein, wenn das Schloss einen neuen Besitzer bekommt.

Die Auktion war ein Test. Die Verantwortlichen der Messefirma Ortec, die wie die Sächsische Zeitung zur DDV-Mediengruppe gehört, hatten zum fünften Mal zu der Messe eingeladen, bei der vor allem Immobilienanbieter vertreten sind, Hausbaufirmen, Hausausstatter und Finanzierungsunternehmen. Die Versteigerungspremiere war ein Erfolg. Hornig hatte drei Angebote mitgebracht: Einen Acker samt Wald in Boxdorf bei Moritzburg, ein Waldstück samt Bungalow in der Lausitz und das ehemalige Herrenhaus nahe Boxberg, das 1910 zum Jagdschloss umgebaut worden ist. Mindestens 29.00 Euro wollte der Alteigentümer, ein Bergbau-Nachfolgeunternehmen, dafür haben. Für einen solchen Preis war kaum ein anderes Haus auf der Messe zu haben. Horst Karges wollte es privat nutzen, keine vier Kilometer entfernt befindet sich schließlich eine Außenstelle seiner Firma, die Schuppen, Pavillons und Carports aus Holz herstellt. Der 68-Jährige hatte sich ein Limit gesetzt, in 500-Euro-Schritten stieg der Preis Minute um Minute. Als bereits der dreifache Preis erreicht war, sah Auktionator Jan Hornig das Ende kommen und schlug zum ersten Mal mit dem Versteigerungshammer auf sein Rednerpult.

Doch da ging es erst richtig los. Noch mehr als 70 Mal hob Horst Karges sein Bieterkärtchen in die Höhe, um zu zeigen, dass er seinen Konkurrenten um weitere 500 Euro überbieten wollte. Doch der blieb hartnäckig, bis das Limit des 68-Jährigen ausgereizt war. Für 179.000 Euro hat ein Bieter am Telefon das sanierungsbedürftige Ex-Herrenhaus schließlich gekauft. Es war ein Unternehmer aus Bautzen, sagte später Auktionator Jan Hornig. Den Namen des neuen Besitzers durfte er nicht nennen. „Man muss sein Limit kennen“, stellte Karges danach fest. Nun bewohnt es künftig wahrscheinlich ein Bautzner.

Ein leer stehendes Haus kam gleich neben dem Fachwerk-Stand unter den Hammer: das Schloss Schadendorf. Wikimedia/Oberlausitzerin64/ CC-BY-SA 4.0
Ein leer stehendes Haus kam gleich neben dem Fachwerk-Stand unter den Hammer: das Schloss Schadendorf. Wikimedia/Oberlausitzerin64/ CC-BY-SA 4.0 © Wikimedia/Oberlausitzerin64/CC-BY-SA4.0

Die Auktion soll es bei der nächsten Messe „Bauen Kaufen Wohnen“ wieder geben, blickte Ortec-Sprecherin Ines Kurze gleich nach der erfolgreichen Premiere voraus. Kernthema der Schau im Ostragehege sind aber andere Immobilienangebote. Mehr als 100 Aussteller präsentierten sich am Wochenende in Halle 4, die meisten davon waren Immobilienfirmen. Wer eine Wohnung sucht, ein Haus kaufen will oder ein Baugrundstück, konnte dort fündig werden.

Auch wenn das noch nicht gleich passieren soll. Familie Friedrich aus Freital plant genau das und hatte sich am Sonnabendvormittag Zeit genommen, die Angebote zu studieren. „Wir wollen mal bauen, vielleicht in zwei Jahren“, sagte der 31-jährige Familienvater Florian Friedrich. „Das Grundstück gibt es schon, es ist in Markkleeberg.“ Mit seiner Frau und den beiden zwei Jahre sowie zwei Monate alten Kindern ließ er sich unter anderem von Zimmermann Andreas Thomas beraten. In traditioneller Tracht erklärten Thomas und mehr als ein halbes Dutzend seiner Kollegen in einem zweistöckigen Fachwerkhaus ohne Wände, wie man mit natürlichen Materialien bauen kann, allen voran Holz. „Man sollte da auch mit darüber nachdenken“, meint Florian Friedrich zu den Möglichkeiten dieser Bauweise, schließlich sei das nicht nur für die Kinder gut.

Die Bau-, Kauf- und Wohnmesse der Ortec im Herbst ähnelt der Haus-Messe, die das nächste Mal Anfang März 2020 stattfindet. Sie ist aber kleiner. Bei der Messe im Frühling, die die Messefirma im nächsten Jahr zum 30. Mal ausrichtet, planen die Ortec-Verantwortlichen mit mehr als 500 Ausstellern. 2019 kamen über 30 000 Besucher zur Haus-Messe. Der Unterschied der beiden Messen: Bei der „Bauen Kaufen Wohnen“ steht das Immobilieneigentum im Mittelpunkt, bei der „Haus“ geht es in großem Umfang auch um Bau- und Gebäudetechnik.

Am Wochenende kamen rund 3.800 Besucher ins Ostragehege. Die Herbst-Immobilienmesse soll auch im nächsten Jahr wieder stattfinden. Der Termin ist das Wochenende 5./6. September 2020.