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Wie Sachsen junge Lehrer aufs Land locken will

Der Freistaat zahlt Referendaren einen ordentlichen Zuschlag, wenn sie sich an bestimmte Regionen binden. Zehn Millionen Euro sind dafür eingeplant.

Von Andrea Schawe
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Mehr Geld soll den Schuldienst im ländlichen Raum attraktiver machen. Damit mehr Lehramtsstudenten ihr Referendariat außerhalb der Großstädte Dresden und Leipzig absolvieren, will der Freistaat ihnen eine Gehaltszulage von bis zu 1.000 Euro zahlen. Der „Anwärtersonderzuschlag“ soll mit Start des Vorbereitungsdienstes zum 1. August 2019 gezahlt werden. Wer die Zulage bekommt, gehört mit fast 2.500 Euro brutto zu den bestbezahlten Referendaren in Deutschland, sagt Kultusminister Christian Piwarz (CDU). Die Anwärter bekommen bislang etwa 1.500 Euro brutto Grundgehalt.

Die Zulage hatten CDU und SPD schon im März 2018 im Handlungsprogramm vereinbart. Eigentlich sollte sie schon ab Januar gelten. Allerdings musste das Kultusministerium noch die Haushaltsberatungen im Landtag und Abstimmungen mit dem Finanzminister abwarten. Es war eine „intensive Diskussion“, heißt es. Unklar war, wer genau das zusätzliche Geld bekommen soll und ob es rückwirkend bezahlt werden kann.

„Wir wollen, dass die Zulage eine Lenkungsfunktion hat“, sagt Christian Piwarz. Derzeit absolvieren nach Angaben des Kultusministeriums 1.534 Referendare ihren 18-monatigen Vorbereitungsdienst. Zum 31. Januar beenden mehr als 500 Referendare den Vorbereitungsdienst. Im Zulassungsverfahren zum 1. Februar rechnet das Kultusministerium mit 1.000 Interessenten, die alle ein Stellenangebot bekommen können. Insgesamt sind 2.050 Referendarsstellen vorhanden. Für die Zulage sind bis zu 10 Millionen Euro eingeplant. „Wir müssen abwarten, wie das Angebot angenommen wird“, sagt Piwarz. Um das zu überprüfen, will das Kultusministerium das Programm im August 2020 auswerten und eventuell anpassen. Bisher bleibt etwa die Hälfte der Referendare nach der Ausbildung in Sachsen. „Diese Quote muss sich erhöhen“, sagt Piwarz. „ Das ist das Ziel.“

Voraussetzung dafür, die Gehaltszulage zu bekommen, ist, dass es erheblich an qualifizierten Bewerbern mangelt – wie in Ostsachsen oder in Chemnitz und dem Erzgebirge der Fall. Die meisten jungen Leute wollen in den Ballungszentren Leipzig und Dresden arbeiten. In beiden Städten und dem direkten Umland – etwa Meißen, Radeberg, Wilsdruff und Pirna – werden keine Zuschläge gezahlt. In der Oberlausitz sind dagegen mittlerweile schon acht von zehn neu eingestellten Lehrern Seiteneinsteiger ohne pädagogische Ausbildung. In der Region Chemnitz sei der Bedarf sogar noch höher, so Piwarz.


In den grünen Regionen fehlen Lehrer. In den rot gefärbten Gemeinden wird kein Zuschlag gezahlt. 
In den grünen Regionen fehlen Lehrer. In den rot gefärbten Gemeinden wird kein Zuschlag gezahlt.  © Kultusministerium

Der Kultusminister erhofft sich von der Zulage einen „nachhaltigen Klebeeffekt“. Dafür müssen die Referendare nicht nur während ihrer Ausbildung in einer Bedarfsregion unterrichten, sondern sich auch verpflichten, nach dem zweiten Staatsexamen für mindestens fünf Jahre an einer Schule im ländlichen Raum zu arbeiten. „Wir wollen, dass die jungen Leute in der Region bleiben und dort Wurzeln schlagen“, sagt Christian Piwarz.

Auch die Referendare, die ab dem 1. Februar 2019 ihren Vorbereitungsdienst absolvieren, können von der Zulage profitieren. Sie müssen ihre Ausbildung nicht in einer Bedarfsregion absolvieren, weil sie größtenteils schon vertraglich an die Schulen gebunden sind. Wer den Zuschlag rückwirkend gezahlt bekommen möchte, muss sich aber ebenfalls verpflichten, für fünf Jahre an einer Schule auf dem Land zu bleiben. Bekommen die Referendare das Geld nur für zwölf Monate, sinkt die Verpflichtung anteilig auf drei Jahre und vier Monate, erklärt Piwarz. Das gleiche gilt für Lehramtsanwärter, die schon seit August 2018 im Referendariat sind.

Eine andere Zulage fällt dagegen ab Februar weg. Bisher wurde allen Lehramtsanwärtern 390 Euro pro Monat unabhängig vom Einsatzgebiet gezahlt – als monetärer Ausgleich zur Verbeamtung in den anderen Bundesländern. Referendare werden aber seit diesem Jahr auch in Sachsen auf Widerruf verbeamtet. Nur diejenigen, die nicht verbeamtet werden können, sollen diesen Zuschlag behalten können.

Künftig werden die Lehrer auch dort ausgebildet, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Dafür will das Kultusministerium zwei neue Ausbildungsstätten für angehende Grundschullehrer einrichten. Bisher ist die Lehrerausbildung nur an den Universitätsstandorten in Leipzig, Dresden und Chemnitz möglich. An diesen Bildungseinrichtungen werden Referendare und Lehramtsanwärter einen Tag in der Woche auf ihre künftige Arbeit vorbereitet. In dieser Zeit unterrichten sie auch an Schulen in der Region.

In Löbau soll ab August 2019 die ehemalige Lehrausbildungsstätte in der Hartmannstraße wieder genutzt werden. Schon in den 1990er-Jahren wurde dort ein Lehrerbildungsseminar durchgeführt. Derzeit werden in dem Haus Seiteneinsteiger qualifiziert. Ebersbach-Neugersdorf hatte die Pestalozzischule als möglichen Standort angeboten. Die zweite neue Ausbildungsstätte wird im erzgebirgischen Annaberg-Buchholz eingerichtet. Dort wird ein Gebäude des Beruflichen Schulzentrums genutzt, das seit mehreren Jahren fast leer steht.