Die Baggerschaufel greift nach einer Ladung Erde. Gesteuert von Miroslav Puškár bewegt sich das Fahrzeug an den Rand einer vielleicht zwei Meter tiefen Grube. Unten stehen zwei seiner Kollegen, um ihn einzuweisen.
Alle drei kommen aus dem benachbarten Tschechien für einige Wochen hierher zum Arbeiten. Während 100 Meter weiter die Autos auf der A4 entlangdüsen und auf der anderen Seite die Autobahn GmbH des Bundes Instandsetzungen und Fahrbahnerneuerungen durchführen lässt, arbeiten je nach Auftragsvergabe verschiedene Firmen an der Anschlussstelle Wilsdruff Richtung Chemnitz.
Für die Abfahrt eine Spur mehr
Seit Mai dieses Jahres sind hier Auf- und Abfahrt gesperrt, werden 170 Meter Straße neu gebaut. Um künftig einen Rückstau auf die Autobahn weitestgehend zu vermeiden, entstehen für die abfahrenden Autos zwei Fahrstreifen.
Dafür müsse das Gelände etwas angeglichen werden, sagt Projektleiter Ralf Gottwald vom zuständigen Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv). Er zeigt auf die Böschung, die dafür abgeschrägt und wieder gesichert wurde. Weiter unten verfüllen die Bauleute gerade einen Einbau für die Straßenentwässerung.
Frostschutzaufbau bei über 30 Grad Celsius
Immer wieder trinken die Männer einen Schluck aus der Wasserflasche. Denn es ist heiß, und sie arbeiten bei sengender Hitze. Sie scheinen es gelassen zu nehmen. Der Baggerfahrer zeigt auf die Flasche. "Die ist immer dabei", sagt er.
Sonst hätte er kein Problem mit dem Wetter. Seine Kollegen nicken. Bauleute seien besondere Situationen gewöhnt. Nebenan wird vor dem Asphaltaufbau bei über 30 Grad die Frostschutzdecke aufgebaut.
Kaum zu glauben bei den Temperaturen, dass die Straße hier auch winterlichen Verhältnissen standhalten muss. Auf der Staatsstraße 177 daneben werden die Autos durch eine Ampelregelung an der Baustelle vorbeigeleitet. Noch in dieser Woche geht es wieder zweispurig Richtung Meißen und Wilsdruff beziehungsweise Kesselsdorf.
Endlich Aussichten nach über 20 Jahren
Es wird in Etappen gebaut. Und das auf insgesamt 900 Meter, einmal Richtung Meißen und auf der anderen Seite bis zur vom Lasuv geplanten Umgehungsstraße, die die Meißner Straße unweit der Autobahn mit der S36 im Westen verbinden soll.
Ein Projekt, auf das die lärmgeplagten Wilsdruffer schon mehr als 20 Jahre warten. Immer wieder war bei Einwohnerversammlungen und Besprechungen der unendliche Planungsvorlauf kritisiert worden.
Projektleiter Gottwald kennt das Problem. Aber angesichts der langen Behördenwege, Planfeststellungsverfahren, Ausschreibungen und Beteiligungen von Einrichtungen und Verbänden wird das kaum schneller zu lösen sein.
Schutz für Radfahrer und kleine Tiere
Gerade entstehen an der S177 etwa zwei mal zwei Meter große Tunnel für kleinere Tiere und eine 120 Meter lange Amphibienleiteinrichtung, um das gefahrlose Über- beziehungsweise Unterqueren der Straße zu ermöglichen.
Auch an einen Fledermausschutz durch einen vier Meter hohen Zaun ist gedacht. "Das alles sind Auflagen der Unteren Naturschutzbehörde, die zwar Mehrkosten verursachen, aber notwendig sind", sagt Gottwald.
