Von Andrea Schawe
Gerichtsbericht. Delaila D.* ist eine „engagierte Antifaschistin“, erklärt ihr Anwalt vor dem Amtsgericht Dippoldiswalde. Sie habe an mehr als 70 Demonstrationen teilgenommen, in Berlin auch etliche Veranstaltungen gegen den dortigen Pegida-Ableger geleitet und angemeldet. „Ihr ist bekannt, was als Vermummung bestraft wird“, sagt der Anwalt. Die Staatsanwaltschaft wirft der 34-jährigen Berlinerin aber genau das vor. Sie soll bei einer Demonstration eine Sonnebrille getragen und einen Schal bis unter die Nase gezogen haben, um ihre Identität zu verschleiern – ein Verstoß gegen das sächsische Versammlungsgesetz. Delaila D. hatte einen Strafbefehl erhalten und dagegen Widerspruch eingelegt.
Am Abend des 31. Juli 2015 hatten sich auf dem Platz des Handwerks am Bahnhof Potschappel mehr als 500 Demonstranten versammelt. Sie zogen über die Dresdner Straße zum Neumarkt, um gegen rassistische Stimmungsmache und für eine offene Gesellschaft zu demonstrieren. Die Stimmung war angespannt, an der Ecke Coschützer Straße werden die Demonstranten angepöbelt und mit einer abgebrochenen Bierflasche bedroht. Kurz danach habe ein Fotograf, der der Angeklagten nicht bekannt war, Fotos gemacht, erklärt der Anwalt. Da sie in der ersten Reihe direkt hinter dem Transparent stand, habe sie keine andere Möglichkeit gesehen, als sich den Schal über den Mund zu ziehen, um Porträtfotos zu vermeiden. Ihrer Erfahrung in der Hauptstadt nach schreite die Polizei erst ein, wenn auch die Nase verdeckt ist. Das sei nicht der Fall gewesen. Es gebe Fotografen der sogenannten „Anti-Antifa“, die Fotos der Teilnehmer ins Internet stellen, um Aktivisten zu identifizieren. Das bestätigte auch die Polizeibeamtin, die an diesem Tag die Demonstration filmte. Das Video diente als Beweisstück. „Es ist grundsätzlich so, dass das gegensätzliche Lager fotografiert“, sagte die Zeugin.
Delaila D. habe den Sachverhalt nicht bestritten, nur der Grund sei ein anderer, sagte der Staatsanwalt. Sie habe sich wegen der Sicherheitslage und nur kurzzeitig vermummt. Nach einem Rechtsgespräch beschloss Richter Christian Mansch, das Verfahren einzustellen, da die Schuld der Angeklagten als gering anzusehen sei.
*Name von der Redaktion geändert