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Wer hat den Radlader gestohlen?

Diebe machten sich in Grumbach zu schaffen. Die teuerste Beute konnte dank GPS schnell gefunden werden. Doch es sind noch Fragen offen.

Von Maik Brückner
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Am Amtsgericht Dippoldiswalde begann der Prozess gegen einen 33-Jährigen, dem vorgeworfen wird, eine Baufirma bestohlen zu haben.
Am Amtsgericht Dippoldiswalde begann der Prozess gegen einen 33-Jährigen, dem vorgeworfen wird, eine Baufirma bestohlen zu haben. © Foto: SZ/Maik Brückner

Da staunten die Bauleute nicht schlecht. Als sie an jenem Morgen auf ihre Baustelle an der Wilsdruffer Straße in Grumbach kamen, stand dort nicht nur der Baucontainer offen. Auch der Radlader war weg. Und im Container fehlten zahlreiche Geräte, unter anderem ein Notstromaggregat, eine Betonkettensäge, ein Trennschleifer, zwei Fünf-Kilo-Hammer, eine Flexmaschine, eine Messlatte und ein Winkelschneider. Auch ein mit Fett gefüllter Behälter war verschwunden.

Das Kuriose an diesem Diebstahl - zwei Tage danach war der Radlader wieder da. Er stand herrenlos in der Nähe von Halsbrücke (Kreis Mittelsachsen). Die Diebe hatten wohl erst am geplanten Versteck bemerkt, dass das Gerät mit einem GPS-Sender ausgestattet ist. Nun versucht das Amtsgericht Dipps den Tathergang zu rekonstruieren. Der Vorsitzende Richter Christian Mantsch räumte gleich zu Beginn ein, dass es nicht leicht sein werde, den Fall aufzuklären. Denn der Diebstahl ereignete sich am 26. Oktober 2016, er liegt damit mehr als vier Jahre zurück. Coronabedingt könne man erst jetzt verhandeln, begründet der Richter zu Beginn der Verhandlung.

Der Beschuldigte schweigt

Als Beschuldiger sitzt ein 33-jähriger Bauarbeiter aus der Freiberger Region auf der Anklagebank. Der Staatsanwalt wirft ihm vor, diesen besonders schweren Fall von Diebstahl zusammen mit einem bisher noch nicht identifizierten Helfer begangen zu haben. Den Wert des Radladers bezifferte die Staatsanwaltschaft auf 30.000 Euro, die gestohlenen Arbeitsgeräte brachten es zusammen auf rund 6.000 Euro.

Der Beschuldigte wollte sich zunächst nicht äußern. Auch die Aussagen von zwei Arbeitskollegen des 33-Jährigen halfen dem Gericht nicht weiter. Er könne sich an nichts mehr erinnern, sagt einer von ihnen. Der Geschäftsführer der Baufirma konnte nur die Anklagepunkte der Staatsanwaltschaft bestätigen.

Mehr Licht ins Dunkle brachte ein 43-Jähriger, der damals eine Niederlassung leitete, die Baumaschinen vermietet und auf eigene Faust ermittelte. Seiner Firma gehörte auch der Radlader. Vom Diebstahl sei er am 27. Oktober 2016 informiert worden. Da der Radlader mit einem GPS-Sender ausgestattet war, konnte er die Diebestour rekonstruieren. Demnach sei das Fahrzeug am 26. Oktober gegen 17.46 Uhr in Gang gesetzt worden. Es war bis 18.36 Uhr unterwegs. Dann hören die Aufzeichnungen auf. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Gerät in einem Ortsteil von Halsbrücke.

Dieser Radlader wurde auf einer Baustelle im Wilsdruffer Ortsteil Grumbach gestohlen und wenig später dank eines Baumaschinenvermieters wiedergefunden.
Dieser Radlader wurde auf einer Baustelle im Wilsdruffer Ortsteil Grumbach gestohlen und wenig später dank eines Baumaschinenvermieters wiedergefunden. ©  privat

Er sei dorthin gefahren, um den Radlader zu suchen, erzählte er. Im Dorf angekommen, fand er auch die Stelle, von wo aus der GPS-Sender sein letztes Signal angegeben hatte. Es war ein Hof, zu dem mehrere Hallen gehörten. Er habe den Grundstücksbesitzer gefragt, ob er sich umschauen könne, erzählte er. Den Radlader selbst fand er nicht, aber dessen Reifenspuren. In einer der Hallen entdecke er die Reste des Aufklebers, den seine Firma auf dem Radlader angebracht hatte. Anschließend sei er Straßen und Dörfer der Umgebung abgefahren. Die Suche blieb erfolglos. De 43-Jährige habe auch mehrere Bürger angesprochen und seine Kontaktdaten hinterlassen.