Zudem wird es künftig, und das dürfte Zweiradfahrer auf dieser stark befahrenen Straße freuen, im Bereich der heutigen Baustelle einen 3,50 Meter breiten Radstreifen Richtung Klipphausen und bis zur Autobahnbrücke zur anderen Seite geben. Der soll beidseitig nutzbar sein. 286.000 Euro werden laut Lasuv allein dafür bereitgestellt.
Andere Auffahrt ist nächstes Jahr dran
Im Vorfeld sind bereits zwei Regenrückhaltebecken an der Staatsstraße entstanden, wurden Straßenentwässerung und Medienverlegungen vorbereitet. 18,5 Millionen Euro Landes- und Bundesmittel fließen in das Projekt, für das ab kommendem Frühjahr noch die Autobahnauffahrt Richtung Dresden instandgesetzt wird. Finanziell beteiligt sind auch Versorgungsunternehmen und die Stadt Wilsdruff.
"Dort benötigen wir aber nur vier bis sechs Wochen. Die Dauer der Sperrung wird also überschaubarer", sagt Gottwald. Dazu komme der Straßenbau auf etwa 200 Meter. Was dann folge, seien straßenbegleitende Pflanzungen entlang der Strecke.
- Noch mehr Nachrichten aus Pirna, Freital, Dippoldiswalde und Sebnitz.
Denn, und auch das gehört zum Projekt dazu, es mussten laut Gottwald mehrere 100 Bäume gefällt werden. Das schmerzt selbst den Lasuv-Projektleiter, zumal durch angedachte Ausgleichsmaßnahmen erst in Jahrzehnten richtige Bäume gewachsen sind.
Bau kommt Spediteuren teuer zu stehen
Aber das ist für die Wilsdruffer Zukunftsmusik. Sie warten erst einmal darauf, dass die A4-Anschlussstelle Richtung Chemnitz am 13. Dezember freigegeben wird. So ist es der Plan des Landesamtes. Noch aber wird gebaggert, planiert, verlegt und asphaltiert.
Keine leichte Zeit für die Anlieger und die Firmen vor allem in den angrenzenden Gewerbegebieten. So müsse das Logistik- und Speditionsunternehmen Wackler allein für den etwa 20 Kilometer langen Umweg der täglich an die 150 Lastkraftwagen bis zur Anschlussstelle der A17 für 900 Liter Diesel mehr bezahlen. Und das pro Tag.
"Das kostet uns derzeit 30.000 bis 35.000 Euro zusätzlich im Monat", sagt Markus Hecker, Niederlassungsleiter des Unternehmens in Wilsdruff. Neben den Mehrkosten sei auch die längere Fahrzeit ein Problem, so Hecker.
Angesichts vorgeschriebener Lenk- und Ruhezeiten käme man damit in rechtliche Grauzonen. Und auch wenn die Firmen im Vorfeld informiert worden seien, so hofft der Niederlassungsleiter auf einen baldigen Abschluss der Bauarbeiten. "Möglichst vorfristig", sagt Hecker.
Projektleiter verspricht freie Fahrt ab 13. Dezember
Das ist ein Wunsch, der angesichts der noch anstehenden Vorhaben sicher nicht in Erfüllung gehen wird. Projektleiter Ralf Gottwald steht aber zum erklärten Ziel, die Anschlussstelle am 13. Dezember dieses Jahres wieder freizugeben.
Die Umleitung für die Autos auf die A 4 bleibt bis dahin. Der sonst im Bereich der Baustelle auf die Autobahn auf- und abfahrende Verkehr wird auf den Umleitungsstrecken U 17 und U 18 über die A17, die B173 und die S36 geführt.
So lange wird das Stauaufkommen in diesem Bereich besonders hoch sein. Aber bei den Arbeiten gebe es derzeit keinen Verzug, versichert der Projektleiter. Er hofft, dass das so bleibt. Gerade beenden die Bauleute ihre Pause. Die Wasserflaschen sind aufgefüllt. Nun drehen die Baufahrzeuge wieder ihre Runden.