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Wie weiter am Wiener Platz?

Politiker besuchen Dresdens Drogenumschlagplatz Nummer eins. Es gibt erste Ideen.

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© Roland Halkasch

Tobias Wolf

Dresden. So ist das mit dem Vorführeffekt. Fast wie bestellt rannten am Donnerstagnachmittag zehn Polizisten in das Einkaufszentrum Prager Spitze, um zwei mutmaßliche Drogendealer festzunehmen – nur Minuten, nachdem Innenminister Markus Ulbig (CDU) und seine Fraktionskollegen aus dem Landtag den Wiener Platz besucht hatten. Man wolle sich ein Bild von Dresdens Kriminalitätsschwerpunkt Nummer eins machen, so der Tenor der Konservativen. CDU-Kreischef Christian Hartmann hatte kürzlich dazu einen Maßnahmeplan angekündigt.

Seit gut zwei Jahren nehmen Drogendelikte, Diebstähle und Belästigungen vor dem Hauptbahnhof immer mehr zu. Erst am Dienstag hatte es eine Razzia auf Dresdens Drogenumschlagplatz Nummer eins gegeben. 50 Polizisten in zivil und Uniform sicherten die Umgebung und kontrollierten 70 Verdächtige. Zehn junge Männer von 15 bis 34 Jahren hatten vorwiegend Haschisch bei sich. Acht von ihnen stammen aus Marokko und Tunesien, zwei waren Deutsche.

Platz ist sehr verwinkelt

Wiederkehrende Großeinsätze vor dem Hauptbahnhof gehören seit über einem Jahr zum Repertoire der Polizei. 2015 rückten die Beamten 25-mal am Wiener Platz an. Das reicht offenbar nicht, um die Dealer dauerhaft zu vertreiben. Der Platz müsse stärker videoüberwacht werden, war zuletzt parteiübergreifend zu hören. Auch Hartmann, der für die CDU im Landtag sitzt, hatte dies als Schwerpunkt bezeichnet. Bei der Begehung am Donnerstag ruderte der Innenpolitikexperte jedoch wieder zurück. „Dieser Platz ist nicht geeignet, um das Problem mit einer Videoüberwachung zu lösen“, sagte er. „Nur das subjektive Sicherheitsgefühl würde dadurch verbessert.“

Damit greift Hartmann eine Einschätzung auf, die Experten der Dresdner Polizei längst getroffen haben. „Der Platz ist viel zu verwinkelt, um ihn mit Kameras abzudecken“, sagt Klaus-Jörg Leipnitz, Leiter des Reviers Dresden-Mitte. „Jeder kann sehen, wo die Kameras hinzeigen, und einfach auf die Seite gehen.“ Die Bebauung ringsum erlaube das.

Außerdem gebe es ein Datenschutzproblem, so Leipnitz weiter. Die Persönlichkeitsrechte aufgenommener Personen müssten gewahrt bleiben, erklärt der 59-Jährige. Deshalb können die Kameras zwar die ganze Zeit eingeschaltet sein, aufzeichnen und näher heranzoomen dürfen die Beamten aber erst, sobald eine Straftat begangen wird. Das gilt für den öffentlichen Bereich. In privaten Gebäuden oder auch der Passage unterm Wiener Platz sähe das anders aus, weil die Besitzer dort ihr Hausrecht ausüben.

Im Bahnhof sind Kameras

Von diesem Recht profitiert beispielsweise die Bundespolizei im Hauptbahnhof, die in dem Gebäude auf die Bilder von über 100 Überwachungskameras zugreifen kann. Für eine umfassende Überwachung des öffentlichen Bereiches vor dem Bahnhof wäre jedoch auch mehr Personal nötig. „Nicht nur vor dem Bildschirm“, sagt Revierchef Leipnitz. Auch eine schnelle Interventionstruppe müsste bereitstehen, wenn etwas geschieht.

Mit Polizeieinsätzen allein sei dem Problem ohnehin nicht beizukommen, sagte Ordnungsbürgermeister Detlef Sittel (CDU) am Wiener Platz. Dies sei ein gesamtgesellschaftliches Thema, zu dem auch Präventionsarbeit gehöre.

Die CDU will jetzt den Maßnahmeplan erarbeiten. Bis auf den Exschwerpunkt Videoüberwachung sind daraus noch keine Details bekannt. Allerdings sieht CDU-Kreischef Hartmann bereits jetzt erste Erfolge am Wiener Platz und verweist auf den Einsatz der City-Streife in den letzten beiden Monaten. Die ist aber privat finanziert – von Händlern, City-Management und Sicherheitsfirmen.