Widersprüchliche Angaben

Einen Tag später dann die große Überraschung. Der Baumaschinenverleiher erhielt einen Anruf. Ein Mann erklärte ihm, dass der gesuchte Radlader vor seinem Haus stünde. Wie er dahin gekommen sei, wisse er nicht. Der 43-Jährige benachrichtige den Chef der Baufirma und die Polizei. Sie vereinbarten, sich an besagtem Ort in der Gemeinde Halsbrücke zu treffen. Dort stand der Radlader. Der Mann, der ihn angerufen hatte, erklärte ihm nun, dass ein junger Mann mit dem Radlader vorgefahren sei und ihn nach Öl gefragt habe. Letztlich soll der den Radlader stehen gelassen haben und sei von einem Dritten abgeholt worden. Glaubhaft fand er die Geschichte nicht. "Das war alles sehr widersprüchlich", sagt der Maschinenparkleiter. Er sei froh gewesen, dass das Gerät wieder da war. Er ließ ihn auf einen Transporter laden und ins Depot bringen.

Schäden am Radlader

Am Radlader gab es einige Schäden. Das GPS-Gerät war nicht mehr da. "Das Ding ist rausgerissen worden." Auch das Zündschloss fehlte. Außerdem waren mehrere Verkleidungen abgerissen gewesen. Ein Leck am Motor habe er aber nicht feststellen können, sagte der 43-Jährige. Weder entlang der Strecke, die er abgefahren sei, noch am Fundort habe er Ölspuren entdeckt. Deshalb sei ihm die Geschichte mit dem Öl merkwürdig vorgekommen. Er sei auch sicher, dass das Fahrzeug vom Ort des Diebstahls bis zum Fundort kontinuierlich, das heißt ohne längere Pause, gefahren sein muss, erklärte er auf Nachfrage.

Der Diebstahl hat sich in Grumbach an der Wildruffer Straße, der der Hauptstraßen im Ort, ereignet. Hier brachen die Diebe auch in einen Container ein.
Der Diebstahl hat sich in Grumbach an der Wildruffer Straße, der der Hauptstraßen im Ort, ereignet. Hier brachen die Diebe auch in einen Container ein. © Daniel Schäfer

Die weiteren Ermittlungen übernahm dann die Polizei. Eine Untersuchung habe bestätigt, dass die Reste des Aufklebers in der Halle von dem Radlader stammten, erklärte der damals ermittelnde Beamte (62), der jetzt im Ruhestand ist. Durch die weiteren Ermittlungen geriet der Beschuldigte ins Visier. Er habe sich widersprüchlich geäußert, wie der Radlader in die Nähe seines Hauses gekommen sei.

Hausdurchsuchung ohne Erfolg

Deshalb habe man eine Hausdurchsuchung erwirkt, die mehrere Tage später stattfand. Diebesgut habe man nicht gefunden. Die Polizei hat auch das Telefon des Beschuldigten ausgewertet und dort WhatsApp-Nachrichten gefunden, die darauf hindeuteten, dass er am Diebstahl beteiligt gewesen sei, erklärte der 62-Jährige. So wurde kurz vor dem Diebstahl die Nachricht verschickt, dass Operation Nebelkrähe beginne. Am Tag danach habe er seiner Freundin geschrieben. "Egal was passiert, ich liebe dich."

Der Verteidiger bemängelte, dass sich der Beamte damals nur auf offenbar belastende Hinweise konzentriert habe, entlastende aber nicht berücksichtigt habe.

Die Verhandlung wird fortgesetzt. Das Gericht erwartet noch zwei Zeugen, die zur ersten Verhandlung nicht kommen konnten.

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